„The Biggest Loser“, aber wer ist der wahre Gewinner?

„The Biggest Loser“, aber wer ist der wahre Gewinner?

Jürgen Gießing, Professor für Sportwissenschaften an der Universität Landau

Fitness.com spricht mit der Ernährungsexpertin Petra Hottenroth über Sinn und Unsinn der Diät-Show


Das Konzept der Show „The Biggest Loser“ stammt aus den USA und ist von schlichter Einfachheit: 14 Kandidaten versuchen unter Anleitung eines Teams aus Ernährungsberatern und Fitnesstrainern, so viele Pfunde wie möglich zu verlieren. Am Ende einer Staffel, die sich über zehn Wochen erstreckt, gewinnt der Kandidat, der am meisten abgenommen hat, einen schönen Batzen Geld. Lässt man einmal außer Acht, dass hier adipöse Erwachsene – nicht nur ihre physischen – Problemzonen nur allzu öffentlich in der vagen Hoffnung auf Bares zur Schau stellen, stellt sich die Frage nach Sinn und Unsinn der Show für die Zuschauer, die vielleicht mit ähnlichen Gewichtsproblemen zu kämpfen haben wie die Kandidaten.

Wenn die Show „The Biggest Loser“ zur Sprache kommt, fällt Hottenroth, die in ihrem Beruf tagtäglich mit Menschen zu tun hat, die unter ihren Gewichtsproblemen leiden, als allererstes ein medizinischer Aspekt auf: „Ich habe mir eine Folge angesehen“, erklärt die Berlinern, „da mussten die Kandidaten einen Lastwagen ziehen.“ Das könne für Menschen, die aufgrund ihres Übergewichts an Bluthochdruck leiden, mitunter sehr gefährlich werden. „Und ich habe keine Ärzte gesehen, die hätten eingreifen können“, so Hottenroth.

Gegen die Diät, mit deren Hilfe bei den Kandidaten die Pfunde purzeln sollen, lasse sich eigentlich nichts einwenden. Bei „The Biggest Loser“ müssen die Übergewichtigen nämlich nicht hungern. Sie bekommen einen Ernährungsplan, an den sie sich halten müssen – die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten soll zum Ziel führen, nicht Friss-die-Hälfte oder ähnliche Ansätze. Und: Die Teilnehmer treiben viel Sport. Der normale Tagesablauf auf der Hazienda wird mit dem in der realen Welt der Kandidaten nur wenig gemein haben: Aufstehen, Frühstück, an den Ergometer oder zur Gymnastik, Mittagessen, danach Sonderaufgaben (wie zum Beispiel Traktorziehen), Krafttraining bis in die Abendstunden und Abendessen. Drei Mahlzeiten täglich gehören fest zum Programm, die Kandidaten sollen eben nicht hungern, sondern auf kalorienärmeres Essen umsteigen.

Dennoch warnt die Expertin: „Das Schwierige ist ja, diese Umstellung auch im Alltag zu schaffen, wenn man sich auch um Job und Familie kümmern muss, nicht nur innerhalb der Show“, so Hottenroth. Während der Show nämlich leben die Kandidaten abgeriegelt von ihrem Alltagsstress auf einer luxuriösen Hazienda, Fitnessstudio inbegriffen. Aber was, wenn man nach einem harten Arbeitstag nach Hause kommt, erst mal auf der Coach liegt und dann noch mal aufsteigen soll, um ins Kilometer entfernte Fitnessstudio oder zum Waldlauf zu eilen?

Der Sieger einer Show konnte in zehn Wochen von 191,6 Kilogramm auf 95 Kilogramm, also 96,6 Kilogramm, abspecken. Für Expertin Hottenroth mag es noch normal sein, wenn man im ersten Monat einer Diät etliche Kilogramm verliert. Danach sollten aber nicht mehr mehr als zwei Kilogramm pro Monat abgenommen werden. „Alles darüber ist nicht mehr gesund“, so Hottenroth – und verstärke im Übrigen nur den Jojo-Effekt danach.

Wie sieht es mit dem Punkt aus, dass die Kandidaten durch die mediale Aufmerksamkeit extrem unter Druck stehen? „Eine Art der Belohnung ist beim Abnehmen immer gut und gehört zu jeder Diät. Sei es ein finanzieller Anreiz der Krankenkasse oder über Lob und Anerkennung von Freunden und Verwandten“, sagt Hottenroth.

Allgemeine Tipps zum Abnehmen kann die Expertin nicht geben. „Das ist individuell sehr verschieden“, sagt Hottenroth. „Aber zuerst muss man mal feststellen, was überhaupt der Grund ist, warum jemand zu viel isst. Erst dann kann man geeignete Gegenmaßnahmen einleiten“, so Hottenroth. Darauf wurde indes bei „The Biggest Loser“ weniger Wert gelegt. Individualität drückte sich hier nur in Form von verlorenen Kilogramm auf der Waage aus.

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