Skispringer Martin Schmitt und die Magersucht, bzw. Magerwahn

carola_junker

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In vier Wochen beginnen die Olympischen Winterspiele in Vancouver.

Ist es wirklich nur Magerwahn, oder Magersucht? Martin Schmitt wiegt 64 KG, bei einer Größe von 1,82 m - Martin Schmitt ist also stark untergewichtig und magersüchtig? Martin Schmitt hat in einem Interview mit der Bild ausgesagt, dass er sich eine kurze Auszeit vom Training nimmt, seine Blutwerte sind im Keller, entsprechen denen eines Achtzigjährigen, und er leidet unter einem Erschöpfungssyndrom. Er will aber bis zu den Olympischen Winterspielen in Vancouver wieder fit und leistungsfähig sein.

Das Gewicht von 64 kg entspricht jedoch nicht seinem "Set-Point", also einem Gewicht das er genbedingt ohne Probleme halten könnte. Er muss sich vor Wettkämpfen mühsamst mit einer 1200 Kilokalorien-Diät auf dieses Wettkampfgewicht herunter hungern.
Merke, das zu einer Zeit in der es eigentlich auf die beste körperliche Konstitution ankommt. Knapp sechs Jahre nach der Einführung des Body Mass Index' ist bei der Vierschanzentournee eine neue Magersucht-Debatte hochgekocht und der Ruf nach einer gravierenden Regelreform lauter geworden. Jens Weissflog das frühere Olympia Ass verteidigte die BMI Reglementierung damit dass ein Bodymassindex von 20 als absolut nicht untergewichtig zu bewerten sei. Viele Mediziner denke ich sehen das ziemlich anders, zumal der "unseelige BMI" ja nicht für Hochleistungsatlethen gedacht war, an dem sowieso kaum Fettreseveren schlummern, wenn man sich die "muskelbepackten, lean sixpack Machines" anschaut, sondern für Otto-Normalverbraucher um diesen mit seinem Wohlstandsbäuchlein in die richtige Richtung zu weisen.

Denken wir auch zurück an Sven Hannawald, der seine Karriere vor einigen Jahren wegen Depressionen aufgeben musste, sicherlich war auch der Kampf ums Kampfgewicht einer der Gründe für seine Erkrankung.
Jane Ahonen erzählte öffentlich dass er sich zeitweise vor einem Wettkampf nur von Zigaretten und Energydrinks "ernährt".

Warten wir ab, ob Martin Schmitt bei Olympia zu neuer Hochform aufläuft, oder ob er nicht besser wissen sollte, wann man Schluss machen muss
 
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Re: Skispringer Martin Schmitt und die Magersucht, bzw. Magerwahn
Hallo carola_junker

Gut, dass dieses Thema offensichtlich wieder einmal zur Sprache kommt. Das Problem Magersucht ist sicher nicht ein spezifisches Problem von Martin Schmitt, sondern ein Problem der "Sportart" Skispringen.
Da die physikalischen Gesetze bedingen, dass ein leichterer Springer explizit im Vorteil ist, ist es nur logisch, dass alle "Athleten" versuchen, ein möglichst geringes Gewicht zu erreichen.
Wenn man liest mit welchen Methoden ein Janne Ahonen beispielsweise sein "Kampfgewicht" erreicht hat, erschrickt man schon einmal. Teilweise hat er sich von nur einem Müsli am Tag ernährt (mit Wasser wohlgemerkt).
Ich kann und will diese Sportart nicht wirklich ernst nehmen (auch wenn ich den Mut und die Technik der Springer selbstverständlich bewundere) und kann nur den Kopf schütteln, wenn in bei uns in Österreich Wolfgang Loitzl zum Sportler des Jahres gewählt wird (gefolgt übrigens von Gregor Schlierenzauer).


lg
 
Sebastian Vettel lässt sich sein Formel 1 Gewicht nicht diktieren - Thema: Magerwahn

Hallo carola_junker

Gut, dass dieses Thema offensichtlich wieder einmal zur Sprache kommt. Das Problem Magersucht ist sicher nicht ein spezifisches Problem von Martin Schmitt, sondern ein Problem der "Sportart" Skispringen.

lg

Hallo b9BFcx,
das scheint sogar nicht nur ein Problem beim Skispringen zu sein, von Sebastian Vettel, ich weiss aber nicht genau den Zusammenhang, gibt es auch den Spruch, dass er sich sein Gewicht nicht diktieren lässt. Kann das sein, dass selbst im Autorennsport ein paar Kilo mehr oder weniger eine Frage der "Fahrerqualität" sind, bzw. Auswirkungen auf Fahrverhalten und Gesamtgewicht haben? Scheint mir aber in diesem Zusammenhang seltsam. Rennfahrer sind ja keine Jockeys, von denen weiss man ja auch auch, dass da "nur halbe Portionen" auf den Rennpferden sitzen. lg
 
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Zur Klärung der Begriffe "Magersucht" und "Magerwahn":

Gemäß ICD10 ("Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme") fällt die Magersucht (Anorexia nervosa - F50.0) unter die "Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren" und damit in den globalen Bereich "Psychische und Verhaltensstörungen".

Der Begriff "Magerwahn" als solcher existiert nicht.
Wahn als Überbegriff wird im Bereich "Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen" (F20-F29) klassifiziert.
Grob beschrieben bedeutet Wahn, dass man selbst die eigenen Wahrnehmungen als unleugbar wahr und richtig empfindet (daher auch fehlende Krankheitseinsicht), gleich wie irrational und abstrus sie für andere erscheinen mögen.

Warum schreibe ich dies:
Mag sein, dass der eine oder andere Sportler an Magersucht erkrankt ist. Ich bin überzeugt, die Mehrzahl ist es nicht (was nicht heißen soll, dass sie nicht über ein krank machendes Essverhalten verfügen, das ggf. eine psychische Erkrankung nach sich ziehen könnte). Diese Sportler hungern sich gezielt auf ein bestimmtes Gewicht, um die eigene Leistung zu steigern und zu optimieren, in der Regel aber nicht aufgrund krankhafter Körperwahrnehmung.
Die Frage nach einer psychischen Erkrankung stellt sich hier aus meiner Sicht daher nicht, wohl aber das Hinterfragen des Leistungssports und der Mittel um Höchstleistungen erbringen zu können ... und da gehört das Doping genauso dazu, wie das überkontrollierte Essverhalten.

Grüße,
Jörg (HPPT)
 
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Martin Schmitt Vorbereitung für Olympia in Klingenthal und Villingen

Anscheinend geht es Martin Schmitt schon wieder besser und wir werden ihm voraussichtlich dann doch bei den olmympischen Spielen in Vancouver die Daumen drücken können. Am 3. Februar wird er in Klingenthal sein Weltcup-Comeback geben und am 6./7. Februar in Willingen wieder springen. Dass die Regeneration so schnell passierte hat er seinem Team Arzt Mark Dorfmüller zu verdanken. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass da "nur gepflastert" wurde. Mich erinnerst diese kurze Regenerationszeit, an die Zeit in der beim Fußball das Wort "jemandem sein Knie gesundspritzen" ziemlich gängig war.

Martin erzählte ja zuvor, dass durch die jahrelangen ständigen Abnehmkuren sein Erschöpfungszustand so extrem wäre. Dann dürfte er ja auch psychisch sehr gelitten haben, nicht zu schweigen vom Publikum- und Mannschaftsdruck. Auf jeden Fall ist es nicht die beste Ausgangslage um gegen internationale Größen bei Olympia Vancouver eine gute Figur zu machen. Trotzdem hoffe er erreicht seine persönlichen Ziele, wie immer die auch lauten mögen.
 
Martin Schmitt, Skispringer und " Anorexia athletica "

Aktuell auch wegen der Olympischen Spiele Vancouver: Aus der Deutschen Ärztezeitung: In Deutschland erkranken jährlich etwa 75 000 Menschen an Magersucht. Anorexia nervosa ist unter allen Essstörungen die gefährlichste. An ihr sterben zehn bis 15 Prozent der Betroffenen, wie Professor Manfred Fichter, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen, erläutert...
...Anorexia athletica zählt zwar nicht zu den klinischen Essstörungen, aber manch ein Sportler gleitet irgendwann in eine Anorexia nervosa oder eine Bulimie ab. Dass ihr Verhalten krankhafte Züge zeigt, sehen viele Athleten - wenn überhaupt - erst (zu) spät ein.
Mehr zu Martin Schmitt, sein Leistungstief, jetzt von "offizieller, medizinischer Seite" im Ärzteblatt: Anorexia athletica: Raubbau am Sportlerkörper
 
Martin Schmitt fliegt bei Olympia 2010 in Vancouver allen davon

So wie es ausschaut: "Alles wird gut!" Er scheint sich ganz gut "zusammengerappelt" zu haben. Ich hatte mitverfolgt, dass der Skispringer mit einer Trainigsbestweite sich gute Medaillen-Chancen für die Entscheidung auf der Großchance am Samstag hat. "Ich hoffe, dass es auf der Großschanze noch ein Stück weiter für mich nach vorn geht. Aber ich muss perfekte Sprünge zeigen", hatte Martin Schmitt in einem Interview erklärt. - Sonntag sind wir also schlauer.
 
Skispringer Martin Schmitt holt Silber im Team beim Olympia Mannschafts-Wettbewerb

Na ganz so euphorisch war der Sieg nicht von Martin Schmitt. Er scheint doch, glaubt man den Kommentatoren ganz schön geschwächelt zu haben und nur im Team es zu einem Sieg geschafft zu haben:

Mit einem versöhnlichen Abschluss in Silber verabschieden sich die deutschen Skispringer von Olympia in Vancouver. Im abschließenden Mannschafts-Wettbewerb holten Michael Neumayer (Berchtesgaden), Andreas Wank (Oberhof), Martin Schmitt (Furtwangen) als Schwächster des Quartetts und ein nervenstarker Michael Uhrmann (Rastbüchl) Platz zwei hinter den überragenden Österreichern. Bronze ging an Norwegen.
 
Vielleicht noch ein kleiner Nachtrag: Im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild, welches M. Schmitt und viele andere Skispringer aufweisen: Es handelt sich wohl nicht um Magersucht (Anorexia Nervosa), eher um Anorexia Athletica. Das ist eine Variante der Magersucht, die besonders häufig bei Sportlern auftritt. Die Angst, zuzunehmen und dadurch an Leistungsfähigkeit einzubüssen, zwingt sie zu Diäten und horrenden Trainingsumfängen. Gewichtsverlust ist natürlich das Ergebnis. Doch die Ursache liegt in der Psyche. Diese Menschen brauchen professionelle, psychiatrische Betreuung.
 
A

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Re: Skispringer Martin Schmitt und die Magersucht, bzw. Magerwahn
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