Mit der Frage, wie man allgemein dazu steht/stehen könnte, beschäftige ich mich selbst seit einiger Zeit (Ernährungspsychologie ist ja ein interessantes Themengebiet). Leider ist die Normsituation derzeit so, dass sich Menschen, die sich in irgendeiner Form disziplinieren, wesentlich positiver eingeschätzt werden, als Menschen, die diese Neigung nicht zeigen. Das lässt sich ganz real im normalen Alltag beobachten (Mutter mit 2 Kindern, Haushalt und 40-Stunden-Job nebenbei, stressgeplagte Manager im 60Stunden-Job in ständiger - auch privater - Einsatzbereitschaft, Frauen, und auch Männer, die sich eine Heidenarbeit machen, um einem Ideal zu folgen, welches fast nicht erreichbar ist). Alles Lebens(-teil-)entwürfe, die Bewunderung und Neid ernten. Beides Dinge, die man sich gern gefallen lässt. Oder die schlicht vorausgesetzt werden, da wir ja eine "effiziente Gesellschaft" sind. Im Gegensatz werden sind viele Dinge, die zwar weit verbreitet, aber unpassend dazu sind, mit einem Stigma versehen und fast automatisch als negativ gewertet. Da kann man bestimmte Krankheiten nennen (Depressionen, Schizophrenie, Burn out, Adipositas als Symptom einer Krankheit, als Krankheit selbst -> wenn der Leidensdruck extrem ist). Oder eben Lebensstile die nicht unbedingt der Norm entsprechen. Vieles davon wird totgeschwiegen (falscher Weg), aber einigen Faktoren wird ein gesellschaftlich akzeptiertes Diskussionsforum geboten, was praktisch jedem das etablierte "Recht" gibt, sich einzumischen, Meinungen zu bilden, und sie natürlich auch gewollt oder ungewollt an den Mann zu bringen. Die Kleidergröße eines Menschen gehört dazu. Wenn ein schlanker Mensch im Bus in einen Burger beißt fällt es nicht auf. Wenn es aber ein übergewichtiger tut, hat ein Großteil der Umsitzenden sofort das Bild vom fressenden Dicken im Kopf. Traut sich ein Übergwichtiger in ein Fitnessstudio, und fängt klein an - mit den normalen Anstrengungssymptomen - kann man fast immer sicher sein, dass irgendwo auf/an einem Crosstrainer zwei Leute stehen, die über Faulheit lamentieren, oder gutgemeinte, aber unnütze Ratschläge zum Thema Kohlenhydratverzicht geben. oder zur täglichen 1stündigen Joggingrunde raten, ohne zu bedenken, dass sie wahrscheinlich selbst schlicht umfallen würden, sollte ihnen jemand das überschüssige Gewicht des Betreffenden als Rucksack auf den Rücken packen .- geschweige denn locker-flockig zu laufen (genauso falscher Weg). Und selbst bei vielen Ärzten geht die Beratung kaum über ein "haben sie schonmal übers Abnehmen nachgedacht?" hinaus, während die Praxis nicht einmal die Mindestausstattung für Übergewichtige aufweist (ordentliche Sitzplätze, breite Blutdruckmanschetten etc.) - obwohl es ein sehr personenreiches Klientel darstellt. Vergessen wird bei alldem aber häufig, dass ein großer Teil dieser Menschen eine Odyssee diverser Diäten hinter sich hat - also genaugenommen wesentlich mehr Disziplin hinter sich hat als der Durchschnittsbürger, und dass es zum anderen im Grunde niemanden etwas angeht. Was ich in der Quintessenz sagen will ist, dass es gesellschaftlich genormt absolut in Ordnung zu sein scheint, sich mit unsinnigen bis ungesunden Methoden u disziplinieren. Wesentlich tauglicher, als sich Lebensqualität zu sichern, zu erhalten, und seine eigene Norm zu finden und zu halten. Und wenn ein dünnes Mädchen sich noch dünner hungert, wird es sicherlich einige nahe Freunde/Verwandte zur Sorge nötigen, aber es wird trotzdem noch genügend Leute geben, die sie ermutigen weiterzumachen, weil der Erfolg ja so toll ist. Wir sind schließlich effizient, nur nicht unbedingt vernünftig. Was auch immer es dem Einzelnen bringen mag.
Soviel zu meiner allgemeinen Meinung zu dem Thema. Man kann viel auf die Medien und die ach so korrupte Wirtschaft schieben, aber letztendlich ist der ausschlaggebende Punkt der soziale Umgang miteinander. Was dann angeboten wird ist nur eine logische Konsequenz dieser Entwicklungen, ebenso die Nutzung der Angebote.
ich bin aber auch gespannt, wie die Meinung der anderen dazu ist.
Grüße
Maria