Der Anteil von gedopten deutschen Leistungssportlern ist um mindestens das Achtfache höher als offizielle Angaben glauben machen wollen. Das hat der Mainzer Sportmediziner und Dopingforscher Prof. Dr. Dr. Perikles Simon in einer universitären Studie herausgefunden. Fitness.com führt ein Gespräch über Ursachen und Bekämpfung von Doping im Leistungssport.
Steckt Deutschland tiefer im Doping Sumpf als bisher vermutet? Zusammen mit Forschern der Universität Tübingen hat Professor Dr. Dr. Perikles Simon eine anonyme Studie mit 480 Kaderathleten durchgeführt. Sieben Prozent geben an gedopt zu haben. Das ist das Achtfache von den offiziellen Angaben der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA). Das Erschreckende und Alarmierende der Studie: Das Durchschnittsalter der dopenden Athleten beträgt 16 Jahre. Forscher der Universität Saarland gehen inzwischen davon aus, dass mit einer eingerechneten Dunkelziffer zirka 35 Prozent der Leistungssportler dopen. Das wäre jeder dritte Leistungssportler in Deutschland.
Fitness.com sprach mit Prof. Dr. Dr. Perikles Simon über die Verbreitung und Bekämpfung von Doping.
Fitness.com: Knapp sieben Prozent der jugendlichen Leistungssportler geben zu gedopt zu haben, die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch höher. Wird denn systematisch gedopt im Jugendleistungssport?
Professor Simon: Also für das Kollektiv würde ich das nicht annehmen, das waren ja überwiegend noch 16-jährige Sportler. Etwas anders sehe ich das in bestimmten Bereichen im Spitzensport. Sehr viele Athleten der siebziger, achtziger Jahre sind heutzutage Trainer. Damals ging es im Spitzensport vor allem auch darum sich gegen den Ostblock behaupten zu können. Diese Trainer haben natürlich auch eine bestimmte Philosophie. Und die muss nicht unbedingt die eines sauberen Sports sein, sondern wohlmöglich die des erfolgreichen.
Fitness.com: Wie kommt es, dass das Ergebnis Ihrer Studie die offiziellen Angaben der NADA um das achtfache übertrifft? Wird das Thema Doping nicht ernst genommen?
Professor Simon: Ich denke schon, dass das Problem ernst genommen wird. Aber leider hat man analytisch nicht mehr Möglichkeiten die Dopingsünder zu erwischen. Wenn man so wenig Geld in die Entwicklung von Nachweisverfahren reinsteckt, kann man auch nicht erwarten, dass sich etwas tut. Wir haben auf der einen Seite die Hunderten von Millionen Euro, die neben der Sportförderung über die Industrie in den Sport hineinkommen, das geht dann eher in den mehrstelligen Milliarden-Bereich und auf der anderen Seite insgesamt sechs Millionen Euro, die für Anti-Dopingmaßnahmen angewendet werden. Und das kann einfach nicht reichen. Das verdient ein Fußballspieler im Jahr!
Fitness.com: Welche Sportarten sind besonders von Doping betroffen?
Professor Simon: Das besondere an dem Verfahren, das wir verwendet haben, ist die extrem hohe Anonymität. Wir können, wenn wir nachher das Ergebnis sehen, nicht mehr zuordnen, wer von den Dopern welche Sportart betrieben hat. Wir können auch nicht mehr zuordnen, wer da mit ja oder nein in Bezug auf die Doping-Frage geantwortet hat. Die hohe Anonymität ist dem Fall ein absoluter Nachteil. Wir können mit der Methode das Phänomen Doping nicht untersuchen, wir können lediglich die Prävalenz (Häufigkeit, Anm. d. Redaktion) etwas besser erfassen.
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Sportmediziner und Dopingforscher Prof. Dr. Dr. Perikles Simon
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