Mal Hand aufs Herz. Wer hat Anfang Juni bei der Europawahl nicht gewählt? Wohl eine ganze Menge, denn die Wahlbeteiligung lag europaweit bei mageren 43% (FAZ, 08.06.2009). Ein Zeichen dafür, dass sich kaum jemand mehr für Europa interessiert, mehr noch, die vorher europatreundlichen Länder drehen sich um 180 Grad und werden zunehmend europaskeptisch, wie das jüngste Beispiel der Niederlande zeigt.
Diese Fragen scheinen immer mehr EU-Bürger nicht mehr beantworten zu können. Der Euro, erweiterte Grenzen, erhöhte Mobilität, wie das Schengener Abkommen, welches seit 2008 auch in/ aus der Schweiz eine kontrollfreiere Ein-/ Ausreise ermöglicht, sind da sicherlich einige Beispiele, die alle Bürger direkt spüren und der EU zuschreiben. Aber wie kann man das theoretische Konstrukt EU, das für viele nur aus Unmengen Bürokratie und Reglementierungen besteht, greifbarer machen? Wie schafft es Brüssel, dass die EU für den Durchschnittseuropäer anschaulicher, fassbarer, verständlicher und interessanter wird?
Eine klare Antwort zu finden wird seit Jahren versucht. Milliardenbeträge wurden schon in Marketing und Werbemassnahmen investiert. Die ausbleibenden Ergebnisse spiegeln sich in den geringen Wahlbeteiligungen und einem steigenden Desinteresse wider. Weiterhin lautet das zentrale EU-Problem: Wie macht man etwas Theoretisches mehr praktisch? Die Antwort scheint eigentlich relativ einleuchtend: Mithilfe des Sports.
Schon Mitte der 80er Jahre erkannte die Europäische Gemeinschaft (EG) den bindenden Effekt des Sports und begann Sportveranstaltungen finanziell zu fördern. So wurden die Europäische Segelregatta und diverse andere Spitzenevents gefördert. Dieses Sportförderprogramm wurde aber nach kurzer Zeit wieder ausser Kraft gesetzt. Und zwar aus einem triftigen Grund: Die Europäische Gemeinschaft hatte keine legitime Kompetenz im Bereich des Sports. Das heisst also, dass der Sport in den Europäischen Verträgen nicht gesetzlich verankert war. Somit wurde das Sportsponsoring der EG eingeschläfert. Interessant ist, dass dieses Problem bis heute nicht gelöst ist.
Auch in dem momentan noch gültigen EU-Vertrag, dem sogenannten Nizza-Vertrag, erhält die EU keine legislative Berechtigung, um im Sportfeld aktiv zu werden. Allerdings enthält der kontrovers diskutierte und immer noch in der Warteschleife stehende Lissabonner-Vertrag erstmals einen Gesetzesartikel zum Sport. Dieser Artikel, sofern der Vertrag in Kraft tritt, würde der EU Unterstützungs- und Koordinierungsmassnahmen im Sport zugestehen und damit eine Grundlage zur finanziellen Sportförderung darbieten. Gilt jetzt diese Unmündigkeit auch im Fitness- und Gesundheitsbereich?
Adipositas, Bewegungsmangel, schlechte Ernährung und daraus resultierende Folgekrankheiten sind zentrale Probleme in Europa.
Die Europäische Kommission hat diese Missstände erkannt und dazu aufgerufen auf gemeinschaftlicher Ebene tätig zu werden (Weissbuch der Europäischen Kommission 2007: Ernährung, Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa). Anders als der Sport ist nämlich das Gesundheitswesen im EU-Vertrag gesetzlich festgeschrieben (Artikel 129 im Maastrichter-Vertrag). Die EUKommission ist berechtigt, die Initiative zu ergreifen. Das aktuelle noch bis 2013 laufende EU-Gesundheitsprogramm ist bspw. eine solche Initiative. Also sollte auch die europäische Fitnessbranche sich nicht den alleinigen Stempel "Sport" aufdrücken lassen, sondern in die Richtung Gesundheitsförderungsindustrie tendieren.
Durch u. a. gezielte präventive Massnahmen, gesundheitsfördernde Angebote, Ernährungsberatung und die Förderung eines bewussten Lebensstils, trägt die Fitnessbranche einen gehörigen Anteil dazu bei, gegen die oben erwähnten und von der Kommission erkannten Mlssstände.vorzuqehen. Um diesen Ansatz zu vertiefen und EU-Fördermittel einzustreichen, sollte sich die Branche verstärkt als Gesundheitsförderbranche offerieren. Um Fördergelder zu beantragen und zu erhalten, sind schon gewisse Voraussetzungen Pflicht. Die EU braucht Sicherheiten, Fakten, Garantien so, als würde man einen Kreidt bei der Bank beantragen. (Zusammenhänge zwischen Bankenkrise und EU sind an dieser Stelle nicht beabsichtigt Dabei ist die wichtigste Frage: Wie präsentiert sich denn die Fitness- und Gesundheitsbranche? Diese Frage öffnet mit einem Schlag eine Reihe weiterer tief greifender Probleme. Probleme von struktureller, organisatorischer und ideeller Art.
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