Muskelaufbau nach Bandscheibenvorfall

Isabel1

New member
Hallo,

bei mir (weiblich, 35J) wurde im Juni ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule L4/L5 festgestellt.


Ich musste nicht operiert werden, hatte keine Taubheiten oder Lähmungen, aber starke Schmerzausstrahlung bis in den linken Fußknöchel.
Inzwischen bin ich fast beschwerdefrei, eine leichtes Zwicken in der linken Pobacke/Hüfte/unterer Rücken tritt öfter noch auf, aber damit kann ich leben.

Mein Physiotherapeut hat mir verschiedene Kräftigungsübungen gezeigt,

die ich auch regelmäßig zu Hause mache. Es fing natürlich mit einfachen Sachen an, um überhaupt in die Gänge zu kommen, mit der Zeit kamen dann anspruchsvollere Sachen wie Crunches oder Liegestütz dazu.

Habe dann auch mit Krafttraining angefangen.


Mein Physiotherapeut ist eher von der sportlichen Sorte und hat mich z.B. Kniebeuge und Kreuzheben mit Langhantel machen lassen (ok war anfangs nur die Stange also 20kg).
Er stand natürlich daneben und hat die richtige Ausführung kontrolliert.
Ich bin damit gut klar gekommen, außer Muskelkater keine Schmerzen.

Nun kann ich mir natürlich nicht ewig Privattraining leisten und bin deshalb in ein Fitnessstudio gegangen.


Mir wurde geraten in ein therapeutisches Studio zu gehen, was ich dann auch gemacht habe zumal meine Krankenkasse das auch noch sponsort.

Aber richtig glücklich bin ich damit nicht. Es gibt dort keine Langhanteln.

Als ich sie danach fragte schaute man mich ungläubig an (Was will eine 1,65m kleine Frau mit einer Langhantel) und hielt mir einen Vortrag , dass das für Bandscheibengeschädigte absolut schädlich wäre und das es wichtig ist die Muskeln isoliert zu trainieren.

Das Fitness-Training erfolgt an sogenannten David-Geräten (Kieser für Arme?),

in denen man fixiert wird, in einigen so sehr, dass ich fast klaustrophobisch werde.
Die Crunchmaschine habe ich gleich rausgeschmissen. Die bereitete mir ein unangenehmes Ziehen im Rücken, außerdem gefallen mir normale Crunches besser .
Die Rückenstreckermaschine gefällt mir auch nicht besonders, entweder merke ich keinen Widerstand oder es schmerzt. Außerdem traue ich dem Ding nicht.

Ich fragte den Trainer, ob ich nicht besser Hyperextensions machen kann.

Es kam die Antwort, die Maschine wäre viel effektiver weil man nur den Rückenstrecker isoliert trainiert und außerdem beim nach vorne gehen den Rücken rund machen kann. Gerade dieses „rund machen“ bereitet mir Unbehagen.
Außerdem wurde mir ein Programm verpasst mit 2 Sätzen (30-35 Wiederholungen). Ist das überhaupt sinnvoll?

Und jetzt die Frage, was mache ich jetzt weiter. Ich habe das Programm für mich umgestellt (Gewichte erhöht, 10-12 Wdh, Hyperextenions), was man natürlich nicht soll ohne den Trainer zu fragen, aber ich habe keine Lust auf Diskussionen.

Reichen Hyperextensions für den unteren Rücken, ich merke schon, das das zum Teil auch auf die Beine geht?


Ist dieses isolierte Training der Muskeln wirklich besser als Freihanteln?
Ist es rückenschonender?
Ich denke drüber nach, das Studio zu wechseln.

Muss es unbedingt ein therapeutisches Fitnesstudio sein oder tuts auch ein normales Studio (mir wurde von mehreren Seiten gesagt wie wichtig die Kontrolle durch Physiotherapeuten ist)?


Sollte man als Bandscheibenpatientin von Freihanteln die Finger lassen?
Als mein Physiotherapeut danebenstand fühlte ich mich da relativ sicher, aber alleine habe ich doch Respekt.

LG
 
Ist eine verzwickte Situation, aber es gibt immer ne Lösung.

Eine Übung ist immer nur so gut wie derjenige, der sie ausführt.

Da helfen Pauschalisierungen a la "Freihantelübungen sind für Bandscheibengeschädigte absolut schädlich" gar nicht weiter, da es

a) so nicht richtig ist und

b) von der individuellen Lernfähigkeit abhängt.

Mit einer falschen Technik kann man sich mit Freihantelübungen bedeutend mehr akuten Schaden zufügen, das ist korrekt. Das Problem liegt darin, dass bei dir bereits ein Schaden vorhanden ist und somit wenig Spielraum für eine Lernphase (die immer auch durch Fehler gekennzeichnet ist) bleibt.

Fakt ist aber auch, dass nur durch Freihantelübungen eine umfassende, vor allem funktionale Entwicklung der Ziel- und Stützmuskulatur möglich ist.

Maschinen- und Isolationsübungen separieren die zu trainierenden Muskeln und es ist leicht möglich, dass man sich damit Dysbalancen antrainert. Da ist der eventuelle Schaden erst auf Dauer absehbar.

Da ich aber deinen speziellen Fall nicht kenne und das mit den Ferndiagnosen so eine Sache ist, muss ich mich mit konkreten Hinweisen aber zurückhalten.

Ich denke, dein Physiotherapeut schlägt die richtige Richtung ein - von ihm die richtige Technik beim Kniebeugen und Kreuzheben zu lernen, dürfte dir am besten weiterhelfen.
 
Maschinen- und Isolationsübungen separieren die zu trainierenden Muskeln und es ist leicht möglich, dass man sich damit Dysbalancen antrainert. Da ist der eventuelle Schaden erst auf Dauer absehbar.

Das finde ich sehr interessant. Mir wurde gesagt, dass die Isolationsübungen dringend nötig sind, um Dysbalanzen abzutrainieren.
 

Eine "Isolationsübung" per se hat mit Dysbalancen vorerst noch gar nichts zu tun - sie beschreibt lediglich eine Übung, die nur einen einzigen Muskel isoliert trainiert

(also bei der Bizepsmaschine z.B. den Bizeps). Doch wie überall gilt: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile! Als Beispiel will ich hier mal den Menschen nehmen: im Groben ist er nichts weiter als ein bisschen Kohlenstoff, ein bisschen Wasserstoff, ein bisschen Sauerstoff und ein paar Mineralien. Soweit die Einzelteile. In Summe ist er aber ein hochentwickeltes, lernfähiges, bewusst handelndes Lebewesen, welches über einen kompletten Planeten herrscht. Das heißt, die Einzelteile müssen immer im Kontext und möglichst großem Zusammenspiel gesehen werden. Da sind wir wieder beim Training:

die großen Übungen, die die meisten Muskeln beanspruchen (also Kreuzheben und Kniebeuge), entwickeln eben nicht nur eine einzige Muskelgruppe, sondern eine ganze Muskelkette, die im funktionalen Zusammenhang steht.


Immer wieder wird gekonternt: Aber man kann dann doch jede einzelne Muskelgruppe isoliert trainieren, dann ergeben sich auch keine Dysbalancen ...
- a) der Körper besteht aus über 600 Muskeln, das würde eine irre Zeit beanspruchen und man könte sich gar nicht davon erholen (denn auch das zentralnervensystem muss sich erholen) und

- b) vernachlässigt diese Sichtweise die enorm positive Wirkung schwerer Verbundübungen auf das Herz-Kreislauf-System.

Hinzu kommt, dass man bestimmte Stärken und Schwächen von Natur aus mitbringt - meinetwegen eine starke Brust- und eine schwache Armmuskulatur.

Bearbeitet man diese beiden jetzt isoliert (Butterfly für Brust und Trizepsdrücken für Arme), verstärkt sich das Dysbalance-Verhältnis, da man seine Stärken immer weiter verbessern wird. Hat man hingegen eine Verbundübung, die beide Muskelgruppen beinhaltet (bspw. Bankdrücken oder Liegestütze), ist man immer nur so stark, wie die schwächste Muskelgruppe - und an dieser orientiert sich die Kraftentwicklung.

Ich hoffe, das war soweit erstmal verständlich ...
 
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