Die meisten Menschen suggerieren mit dem Wort „Urlaub“ Palmen, Sonne, Strand, Meer und eine längst nötige Unterbrechung ihrer nervigen Arbeit. Das ist eine ganz normale Einstellung – jeder arbeitende Mensch braucht Pause und Erholung von der vorherigen Anstrengung!
Aufgrund meiner jahrelangen Aktivität in Internetforen, die zum Thema Fitness und Sport passen, fällt mir gerade in letzter Zeit aber ein paradoxer Trend auf: In zahlreichen Online-Trainingstagebüchern liest man ab etwa Juli immer häufiger Sätze wie diesen:
„So Leute, ich muss leider mit meiner Frau/Freundin/Familie zwei Wochen in den Urlaub fahren. Hab alles getan, dass das Hotel dort nen Kraftraum/Laufstrecke/Gymnastikhalle hat, war aber leider zu teuer. Finde ich total schrecklich, dass ich jetzt meinen schönen Trainingsplan unterbrechen muss … Aber lässt sich nicht vermeiden, muss wohl in 2 Wochen wieder von Null anfangen …“
Urlaub ist Urlaub und Training ist Training
Ich frage mich nach der Lektüre solcher Einträge dann oft: Was läuft da schief? 2 Wochen Sonne, Strand und Meer (respektive Berge, Frischluft und blühende Natur) in Aussicht und alles, was den Leuten dazu einfällt ist, dass sie möglichst schnell wieder in ihren Trainingsplan zurückwollen?
Was steckt da wohl dahinter?
Natürlich: Die Angst, nicht das Maximale aus seiner Aufopferung für das Training rauszuholen! Die Leistungsgesellschaft, in der wir leben, zwingt uns sowohl zum Vergleich mit anderen, als auch zu der Pflicht, alles Menschenmögliche für den eigenen Erfolg zu tun. Wer zu schlecht/doof/fachunkundig/unflexibel/schwach/ermüdungsanfällig ist, ist also selber dran Schuld! Einfache Sichtweise – fatale Wirkung. Ungeachtet der eigenen Vorlieben und genetische Voraussetzungen wird sich also auf Teufel komm raus am Besten orientiert, um diesen möglichst noch zu übertreffen. Überstunden und Übertraining werden bewusst in Kauf genommen, um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen – und wenn das nicht funktioniert, muss man eben noch mehr dafür tun!
Urlaub
Und dann kommt da so eine rüde Unterbrechung der eigenen Zielstrebigkeit daher: Urlaub. War das nicht die Sache, wo man wochenlang wie ein gestrandeter Wal im Sand rumliegt, nichts tut und mit mindestens 5 kg zuviel auf den Rippen ins Heimatland zurückkehrt? Das geht natürlich nicht! Womöglich bekommt der Körper dann ja noch Ruhe und wird träge, fett und leistungsschwach!
Sport und Leistung machen nur dann Sinn, wenn sie nicht Selbstzweck sind
Wer mich kennt, der weiß: Sport und Leistung machen nur dann Sinn, wenn sie nicht Selbstzweck sind, sondern das Leben erleichtern bzw. dessen Qualität erhöhen! Niemand tut sich einen Gefallen, wenn er den Marathon zwar unter 3 Stunden läuft, einen Volkslauf gewinnt oder einen 50er Oberarm hat, aber über dem Training und der Fokussierung seine Arbeit, Gesundheit, Familie und Freunde vergisst.
Möglicherweise wird eine solche sportintensive Phase zwar kurzzeitig vom Umfeld und der Gesundheit toleriert, doch führt sie mit fortschreitender Zeit immer mehr zu Komplikationen. Dies merkt man umso mehr in Zeiten, wie dem Urlaub. Wenn das Jahr über von Arbeit, Familienverpflichtungen und Alltag bestimmt waren, so bieten die 2 oder 3 Wochen Urlaub die langersehnte Erholungsphase. In diese kurze Zeit wird also alles reingepackt, was über das Jahr an Stress und Anstrengung angefallen ist und an kurzen Wochenende nicht regeneriert werden konnte.
Der Körper eines Menschen fordert diese Pause nicht umsonst! Wir sind keine Maschinen, die man nur mal kurz mit Strom versorgen muss und die dann ewig funktionieren, bis man sie irgendwann wegschmeißt. Wir sind bioaktive Individuen, deren Belastungsgrenze sich durch Training/Gebrauch nach oben verschieben kann, was allerdings dazu führt, dass der Körper eine gewisse Zeit der Ruhe zur Durchführung der Reparatur- und Aufbauarbeiten benötigt. Im Gegensatz zur Maschine können wir uns also weiterentwickeln – sowohl geistig, als auch körperlich. Vorausgesetzt, wir räumen unserem Körper Zeit zur Anpassung ein!
Wie kann man nun erkennen, ob man den Urlaub als willkommene Erholungspause für seinen sportlich beanspruchten Körper einsetzen sollte?
Zunächst mal sollte man sich nach den wirklich wichtigen Dingen im Leben fragen: Tue ich meinem familiären/freundschaftlichen Umfeld mit meinem Trainingspensum eine viel zu hohe Belastung an, bzw.: Kann ich noch ausreichend für meine Frau/Mann/Kinder/Freunde/Eltern da sein, um meine soziale Rolle so auszuführen, dass ich nicht nur Belastung für die anderen bin, sondern auch echte Unterstützung? Macht meine Gesundheit den vielen Sport überhaupt mit, oder ist mal eine Regenerationspause angesagt?
Erst danach sollte man sich tatsächlich trainingstechnische Fragen stellen! Denn wenn Zeit, Verständnis und/oder Unterstützung vorhanden sind, kann man im Urlaub trotz nicht vorhandener Trainingsstätten etwas für sein Training tun!
Im zweiten Teil dieses Artikels erfahren Sie mehr darüber, wie man auch auf andere Art und Weise seine Leistung im Urlaub erhalten, gegebenenfalls sogar erhöhen kann, ohne dass man sein alltägliches Training in dieser Form aufrechterhalten muss!
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