Hart:ja, Fair: so là là
Zuerst: Ich finde die Arbeit von Foodwatch sehr interessant und auch wichtig, um Transparenz für den Verbraucher zu schaffen. Insbesondere, weil ich jetzt eine Meinung in den Raum werfe, die mit Sicherheit einigen Leuten sauer aufstoßen wird: Lebensmittelunternehmen sind keine humanitären Einrichtungen, sondern ganz klar Wirtschaftsunternehmen. D.h. sie werden natürlich Produkte schaffen, die so gut schmecken, dass der Verbraucher sie kauft. Und sie auch ebenso bewerben. Von einem Autohersteller verlangt ja auch niemand, dass er einen Riesenaufdruck unter seine Werbung druckt, der in etwa so lautet:
"Wir haben zwar 200PS in unseren Wagen gepackt, aber fahrt doch bitte nur 130 km/h auf der Autobahn, um die Unfallgefahr zu senken."
Fair hätte ich es in dieser Debatte gefunden, wenn noch ein Spezialist für Lebensmittelrecht, und ein Lebensmitteltechnologe anwesend gewesen wären. Gerade weil mit dem Cappuccino ein prägnantes Beispiel für die Lebensmittelkennzeichnung gezeigt wurde. Da wurde zum einen bemängelt, dass außer dem Zucker noch weitere Zuckerstoffe angegeben wurden, die nicht sogleich als solche erkennbar waren. Das könnte man sicherlich als Täuschungsmanöver werten, aber ein Technologe hätte evt. noch erklären können, welchen herstellungstechnischen bzw. sensorischen Zweck der Einsatz anderer Zuckerarten, außer Rohrzucker hat. Weiterhin sind die Betriebe verpflichtet, alle Zutaten anzugeben, d.h. einfach alle Zuckerarten zu "Zucker" zusammenzufassen wäre vielleicht einfacher für den Verbraucher, aber eben unvollständig, und damit nicht im Sinne des Lebensmittelrechts. Zum anderen wurde bemängelt, dass die Bezeichnungen dieser Zuckerarten für den normalen Verbraucher mehr oder weniger zu kompliziert seien, und sie anhand der Zutatenliste nicht ermessen könnten, wieviel Zucker gesamt im Produkt seien. Dazu sei gesagt: das kann man sowieso nicht quantitativ genau. Man kann nur davon ausgehen, dass die Kennzeichnung in absteigender Mengenreihenfolge stattfindet. D.h. im genannten Beispiel (etwas abgeändert, ich hab`s nicht mehr so im Kopf)
Zucker, Milchpulver, Glucose-Fruktose-Sirup, Maltodextrin, Kakao, Aroma...etc.
d.h. Zucker steht an erster Stelle, ist also am meisten enthalten. Der Vorwurf lautete: der Verbraucher weiß nicht, dass Glucose-Fruktose-Sirup und Maltodextrin ebenfalls kurzkettige Kohlenhydrate sind, wurde also getäuscht. Würde man allerdings die Zuckerarten alle zusammenfassen, würde die Aufzählung so aussehen:
Zucker, Milchpulver, Kakao, Aroma...etc.
Was genau hätte sich in diesem Beispiel also geändert, um die Erkenntnisse zu erweitern? Sicherlich gibt es jede Menge Beispiele, in denen durch eine Zusammenfassung Zucker von der 2. auf die erste Stelle gerückt wäre, und es damit ersichtlicher wäre. Aber ganz im Ernst? Wie viele Verbraucher schauen darauf, und wählen danach?
Um die Quantifizierung der einzelnen Nährstoffe nachvollziehen zu können, gibt es daher die Pflicht bei abgepackten Lebensmitteln, sie pro 100g anzugeben, was auch so durchgeführt wird. Rein rechnerisch also für jeden nachvollziehbar.
Die Portionsberechnungen hingegen sind zugegebenermaßen ein Witz (ich werd davon nicht satt

), ebenso das Rechenbeispiel von der Müslisorte. Das sind Verzerrungen, die man zu Recht kritisiert.
Weiterhin gehe ich definitiv mit der Meinung konform, dass man Kinderlebensmittel, die von der Zusammensetzung her eher Süßigkeiten entsprechen, nicht als leistungsfördernd, oder harmlos bewerben dürfen sollte. Ebenso wäre es ein wünschenswerter Anfang, wenn die großen Firmen Kinderlebensmittel gesünder gestalten würden, keine Frage. Erwachsenen kann und sollte man die eigene Mündigkeit in der Auswahl nicht absprechen. Aber wir alle sind manipulierbar, nur fehlen Kindern (noch) die Fähigkeiten, und sicherlich auch der Wille, sich auf rationaler Ebene zu entscheiden.
Grüße
Maria