Skoliose + Rudern

Gerte

New member
Hallo Ihr,

als mein jetzt fast 15jähriger Sohn 12 war, wurde eine Skoliose der Lendenwirbelsäule festgestellt. Seit ca. 7 Monaten trägt er nachts ein Korsett. Zwecks spezieller Gymnastik war er 2x für einige Übungsstunden bei Physiotherapeuten, womit sich sein gymnastisches Engagement aber auch erledigt hatte (irgendwie waren wir ja alle mal 13 und 14 usw...).

Er ist mit 1,82 m relativ groß und dank günstiger Genetik optisch mit ausgeprägter Muskulatur versorgt, was ich ihm nur gönne, da er mein Sohn ist. ;-) Andernfalls fände ich's ungerecht, weil er abgesehen von Dauersitzungen vor PC und TV seit Jahren keinerlei Sport treibt (woran nicht der Mangel an Empfehlungen seitens der Eltern oder fehlende Vorbildwirkung schuld sind!).

Seit 3 Wochen geht er nun dank eines Kumpels, der ihn dorthin mitgenommen hat, zum Rudern, das jahreszeitbedingt natürlich in der Halle stattfindet und neben der Rudermaschine diverse weitere sportliche Betätigungen beinhaltet.

Einerseits freue ich mich wie eine Schneekönigin über sein "Engagement" und andererseits bin ich verunsichert, ob Rudern und Skoliose sich gut vertragen, zumal er sich im Wachstum befindet. Mein wortkarger, cooler Sohn selbst hat mich gestern mit der Feststellung überrascht, er habe im Internet an 5 verschiedenen Stellen gelesen (er recherchiert in Sachen Gesundheit?!!?), Rudern bei Rückenproblemen sei schädlich. Die Möglichkeit, es könnte sich um eine "Schutzbehauptung" handeln, die ihm gerade gut in den Kram paßte, stelle ich mal zurück. Er könnte ohne Schwierigkeiten wieder raus aus dem Verein, da noch nix unterschrieben oder bezahlt ist.

Ich werde natürlich seine Orthopädin kontaktieren. Darüber hinaus möchte ich aber weitere Meinungen (Deine, Kurt, insbesondere) hören.

Hier meine Wunschantworten - schließlich haben wir bald Weihnachten ;-)

- bei moderatem Trainingsaufwand, wie 2x wöchentlichem Training á ca. 2 Std. sind keine Nachteile zu erwarten
- günstiger Einfluß auf die Rückenmuskulatur
- Vorteile dieser Sportart, wie Stärkung des Teamgeistes, Bewegung an frischer Luft gekoppelt mit Naturerlebnis überwiegen bei weitem die Risiken für die skoliosegeschädigte WS
- regelmäßige Kontrolle des Orthopäden wird vorausgesetzt

Ich würde mich ja sooo freuen, wenn er dabeibleiben könnte. Würde er's nämlich hinschmeißen, hieße das bis auf weiteres "No sports" - ich kenne meinen Sohn. Insofern wäre die Empfehlung besser geeigneter Sportarten, wie z. B. Schwimmen, nicht wirklich hilfreich.

Naja, vielleicht ist's sowieso nur ein Strohfeuer und ich hätte Euch gar nicht behelligen brauchen... (immer schön zweckpessimistisch sein).

Sooo viel Text wegen eines sooo kleinen Jungen...

"Eure" Mutti
 
liebe gerte,
ich kann all deine wunschantworten bekräftigen!
rudern ist nicht nur eine tolle sportart (bin selbst hobby-ruderer im sommer), sondern auch ein gutes ganzkörpertraining, wenngleich natürlich nicht im sinne eines krafttrainings. dass es "schlecht" für den rücken ist, stimmt absolut nicht. allerdings braucht es schon eine kräftige rückenmuskulatur, v.a. auch im LWS-bereich, um den rumpf gut zu stützen. wer hier ein muskuläres defizit hat, wird zwangsläufig "kreuzweh" bekommen, weil er die LWS-stütze nicht gewährleisten kann.
heute ist man bei skoliosen mit einem korsett eher zurückhaltend und forciert eher ein gezieltes muskeltraining. dein sohnemann sollte also neben einer "sauberen" rudertechnik im boot bzw. auf dem "concept II" auch ein gezieltes krafttraining der gesamten rumpfmuskulatur erlernen und durchführen. lies mal meine beschreibung der "reversed hyperextensions". diese übung würde ich in seinem fall besonders empfehlen.
lg, kurt
 
Hallo Gerte,

"Die generelle Befreiung vom Schulsport von Kindern und Jugendlichen mit Skoliosen ist nicht begründet. Sportliche Aktivitäten können die Leistungsfähigkeit von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen auch mit Skoliose verbessern.

In einer Studie der Universitätsklinik Münster wurden 150 PatientInnen mit einer idiopathischen Skoliose untersucht. 100 dieser PatientInnen mit Skoliose von 10 bis 50 Grad nach Cobb nahmen an allen sportlichen Aktivitäten im Rahmen des Schul- und Freizeitsportes teil. 50 PatientInnen wurden generell vom Sport befreit. Es trat in der Gruppe, welche am Schulsport teilnahm bei 70 - 75 % der Fälle ebenso wie in der Kontrollgruppe keine weitere Krümmungszunahme auf, obwohl wirbelsäulenstauchende Sportarten nicht ausgeschlossen waren. Die Autoren sprechen sich daher gegen eine generelle Sportbefreiung aus. Ihr Argument, daß die Betroffenen durch die Befreiung vom Schulsport in eine psychologisch ungünstige Außenseiterrolle geraten, ist bedenkenswert.

Die Zeit des Schulsports kann der Korsetttragezeit angerechnet werden."



--------------------------------------------------------------------------------
Autor: Dr. El Obeidi, Asklepios Katharina-Schroth-Klinik, Bad Sobernheim
Herausgegeben von: Skoliose Aktiv e.V., Stuttgart
Infoblatt Nr.3

Was ich nicht so ganz verstehe, ist das nächtliche Tragen des Korsetts.
Was ich neben der allgemeinen sportlichen Aktivität aber auf jeden Fall empfehle, ist das konsequente Trainieren der Muskulatur, die der Rotation ( Torsion ) des Rumpfes entgegenwirkt.
Nach welcher Methode ist dein Sohn denn physiotherapeutisch behandelt worden? Gut sind die Techniken nach Schroth, Vojta, E-Technik u.ä.Nur das Rudern alleine hält eine evtl. progrediente Skoliose nicht auf, auch wenn es als Einstieg in die aktive Phase bestimmt gefördert werden sollte.
Egbert
 
Zurück
Oben