Artikel: Krafttraining gegen Depressionen

art der depression

Hallo Meni,

heute wird nicht mehr zwischen endogener u. reaktiver depression sondern nur nach schweregrad unterschieden. meiner meinung nach sind nahezu alle depressionen reaktiv. oft kennen die betroffenen personen einfach nicht die auslöser, die weiter zurückliegen können. die bewegungs- u. ergotherapie kann sicher bei vielen patienten nützlich sein. nicht aber bei patienten, die vor der depression schon außergewöhnliches geleistet haben und nicht aufgeben sich an diesen leistungen zu orientieren. in beruflicher u. sportlicher hinsicht. diesen patienten wird dann nur noch mehr bewußt wie weit sie gesunken sind. man verliert nämlich das leistungsvermögen in jeder hinsicht. medikamente schaffen meißt auch keine abhilfe, weil unter umständen nicht irgendeine hirnstoffwechselfunktion gestört ist, sondern einfach nicht mehr die lebensumstände bewältigt werden können. der patient ist dann gefordert nur irgendetwas zu finden was das leben erträglicher macht. das kann sehr schwer sein, weil in der totalen verzweiflung einfach garnichts einen sinn ergibt. die tipps von der umwelt einfach aktiv zu werden, finden dann überhaupt kein echo und belasten den patienten zusätzlich in seinen schuld- u. insuffizienzgefühlen. bin dafür, dass diesen menschen geholfen wird. sei es eine methode zu finden um leben zu können od. wirklich ihrem willen nachkommt das leben zu beenden. die qualen u. demütigungen kann sich kein gesunder vorstellen. ein leben ohne lebensenergie ist nicht möglich. ein marathonläufer könnte im ziel auch nicht wieder in der gleichen zeit zum start zurücklaufen.

gruß Hannes
 
Re: art der depression

In Antwort auf:

nicht aber bei patienten, die vor der depression schon außergewöhnliches geleistet haben und nicht aufgeben sich an diesen leistungen zu orientieren. in beruflicher u. sportlicher hinsicht. diesen patienten wird dann nur noch mehr bewußt wie weit sie gesunken sind. man verliert nämlich das leistungsvermögen in jeder hinsicht.

Das kann ich genau so bestätigen. Ich war es gewohnt, im Job immer überdurchschnittliche Leistungen zu bringen, ich dachte auch immer, dass alle genau das von mir erwarten. Nach meinem Schlaganfall war das nicht mehr möglich, weil dieser in den Teil meines Gehirnes eingeschlagen hatte, der die Verarbeitung von Zahlen steuert und leider bin ich Buchhalterin. In der Reha wurde das ganze zwar trainiert und wieder auf einen akzeptablen Stand gebracht, aber es war nicht das Leistungsvermögen, was ich von mir gewohnt war und das ich natürlich wieder anstrebte. Ich bekam Depressionen und nicht zu knapp, zeitweise war es hart an der Grenze zum Suizid...

Geholfen hat mir schließlich kein Antidepressivum, sondern der Sport. Ich schaffte es, auf diesem Gebiet meine Erfolgserlebnisse zu gewinnen und damit den Ausgleich zu finden. Zusätzlich mache ich natürlich eine Therapie, wo ich, glaube ich, ganz gut lerne, meine Ansprüche an mich selbst zurückzuschrauben auf ein normales Mass.

"Krafttraining gegen Depressionen" ist also wirklich eine wirksame Methode, soviel kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Allerdings nicht allein, denn ohne Medikamente und psychologische Betreuung hätte ich den Weg zum Sport nicht geschafft (Antriebslosigkeit).

Gruß Ilona
 
leben mit der depression

Hallo Ilona,

warst du vor deinem schlaganfall auch schon sportlich aktiv? habe eine zeitlang meine erfolgserlebnisse rein sportlich gesucht, weil es im job nicht mehr möglich war. es hatte einfach keinen sinn mehr sich beruflich einzusetzen, es gab keine neuen produkte u. es wurden schließlich verluste gemacht, welche zu einem massiven personalabbau führten. mußte selber einen kollegen kündigen, den ich erst 6 monate davor aufgenommen hatte. damals erlebte ich die ersten depressiven verstimmungen. konnte mich nicht mehr konzentrieren u. hatte auch extreme gedächtnisstörungen. ein arbeiten auf hohem niveau war nicht mehr möglich. kann deine depressionen sehr gut verstehen, weil die einbuße an denkleistung für einen menschen zu den schlimmsten erfahrungen gehört. schließlich sind die kognitiven fähigkeiten das größte kapital im berufsleben. nach welcher zeit konntest du wieder sport betreiben? mußtest du dich extrem überwinden, oder ist es dir immer leicht gefallen? hast du dich nach der aktivität wohler gefühlt? hattest du vergleiche mit früher? betrieb selbst jede sportart leistungsorientiert. mein ziel war immer die leistungssteigerung. es ist einfach eine qual wenn der sport überhaupt keinen spaß macht u. zusätzlich die leistung im vergleich zu früher extrem nachgelassen hat. definierte mich immer über steigerungen in jeder hinsicht, beruflich u. sportlich. deshalb habe ich auch massive schwierigkeiten mit dem älter werden. ich verstehe meine "ungesunde" lebenseinstellung, kann aber irgendwie nichts dagegen tun.

gruß Hannes
 
Re: leben mit der depression

Hallo Hannes!

Nein, ich habe vor dem Schlaganfall überhaupt keinen Sport gemacht, im Gegenteil: Ich habe mich vor jeder überflüssigen Bewegung gedrückt, es gab Gerüchte über mich, dass ich sogar zum Briefkasten mit dem Auto fahre... :winke: Dazu habe ich geraucht wie ein Schlot, ungesund gegessen, zuwenig geschlafen und dazu Stress ohne Ende, beruflich wie privat. Nun weißt du, wo der Schlaganfall herkam. Und ich bin froh, dass es mich nicht so schlimm erwischt hat, wie manch anderen, ich hatte nur kurz eine Lähmung im rechten Arm und einige Zeit Wortfindungsstörungen, aber das gab sich recht schnell. Körperlich war ich also nicht beeinträchtigt. Nur das mit den Zahlen. Für mich die totale Katastrophe, du hast recht, es war mein größtes Kapital und nun alles futsch. Manchmal habe ich sogar die Leute, die im Rollstuhl saßen beneidet um ihr intaktes Gehirn. Verrückt, ich weiß...

Und ja, es kostete extreme Überwindung, aus der Depression heraus mit Sport anzufangen. Zumal anfangs immer wieder Rückschläge kamen, weil ich ja völlig untrainiert war, z. B. wochenlang schmerzende Knie wegen Überlastung, null Erfolgserlebnisse am Anfang, denn alles braucht seine Zeit, auch das Fitwerden, aber ich war sooo ungeduldig. Dass ich es geschafft habe, verdanke ich einem super Psychologen und einer fantastischen Sporttherapeutin während meiner Reha-Aufenthalte. Zuzüglich einem Antidepressivum.

Irgendwann merkte ich dann, dass ich stimmungsmäßig immer gut drauf war nach dem Sport. Besonders nach besonders anstrengenden Sachen wie eben Krafttraining, dass ich nach der Reha im Fitness-Studio begann. Und nach ausgiebigem Studium dieses Forums hier fing ich auch an, das richtig intensiv zu betreiben und mittlerweile ist jede Steigerung der Gewichte ein tolles Erfolgserlebnis für mich. Auch dass Freunde und Bekannte es bemerken, dass ich wesentlich besser aussehe als früher. Und: Ich habe mein Gewicht wieder im Griff, welches während der Depression doch ganz schön außer Kontrolle geraten war. Leider litt ich überhaupt nicht an Appetitlosigkeit, im Gegenteil...

Dir erging es ja fast wie mir, nur dass der Schlaganfall fehlt, hm? Ich verstehe dich gut: Wenn man, egal auf welchem Gebiet, statt einer Steigerung ein Leistungsabfall bemerkt, fängt man an, am Sinn des Lebens zu zweifeln. Wie alt bist du denn, wenn ich fragen darf? Ich bin 40. Und wenn ich so drüber nachdenke, wäre es mir vermutlich auch ohne Schlaganfall so wie dir gegangen, denn mit zunehmendem Alter läßt man nun mal nach. Und es kostet was, das akzeptieren zu lernen. Ich weiß auch nicht, ob ich das schon so drauf habe. Midlife-Crisis? Aber ist ja egal, wie man es nennt...

Auf jeden Fall bist du auf dem richtigen Weg, wenn du schon mal begriffen hast, dass deine Lebenseinstellung "ungesund" ist. Dann kannst du es auch irgendwann ändern.

Obwohl Rückfälle immer mal wieder auftreten. Wie bei mir. Es ist nicht so leicht, wie manch einer denkt.

Gruß Ilona
 
Hut ab (auch @ Hannes)!

Erstens einmal, wie Du Dich wieder aufgerafft hast, aber auch vor dem Mut, Dich (Euch beide) hier so zu öffnen!

LG
Meni
 
Re: Hut ab (auch @ Hannes)!

Danke! :)

Dreierlei habe ich gelernt während meiner Erkrankung:

1. Dass Probleme manchmal um mehr als die Hälfte schrumpfen, wenn man offen darüber spricht,

2. dass eine Depression auch nur eine Krankheit ist, gegen die man was tun kann und

3. dass man so einigen Leuten ganz gut helfen kann, wenn man sich selbst öffnet und insbesondere über Depressionen offen redet. Austausch ist in dem Falle immer wichtig und wenn es nur das Wissen ist, dass es nicht nur mir allein so dreckig geht oder ging.

Dafür ist das Internet mit seinen Foren, Chats und Mailinglisten ideal. Jeder gibt nur soviel von sich wie er kann oder will, aber jeder fühlt, dass er nicht allein ist, auch wenn er ganz anonym bleibt und im Chat nur "zuhört". Mir hat das sehr geholfen damals, auch um darüber reden zu lernen.

Liebe Grüße
Ilona
 
Re: leben mit der depression

Hallo Ilona,

ich bin 35. eigentlich noch kein wirklicher grund körperlich abzubauen. viele kraftsportler (kraftdreikämpfer) u. ausdauersportler sind in diesem alter noch in der lage spitzenleistungen zu erbringen. ohne motivation ist das natürlich nicht möglich, schließlich zählt auch der wille eine leistung zu erbringen. konnte z.b früher 10km mit einem durchschnittspuls von 187 schlägen durchlaufen. im kraftsport zählt auch der wille, wenn man das one-rep-max-gewicht auflegt. war während einer kur laufen u. hatte einfach wenig lust mich dabei anzustrengen. danach ging es mir auch nicht besser. es ist für mich schon ein wunder nur irgendetwas zu machen, wie z.b. ins forum zu schauen u. auch etwas zu posten. schließlich gehöre ich nicht mehr zu den trainierenden.
Ich finde es toll, dass du deine depressionen überwunden hast. hattest du je probleme überhaupt aufzustehen u. die einfachsten dinge wie duschen, anziehen, einkaufen zu erledigen? sehe in solchen dingen überhaupt keinen sinn mehr, deswegen habe ich auch keine motivation diese aufgaben zu erledigen. kaum jemand kann diese antriebslosigkeit verstehen. meine mutter meint ich soll spazieren gehen u. nicht nur vor dem computer sitzen. das einzige was mich noch reizt ist der austausch mit anderen menschen. verzweifle gerade mit meiner 9-jährigen nichte, sie kann keine zwei drittel von 15000 ermitteln. wollte früher einmal professor werden. habe auch erfahrungen mit erwachsenen-unterricht.

gruß Hannes
 
Re: leben mit der depression

hallo hannes,mir geht es auch nicht besser,muß mich auch zwingen,ganz normale sachen des alltags(duschen,anziehen usw.)zuerledigen.schön besch......kann mich auch zu garnichts aufraffen,das stört schon sehr.LG.blondy
 
antriebslosigkeit

hallo blondy,

was sagt dein arzt, therapeut dazu? soll das irgendwann besser werden? soll man sich einfach zu aktivitäten zwingen, damit es besser wird? glaub einfach nicht mehr an solche tipps. es kann nur etwas gedeihen wo auch freude dahinter steckt. du kannst mir wenn du willst auch direkt nachrichten schicken. verstehe alle symptome einer schweren depression.
 
irgendwann wird man offen...

versuchte auch lange meine situation zu verheimlichen aber irgendwann wollte ich von meinen mitmenschen verstanden werden u. erzählte von meinem innenleben. habe auch so u. aufgrund meiner nicht zu verheimlichenden symptome meine lebenspartnerin verloren. vor dem hatte ich mich damals am meisten gefürchtet. bisher ist immer alles wovor ich noch angst hatte auch eingetreten. kann wirklich nicht viel positives aus meinem leben berichten. vielleicht kann ich mich irgendwann damit abfinden was aber wirklich der totalen resignation gleichkommen würde. versuche jetzt in meinem privaten umfeld nicht mehr all zu viel von meinem gefühlsleben preis zu geben, weil das einfach niemand mehr hören will. so bleibe ich mit den schwärzesten gedanken, die es gibt alleine. möchte nicht noch meine eltern verlieren, weil ich sie durch die wahrheit auch zwingen würde von mir abstand zu nehmen. anteilnahme kann unter umständen auch depressionen auslösen.
 
Wieder @ Ioni und Hannes

Auch zum Aufmachen im privaten Umfeld gehört Mut!
Ich hab nur zwei Mal aufgemacht, einmal bei meinem Therapeuten, den ich dann nach zwei Beinahe - Selbstmordversuchen aufgesucht hab und einmal bei einer Reporterin (aber das war dann viel später, da ging es mehr um Möglichkeiten der Bewältigung und ich hab nach der ersten grossen Krise, wie mein Leben nur mehr ein Trümmerhaufen war, alles, absolut alles umgekrempelt - das war meine einzige Chance, auch wenn ich dabei viele Fehler gemacht habe)
Bei Freunden hab ich erstens immer die Angst, dass sie nicht oder nicht richtig zuhören - das tut so höllisch weh, dass ich dann sofort wieder in mein Schneckenhaus flüchte und nur sehr schwer wieder rauskomme - damit habe ich aber wohl auch Einigen und mir selber eine Chance genommen, das weiss ich, aber das "Verletzungsrisiko" ist mir zu hoch.
Meine Strategie war immer das Schreiben - Papier unterbricht nicht, lacht nicht aus, nimmt das wichtig, was mir wichtig ist und ich habe genügend Zeit, die richtigen Worte zu finden. Und mir gleich auch noch selber zu helfen. Was nicht heisst, dass immer alles, was ich schreibe, auf mich bezogen ist oder ernst ist - oft genug dreh ich die Dinge so ins Lächerliche, dass die Schärfe der Situation plötzlich weg ist, andere wieder verallgemeinere ich - weil ich weiss Gott nicht die Einzige bin (war?) die ihr Fett abgekriegt hat - obwohl meine Sachen nie für die Öffentlichkeit gedacht waren - irgendwann ist es halt doch passiert und ich stand auf der Bühne damit - und die Reaktionen sind gut, ich bringe andere zum Lachen, zum Schmunzeln, zum Weinen - ich hole einfach Emotionen hervor und dieses "naja, soooo schlimm ist es ja wirklich nicht, das kann man schon schaffen" - das wiederum gibt mir was!

Die zweite Strategie war immer Bewegung (hauptsächlich durch Gartenarbeit, das ist noch dazu konstruktiv).

Lieber Hannes ;-) ! Natürlich tritt alles ein, was Du Dir erwartest, oder wovon Du überzeugt bist. Am meisten sowieso das, wovor Du Dich fürchtest! Pack den Staubsauger und putz Deine Gedanken durch! Oh ja - ich weiss, wie leicht sich das sagt, aber wenn erst einmal der Anfang geschafft ist, dann geht das auch leicht und die Spirale dreht sich nach oben, keiner von uns ist auf der Welt um ständig zu leiden, höchstens um hin und wieder dazu zu lernen!

LG
Meni
 
Gedanken

Hallo Meni,

Ilona u. ich schicken uns jetzt die nachrichten direkt, weil unsere erfahrungen mit depressionen eigentlich nicht mehr zum thema passen. mein therapeut meint auch, dass ich meine einstellung ändern sollte. weiß aber nicht wie ich das bewerkstelligen soll. man wird praktisch ein leben lang "programmiert" u. gewinnt so seine überzeugungen. einen bruch damit zu machen ist sehr schwer, weil man dann doch auch gegen den strom schwimmen muß. in unserer gesellschaft sind meßbare leistungen gefragt. kann man diese leistungen nicht mehr erbringen, wird man automatisch außenseiter. das selbstwertgefühl sinkt u. man fühlt sich wertlos, besonders wenn sich das problem auf das private umfeld ausweitet. ein depressiver ist ein abfallprodukt unserer leistungsgesellschaft. im jahr 2010 wird es angeblich mehr depressionen als herz-kreislauferkrankungen geben. bin gespannt wie das die krankenversicherungen finanzieren werden. leider verstehen die fachleute das leiden nicht wirklich, es gibt einfach noch keine sicheren behandlungsmethoden. die angelegenheit ist viel zu komplex u. die menschliche psyche so individuell, dass einfach keine "kochrezepte" bei jedem wirken können. kenne im prinzip jede traditionelle methode wie z.b medikamentöse unterstützung u. gesprächstherapie. hatte schon 1993 das erste mal ein psychisches problem aufgrund beruflicher u. privater überlastung. konnte aber damals innerhalb einer woche krankenstand durch extremes ausdauertraining ins leben zurückfinden. hatte dazu genügend antrieb u. sah es als mögliche rettung was auch wirklich geholfen hat. heute ist meine situation anders. kann mich einfach nicht dazu überwinden irgendetwas sportliches zu unternehmen. ein aktiver gesunder mensch kann das meistens nicht verstehen. darum gibt man auch irgendwann auf über sein problem zu reden, weil man immer die gleichen tipps bekommt, die man nicht befolgen kann. wenn du antworten möchtest, kannst du mir direkt eine nachricht schicken.

liebe grüße Hannes
 
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