Wie schnell wird Grundumsatz abgesenkt bei verminderter Kalorienzufuhr?

Zonder

New member
Hallo Leute,


Meine Frage ist ernährungswissenschaftlicher Art und mehr theoretischer Natur, da es mich einfach interessiert. (Vorgänge im Körper haben mich schon immer fasziniert, ich finde es toll zu wissen, wie das Ganze funktioniert :) )

Wie bereits im Titel geschrieben, würde ich gerne wissen, wie schnell der menschliche Körper auf gesenkte Kalorienzufuhr reagiert und demnach seinen Grundumsatz senkt?

Ich weiß, dass zum einen der Grundumsatz auch mit der Menge an Muskelmasse verbunden ist, d.h. diesbezüglich wird erst abgesenkt, wenn hier Masse abgebaut ist. Man hat aber noch andere körperliche Vorgänge, die Energie benötigen und von Muskelmasse unabhängig sind.

Irgendwo irgendwann meine ich gelesen zu haben, dass grob Pi mal Daumen nach dem dritten Tag Unterversorgung bereits der Stoffwechsel heruntergefahren wird. (Was nicht heißt, dass es so ist, ist bei mir nur im Hinterkopf hängen geblieben... )



Also zusammenfassend:

1. Grundsätzlich vorneweg: Ab wann beginnt energetische Unterversorgung? (ca. gemessen in Prozent am ungefähren Grundumsatz)

2. Wie schnell reagiert der Körper darauf (sprich, wie schnell merkt er "Hoppla, Hungerperiode, ich spar mal lieber!")?

3. Wie schnell werden Muskeln abgebaut, a) in nicht beschäftigten bzw. b) beschäftigten Zustand (= es wird trainiert)?

4. Wie schnell und wie stark reagiert der übrige Stoffwechsel (wenn das so korrekt ausgedrückt ist) auf zu geringe Energiezufuhr?



In Anbetracht der aufkommenden Fastenzeit und des derzeit verstärkt propagierten Fastens ist meine Frage wohl auch aktuell :)



(P.S.: ich habe weder vor, eine Null- oder sonstige Diäten anzufangen, oder gar zu Fasten; jedoch will ich einfach möglichst gut und genau über Sachen von Interesse Bescheid wissen :D )


Vielen Dank im Voraus für erhellende Antworten! :)
 
Hi Zonder,

interessante Frage, aber meines Wissens nach nicht exakt zu beantworten. Grundsätzlich ist es wirklich so, dass der Grundumsatz sinkt, wenn Masse verlorengeht. Sowohl bei Muskelmasse (ca. 13-18kcal/kg Organgewicht/Tag) als auch bei Fettmasse (ca. 2kcal/kg Organgewicht/Tag). Ob Muskelmasse abgebaut wird hängt dabei von vielen Faktoren ab. Von der aufgenommenen Energiemenge und auch von der Nährstoffverteilung dieser Energiemenge. Wenn man ein paar Tage fastet (sei es gewollt oder aufgrund z.B. einer Magen-Darm-Erkrankung etc.) kann der Körper noch auf Nährstoffspeicher zurückgreifen. D.h. die normalen Fettspeicher, Glycogenspeicher (Zucker in Muskel und Leber) und den Aminosäurepool. Damit kann er noch die fehlende Aufnahme durch die Ernährung kompensieren. Sind diese Reserven verbraucht (nach etwa 3 Tagen, genau ist das schwer zu sagen, da es auch von individuellen Gegebenheiten abhängt -> Schilddrüsenfunktion, Bewegung an diesen Tagen, grundsätzlicher Bedarf) und das Fasten geht weiter, muss er alternative Wege gehen.

D.h.
- Glucose (Zucker) muss hergestellt werden um die zuckerabhängigen Organe zu versorgen (z.B. Gehirn und rote Blutkörperchen). Den kann er sich aus bestimmten Molekülen neu zusammenbauen (z.B. Glycerin, glucoplastische Aminosäuren). Ein Punkt weswegen die Muskeln gerade am Anfang zur Energiegewinnung herangezogen werden.

-Aminosäuren, die für die überlebenswichtigen körperlichen Funktionen fehlen, müssen von den Organen genommen werden, die im Gesamtbild für das Überleben unwichtiger sind. D.h.die Muskeln bilden diese Reserve um andere anderen Organe zu versorgen.

Ersteres reguliert sich mit der Zeit herunter, da der Körper auf die Bildung von Ketonkörpern aus Fettsäuren umstellen kann. Der Zuckerbedarf geht aber nicht komplett auf Null. Am Beispiel des Gehirns wird er von 120g auf etwa 40g pro Tag heruntergesetzt. Der Rest wird über Ketonkörper gespeist. Der Muskelabbau insgesamt wird aber auch von der Art des Trainings beeinflusst. Trainiert man auf Muskelerhalt bzw. Aufbau (Krafttraining) kann man diesen Vorgang eindämmen.

Ein weiterer Vorgang der beim Fasten auftritt ist die Drosselung des Energieverbrauchs. Die Schilddrüsenfunktion wird herabgesetzt. Allerdings ist es dabei auch schwer zu sagen wann diese Reaktion eintritt. grundsätzlich würde ich sagen, dass dies kurz nach dem Ausschöpfen der Glucose-, und Aminosäuren-Reserven geschieht. Diäthaltende merken dies z.B. das sie schneller frieren, an Antriebslosigkeit, einem allgemeinen Schwächegefühl etc.


Wieviel man prozentual einsparen kann ohne diese Effekte auszulösen kann man ebenfalls nicht genau sagen. Da kommt die Nährstoffverteilung mit ins Spiel. Isst man z.B. nur Fett und Kohlenhydrate, bzw. nur wenige Proteine muss sich der Körper seine Aminosäuren trotzdem noch aus dem Muskel holen. D. h. der Abbau vollzieht sich allmählich. Isst man vermehrt Proteine passiert dies nicht. Wenn man auf Kohlenhydrate verzichtet passiert es natürlich, dass der Körper einen Teil dazu verwendet, Energie durch ihren Umbau in Glucose, bereitzustellen.

Allein mit einer Zahl ist es also nicht getan. Auch wenn man die energetische Versorgung durch alle drei Makronährstoffe leisten kann, ist doch die funktionelle Versorgung des Körpers damit nicht gesichert. Das wäre dann die Antwort auf Frage 1. Wenn alle notwendigen Nährstoffe vorhanden sind kann man davon ausgehen, dass eine Ernährung nahe des Grundumsatzes noch keine negativen Effekte hervorruft (das Defizit ergibt sich dann durch die Differenz Gesamtumsatz -Grundumsatz). Senkt man die Gesamtkalorienaufnahme viel weiter, läuft man Gefahr zu wenig Nährstoffe für seinen Bedarf aufzunehmen. Und das bezieht sich nicht nur auf die Makronährstoffe, sondern ebenfalls auf die Mikronährstoffe, die sich aus der Kombination verschiedenster Lebensmittel deckt. Auch wenn man, wie bei bestimmten Diäten, auf ein Minimum an Energie mit maximaler Proteindosis inkl. Vitamin- Mineralstoffpräparaten, dies alles mit einbezieht, sind alle anderen Komponenten zur Gesunderhaltung, welche noch nicht so erforscht sind, trotzdem noch nicht inbegriffen. Damit meine ich jetzt die sekundären Pflanzenstoffe und auch die möglichen Interaktionen verschiedenster Lebensmittelinhaltsstoffe, die noch weitestgehend unbekannt sind, wenn auch vermutet wird, dass es sie gibt.

Grundsätzlich ist das Thema Ernährung, Sport, Lebensstil in Puncto Gesundheit mehr als die Summe seiner Teile. Der Körper funktioniert ja auch unglaublich komplex. Die Reaktionen auf Einflüsse von außen dementsprechend ebenso.

Grüße,

Maria
 
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