Ja, pauschal sollte man da kein Urteil fällen, aber man muss sich auch immer bewusst machen, dass das Gesundheitswesen eine Industrie ist.
Pharmahersteller sind riesige Konzerne die mit den gleichen Mitteln (Werbung, Lobbyarbeit, .. ) versuchen Ihre Produkte am Markt zu platzieren wie andere Firmen auch, dabei ist der Aktienkurs der Gradmesser, wie vielen Menschen wie gut bei einem gesundheitlichen Problem weitergeholfen werden konnte ist völlig zweitrangig.. (Wie war das noch mit der Schweinegrippe..)
Völlig richtig. Wenn man sich dazu noch anschaut wieviele Generika es von einem Wirkstoff gibt kann man sich vorstellen das all diese Firmen auf ständiger Kundensuche sind. Wenn man sich alle Wirkstoffe allein ansehen würde tät von den zig Regalen in einer Apotheke eins tatsächlich stehenbleiben. Dabei ist es allerdings schwierig Pharmaunternehmen nach für Einzelpersonen gängige Moralvorstellungen zu bewerten. Es sind schließlich wirtschaftlich agierende Unternehmen. Da steht der Gewinn im Vordergrund. Das sehr viel Geld für Werbung, Bekanntmachung der Produkte etc. investiert wird ist gängige Praxis, hauptsächlich aus dem oben genannten Grund.
Man muss aber auch sagen das sie einen sehr großen Teil der Forschung ausmachen. Auch wenn sie natürlich oftmals zugunsten der eigenen Präparate ausfällt, übertrieben positiv dargestellt wird (da gabs letztens mal einen interessanten Artikel zu neuen Krebsmedikamenten, ich such ihn nochmal raus) bzw. sich nur auf Krankheitsbilder konzentriert die wirklich wirtschaftlich gesehen für sie sinnvoll sind. Irgendwo kommen aber auch dadurch neue Erkenntnisse die ihren Nutzen haben. Sei es in der Entwicklung eines tatsächlich sehr wirkungsvollen und dabei nebenwirkungsarmen Medikaments oder durch Erkenntnisse in der Grundlagenforschung. Ihren Teil tragen sie auch trotz der eher negativen Geschäftspraktiken dazu bei.
Der Arzt als ausführende Person am Patienten hat dabei eine keine so leichte Stellung. Er muss sich über alles neue ständig informieren (oder wird ständig "gut" informiert...von den Pharmafirmen), ist dann möglicherweise noch der Buh-Mann wenn eine Medikation nicht so wirklich funktioniert, hat den ganzen Bürokratiekram der Krankenkassen am Hals und soll sich noch ganzheitlich und einfühlsam um den Patienten kümmern. Da wundert es einen ehrlich gesagt wenig wenn der eine oder andere seine Praxis mehr oder weniger rein als Vergabestelle von Krankenscheinen und Rezepten führt. Die Berufung die so manchen zu diesem Beruf geführt hat kann da schnell abhanden kommen.
Sicherlich gibt es sehr viele Beispiele von Panikmache, unsachlicher Behandlung oder zu heftiger Verschreibungswut. Ein Beispiel über das ich mich regelmäßig echauffieren könnte ist die zu schnelle Diagnose von ADS/ADHS bei vielen Kindern. Sicher haben einige davon tatsächlich dieses Syndrom aber garantiert nicht so viele wie derzeit medikamentös dagegen behandelt werden.
Das ist aber auch wieder so ein Fall wo ein Arzt selten wirklich seinen Job gut machen kann indem er prüft ob das Aufmerksamkeitsdefizit nicht doch eher bei den Eltern bzw. Betreuern liegt (zu wenig soziale Kontakte zugunsten der Playstation/Fernseher/Internet, kein Ablassventil für seine Energie -> Bewegung, zu wenig Aufmerksamkeit von den Bezugspersonen etc.) und das Ganze mit Psychologen abklärt etc. Er kann das Zu Hause und die Fehler dort nicht korrigieren sondern wenn überhaupt nur Hilfestellung leisten. Man kann ja auch z.B. von Lehrern nicht verlangen das sie die Erziehung der Kinder übernehmen. Das ist alles eine Zeit- Energie- und Bürokratiefrage...welche Möglichkeiten bestehen? Was ist möglich? Sind die beteiligten Personen willens sich darauf überhaupt einzulassen?
Die Tablette ist einfacher.
Bei hohem Blutdruck, hohem Cholesterinwert, Übergewicht, Diabetes mellitus Typ 2 sieht´s ja ähnlich aus. Der boomende Medikamentenmarkt kann doch nur bestehen weil es soviel Bedarf dafür gibt. Auch ohne Senkung der Normwerte. Und dieser Bedarf entsteht weil viele es als einfacher betrachten regelmäßig Tabletten einzuwerfen oder irgendwann Insulin spritzen anstatt den weitaus anstrengenderen Weg über eine Lebensstiländerung zu gehen. Die Möglichkeiten besteht, Beratung und Betreuung können gegeben werden. Nur gemacht wird es eben in zu wenigen Fällen.
Ich will jetzt nicht sagen das alle Menschen die übergewichtig und sportmuffelig sind gleich disziplinlos sind. Zumindest nicht gegenüber schlanken und von vornherein aktiven Menschen. Das wäre kein Vergleich weil es zum einen für jeden sehr schwer ist Gewohnheiten zu ändern (wenn jemand der sich gern gesund ernährt auf einmal auf ständig Fast Food umsteigen soll hat er sicherlich die gleichen Probleme wie jemand der es andersrum machen soll). Zum anderen weil es für einen massigen unsportlichen Menschen eine viel größere Anstrengung ist sich auf eine regelmäßige sportliche Betätigung einzulassen als für einen schlanken Menschen, der eine ganz andere Bewegungsfähigkeit besitzt. Und ganz bestimmt ist das auch für eine lange Zeit erst einmal keinen Spass. Wer die Probe aufs Exempel machen will kann sich ja mit einem schweren und vollgepackten Rucksack oder einem Gewichtsgürtel mal auf ein Laufband stellen um ein annäherndes Gefühl dafür zu bekommen. Also sollte auch ein gewisses Einfühlungsvermögen bei der Behandlung/Betreuung eines solchen Patienten eine große Rolle spielen. Das ist für einen normalen Arzt auch wieder schwierig zu gestalten. Er kann ja nicht Mediziner, Psychologe und Motivationsgenie in einem sein, es sei denn er heißt Strunz und ist letzteres, verliert aber dadurch einige Grundkenntnisse der Physiologie, was ersterem schadet

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Also wer hat nun Schuld an der ganzen derzeitigen Misere? Niemand wirklich? Alle anderen? Man selbst? Das ist eine Frage die wohl niemand wirklich genau, wahrheitsgetreu und zu 100% sicher beantworten kann. Aber man kann bei sich selbst zumindest beginnen kritisch zu werden weil es der einzige Faktor ist den man wirklich beeinflussen kann. Indem man seine Gesundheit als sein höchstes Gut schätzt, sie mit eigener kraft weitestgehend fördert und sie bei Bedarf in vertrauenserweckende und auf Kompetenz geprüfte Hände legt.