Überlegungen zu einem intensitätsbasierten Trainingsprinzip

Phönix

New member
In meinem Kopf schwirrt seit längerem ein Gedanke zu einem speziellen Trainingsprinzip herum. Ich weiß nicht, ob es so eine Trainingsform gibt und ich weiß auch nicht, welche Wirkung dieses Training auf die Muskulatur hätte. Darüber möchte ich mir nun mit euch Gedanken machen.

Bisher gehe ich davon aus, dass man den optimalen Trainingseffekt bewirkt, wenn man mit den Widerständen arbeitet, bei denen man etwa die vorab festgelegte Anzahl von Wiederholungen schafft. Nicht die Anzahl der Wiederholungen ist entscheidend, sondern der Widerstand und die Tatsache, dass man an die Grenze geht. Beispiel: Würde man ein Hypertrophietraining mit den üblichen 8 bis 12 Wdh. machen bei einem Gewicht, bei dem man eigentlich 25 Wdh. schaffen kann, dann trainiert man nicht auf Hypertrophie, sondern auf Kraftausdauer, da die Intensität der eines Kraftausfauertrainings entspricht. Es ist also der Widerstand entscheidend für das Erreichen des Trainingsziels und nicht die tatsächliche Anzahl an Wdh..

Soweit mein bisheriges Verständnis von Trainingsintensität.

Nun gehe ich mal versuchsweise von einer alternativen Hypothese aus:
Nicht der Widerstand ist entscheidend für die Art des Trainingsanreizes, sondern das Verhältnis von leichten Wiederholungen zu intensiven Wiederholungen.
Klingt zunächst komisch.
Deshalb mal ein Beispiel:
Bei Kraftausdauertraining mit 20 Wdh. gehen die ersten 15 Wdh. ganz locker. Erst auf die letzten 5 wird es anstrengender. Ich beanspruche also nur in einem Viertel des Trainings die Muskulatur stark.
Trainier ich dagegen Maximalkraft mit etwa 5 Wdh. pro Satz, dann sind alle 5 Wdh. anstrengend. Ich beanspruche die Muskulatur also während des ganzen Trainings stark.

Wie bisher gehe ich davon aus, dass ich nur dann einen effektiven Anreiz setze, wenn ich im Training an die Grenze der Leistungsfähigkeit gehe. Die Wiederholungen davor sind nur Vorspiel, zum Aufwärmen quasi.

Nehme ich beide Prinzipien zusammen, komme ich zu einem Trainingsprinzip, das wie folgt aussieht:
1. Setze einen effektiven Trainingsanreiz, indem du am Limit trainierst (Prinzip der letzten möglichen Wiederholung).
2. Erhöhe den Anteil der Wdh., die am muskulären Limit sind.

Wie würde man dann trainieren?

Man würde das gewohnte Gewicht einstellen und die Übung bis zum Limit ausführen. Dann würde man das Gewicht eine Stufe senken und ohne Pause sofort weiter trainieren. Mit dem geringeren Gewicht würde man weitere 3 Wdh. schaffen, bevor der Muskel auch bei diesem Gewicht an der Grenze ist. Man würde dann das Gewicht nochmal um eine Stufe senken und wieder sofort die wenigen Wiederholungen machen, bis der Muskel auch dieses Gewicht nicht mehr schafft usw.. Hat man dann ein gewisses Minimalgewicht erreicht kommt die Satzpause. Auf diese Weise bringt man die Muskulatur asymptotisch an die Grenze und trainiert die meiste Zeit am Limit, also da, wo der Anreiz gesetzt wird. Da man während jedes Satzes schon sehr lange am Limit trainiert, kann man die Zahl der Sätze reduzieren, um die Muskulatur nicht übermäßig zu beanspruchen.

Nach traditionellem Verständnis würde man damit dann zwar Kraftausdauer trainieren, da man bei viermaligem Absenken des Gewichtes ja etwa 12 Wiederholungen mehr pro Satz macht und damit selbst als Kraftsportler in den Kraftausdauerbereich käme. Aber gerade um traditionelles Verständnis soll es ja mal nicht gehen, sondern um ein Gedankenexperiment.

Gut, ich gebe zu, ich hab das Prinzip heute mal beim Seitheben getestet.
1. Satz: 6kg 10 Wdh.
90 Sek. Pause
2. Satz: 6kg 9 Wdh.
90 Sek. Pause
3.Satz: 6kg 8 Wdh.; 5 kg 2 Wdh.; 4 kg 4 Wdh.; 3 kg 5 Wdh.; 2 kg 8 Wdh.

Der letzte Satz müsste also nach normaler Auffassung mit 27 Wdh. Kraftausdauer sein, hat sich aber bedeutend intensiver angefühlt. Bin mal gespannt, ob das einen Muskelkater gibt.

Also, Meinungen bitte. Gibt es so ein Trainingsprinzip? Ist sowas überhaupt effektiv? Oder macht man wegen der unterschiedlichen Wdh. nur ein bisschen was von allem? Oder überfordert man die Muskulatur sogar, weil man ihr das letzte bisschen Kraft abverlangt?
 
HI , Phönix !

KLingt ganz süss ...ist aber im Endeffekt der gleiche Gedankengang wie bei der abfallenden Pyramide ..bzw. des Nautilus - Prinzip ...THEORETISCH würde das mehr bringen , je MEHR man sich QUÄLT , PRAKTISCH kann es effizineter sein , sich WENIGER zu quälen -> zum beispiel kann man ja und sollte man auch - wie du bereits gelesen haben wirst - KRAFT und AUSDAUER einheiten trennen , die aber TROTZDEM synergistisch wirken -> ergo : beides seinem jeweiligem EXTREM ENTSPRECHEND !!! Das würde heissen bei KRAFTtraining nicht auf unbedingt auf erschöpungs sondern auf das GEWICHT achten ..bei AUSDAUER dann eher auf die ERSCHÖPFUNG oder den FLOW in der BEWEGUNG !
Nun kommt noch die Überlegung des SANFTEN KRAFTtraings von WOLGANG BUSKIES hinzu " -Das Buch : "Fitness Krafttraining" ...man braucht nicht ans LIMIT zugehen , um REALTIV gesehen ähnliche Wirkung zu erzielen , wie jemand , der QUASI "so blöd" :D ist , es trotzdem zu tun !
SOVIEL also zu AUSPOWERn bis zu einer GRENZE , die man dann weiterverschiebt , umsich sie dann wieder ..naja etc. ...UND GENETIK macht sowieso das meiste aus !
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Da hat der Kurt schon damals SEHR GUTE POSTINGS geschrieben !

Gruß
Jörg
 
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Ja, das ist ne Abwärtspyramide. Die ist damals populär geworden, weil Ato Boldon so trainiert hat. Allerdings hat er keine vorherigen Erschöpfungssätze gemacht.

Aber SumoSchlumpf sagt das schon richtig: Genetik ist ein Großteil des Erfolges. Boldon war so ein Typ, der hätte schon allein vom Tischtennisspielen riesen Pecs bekommen, demgegenüber gibt es Hardgainer, bei denen es vollkommen egal ist, wie sie trainieren, sie werden kaum muskulöser.
 
Dann wären wir wieder an dem Punkt, wo jeder Genetik als Entschuldigung für Misserfolg heranziehen kann und sich lethargisch zurück in den Sessel fallen lässt. Mit der Effizienz eines Trainings hat das aber imo nix zu tun.

Ich hab mich nun mit dem Prinzip der Abwärtspyramide vertraut gemacht. Das oben skizzierte Prinzip unterscheidet sich allerdings grundlegend von einer solchen Abwärtspyramide.

Üblicherweise gibt es zwei Ansichten, wie man optimale Anreize zu einem bestimmten Trainingsziel (Kraft, Wachstum, Ausdauer) erreicht.
Die eine sieht den Widerstand als entscheidend. Ihr zufolge stelle ich den Widerstand ein, mit dem ich mich im erwünschten Wiederholungsfenster bewege. Diesen Widerstand halte ich während der ganzen Übung konstant, schaffe dann aber natürlich trotz Satzpausen immer weniger Wiederholungen pro Satz.

Nach der anderen Ansicht ist die exakte Einhaltung der vordefinierten Wiederholungen pro Satz entscheidend für die Ansprache eines Trainingsanreizes. Man macht also stur seine festgelegte Zahl an Wdh. und muss dazu natürlich den Widerstand mit jedem Satz geringfügig absenken. Das ist dann die Abwärtspyramide.

Das hat mit dem von mir angedachten Prinzip aber nichts zu tun. Die Anzahl der Wdh. ist da nämlich der Dreh- und Angelpunkt. Ich kann drei Sätze nach diesem Prinzip trainieren und jeden Satz mit dem selben Widerstand beginnen und dann bei Erschöpfung in den selben Intervallen absenken. Dann trainiere ich immernoch widerstandsorientiert. Ich kann auch bei jedem Satz das Anfangsgewicht absenken und dann bei Erschöpfung weiter absenken. Dann habe ich die Abwärtspyramide. Das ist dann aber nur eine marginale Abwandlung des Trainingsprinzips.
Der Grundgedanke besteht dabei nicht darin, den Widerstand an die allmählich sinkende Leistungsfähigkeit des Muskels anzupassen, wie bei der Abwärtspyramide. Es ist eher so, dass selbst nach einer vermeindlich letzten möglichen Wiederholung der Muskel nicht erschöpft ist, sondern noch Leistung bringen kann, nur eben nicht in Form einer weiteren korrekt ausgeführten Wiederholung mit dem dafür zu hohen Gewicht. Indem ich das Gewicht also leicht absenke, kann ich dem Muskel dieses letzte Potential nach und nach entlocken. Ich nähere mich also asymptotisch dem Limit, im Extremfall bis ich zähneknirschend mit einem Gewicht kämpfe, bei dem ich normalerweise 200 Wdh. hinbekäme. Gut, das wäre wohl zu viel des Guten. Bis zur untersten Gewichtsstufe muss man sicher nicht gehen. Aber so wie man aus einer Zahnpastatube oder einem Ketschupflasche noch ordentlich was raus bekommt, selbst dann wenn es vermeindlich leer ist, hat auch der Muskel noch Potential für Anreize.

Klar, dem Prinzip liegt der Gedanke zugrunde, dass man erst am muskulären Limit effektiv Anreize setzen kann. Wer mit der These auf Kriegsfuß steht, für den mag so ein Prinzip sinnlos erscheinen. Ich bin aber ein Vertreter des Prinzips der letzten möglichen Wiederholung. Das angedachte Prinzip setzt dieses Prinzip logisch fort durch ein Prinzip der fortdauernden letzten Wiederholung. Ich habe in jedem Satz bei jeder Gewichtsstufe eine letzte Wiederholung. Ich schätze mal, dass man dadurch keinen definierten Trainingsimpuls setzt, sondern sehr breit Impulse für die verschiedensten Ziele setzt.
Auch konditionell ist das Prinzip sehr anspruchsvoll. Kommt ein normaler Satz einem 100m Sprint gleich, muss ich hier anaerob über ein Zeitfenster eines 400m-Laufes Leistung bringen. Nimmt man die breiten muskulären Anreize und die konditionelle Komponente zusammen, hat man imo ein Muskeltraining, das sich besonders für Abspecktraining mit dem Ziel des Muskelerhalts eignen könnte.
Weniger sinnvoll ist das Prinzip aber natürlich für Kraftsport, nicht nur wegen der teils geringen Widerstände, sondern auch wegen des Aufwandes, bei freien Gewichten permanent den Schnellverschluss öffnen, ein Gewicht weg nehmen oder tauschen zu müssen. Das wäre wohl zu viel Aufwand und käme dann schon einer Satzpause nahe. Außerdem geht einigen Kraftsportlern wegen des fehlenden Ausdauertrainings zu schnell dir Puste aus, wo so ein Satz etwa 2 Minuten dauert.

Gestern habe ich das Prinzip im Rahmen meines Bauch- und Rückentrainings umgesetzt. Gerade für den Rücken hat es sich als sehr effektiv erwiesen. Ich schaffe damit in zwei solchen Sätzen, was ich früher bei vier konventionellen Sätzen nicht geschafft habe, dass der Muskel merklich erschöpft ist. Hinzu kommt, dass der Rücken gerade bei den letzten Wiederholungen, da wo man anfällig für Fehlhaltung ist und üblicherweise Verletzungen riskiert, nur noch eine sehr kurze Phase arbeitet und dann rückenschonender auf niedrigerem Niveau geplättet werden kann.
 
Wenn du intensives Training willst, was ich gut finde, denn so eine Art Training mache ich auch.

Dann schau dir doch mal HIT oder PITT ( das System nachdem ich trainiere ) an.

Bei letzterem brauchst du auch nur einen einzigen Satz und du spürst deinen Muskel enorm. Das ist ein klasse Hypertrophietraining.

Dann musst du aber aus deinem Trainingsbuch erstmal einige Übungen raushauen. :)
 
Phönix, wenn du mit deinem entworfenen Programm Erfolge hast, die wesentlich über dem Durchschnitt liegen, dann herzlichen Glückwunsch, dann hast du den Schlüssel gefunden.

Ich glaub aber leider nicht dran, weil dein System auf dem Papier richtig klingt, praktisch aber nicht umsetzbar ist. Muskelaufbau lässt sich nicht ausrechnen. Es werden die Leute breit, die mit Grundübungen die Bude auseinanderreißen. Und zwar irgendwie, Hauptsache schwer, Hauptsache intensiv. Glaub nicht, dass einer von den Riesen-BB jemals ein Buch in der Hand zum Thema Muskelaufbau gehabt hat, geschweige denn versteht, was Dr. Soundso in seiner Studie an einbeinigen Hühnern herausgefunden hat.

Es gibt Monster, die aufbauen vom Schachspielen und Eisessen. Es gibt genauso Hardgainer, die nie nen Arm ihr Eigen nennen können, obwohl sie Trainieren und Essen wie ein Weltmeister. Aber das sind eben nur Promille der Gesamtbevölkerung. Dazwischen bewegen wir uns. Im Rahmen unserer genetischen Möglichkeiten.
 
Das mit der Genetik sehe ich auch so. Ich denke da zum Beispiel an eine Familie, das sind alle vier männlichen Nachkommen von zwei Brüdern stark, und zwar ganz ohne KT, allerdings sind sie mit den Händen auf dem Bau tätig.
 
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Natürlich spielt Genetik eine starke Rolle, allerdings muss man vorsichtig sein und Faulheit, Erfolgslosigkeit und Demotivation nur auf die Genetik zu schieben.

Genetik wird oft auch als Ausrede benutzt.
 
Klar macht die Genetik, dass manche eine Hantel nur anschauen müssen und schon Zuwachs verzeichnen und andere wenige ewig brauchen, bis sie Erfolge sehen.
Aber Genetik ist nur die halbe Wahrheit. Ich glaube, dass viele Einflussfaktoren von der Wissenschaft schlicht noch nicht ausreichend erforscht sind und deren Einfluss dann der Genetik als Sammelbecken zugeschoben wird. So wie in der Menschheitsgeschichte schon immer Gott für Phänomene herhalten musste, die man noch nicht verstanden hat. Es ist auch möglich, dass viele Sportler einfach unbewusst etwas richtig oder falsch machen, ohne dessen Einfluss auf ihre Trainingsergebnisse zu kennen.

Ich versteh allerdings weiterhin nicht, was der Genetik-Exkurs mit meinem experimentellen Training zu tun hat und bitte um Aufklärung. Wollt ihr damit sagen, dass man trainieren kann, wie man will, und unabhängig davon immer Erfolg haben wird, wenn die Genetik mitspielt bzw. Misserfolg, wenn sie es nicht tut?
 
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Ja, so in etwa.

Abzüglich der genetischen Ausnahmen gibt es nur den Weg "Regelmäßig schwere Grundübungen + progressive Steigerung".

In welches System man das verpackt, ist zweitrangig.
 
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