Sie hat ja Recht. Zwanzig Minuten pro Tag sollte man sich bewegen, sich körperlich anstrengen, Sport treiben. Besser noch, eine halbe Stunde. Sport tut gut, nach einem Work-out fühlt man sich ausgeglichen, zufrieden und man hat etwas für seine Gesundheit getan. Aber: Selbst ohne familiären Anhang ist mein Zeitplan ziemlich eng. Allein die Zeit, die es mich kosten würde, zum Fitness-Studio zu fahren, einen passenden Kurstermin zu finden und den entsprechenden Kurs auch zu besuchen. Nein, dann bleibe ich lieber auf dem Sofa. „Nur 30 Minuten!“. Ok. Ich melde mich bei der örtlichen „Mrs. Sporty“-Filiale und bekomme auch gleich den Termin für ein erstes Training. Als ich in den Bielefelder „Mrs. Sporty“-Club, einen von mittlerweile über 200 Trainingscentern, komme, bin ich positiv überrascht. Die Musik läuft in angenehmer Lautstärke, keine verkniffenen Trainingsgesichter zu sehen, keine weitläufigen und unübersichtlichen Gerätewälder, keine Muskelschau. Stattdessen stehen überschaubare acht Trainingsgeräte in einem Kreis, an ihnen stemmen und heben Frauen jedes Alters, mal konzentriert, mal bei einem Schwätzchen.
An diesem Morgen ist Nathalie Heyer für mein Probetraining zuständig. „Das Mrs. Sporty-Konzept beruht auf einem Zirkeltraining“, erklärt die junge Frau. In einem kreisförmigen Parcours aus acht Kraftgeräten, zum Beispiel Leg Press (Beine), Lat Pull (Oberkörper), Hip Abductor/Adductor (Schenkelmuskeln) oder Pec Deck/Fly (Brustmuskulatur) und acht Herz-Kreislaufstationen (Jogging-Plate, Step und Schwingstab) werden abwechselnd Muskeln und Ausdauer trainiert. „Insgesamt soll das Zirkeltraining dreimal absolviert werden“, erläutert mir Nathalie den Ablauf des Trainings, „das dauert ungefähr eine halbe Stunde“. Wir beginnen mit einer ersten Aufwärmrunde und lockerem Laufen auf der Jogging-Plate. Dann fordert eine rätselhafte Stimme aus dem Off zum Stationswechsel auf und ich sitze auf dem Gerät namens „Leg Pres“", der Beinstemme, bei dem ich – wie der Name sagt – meine Beine gegen ein Gewicht stemmen muss. Alle Kraftgeräte funktionieren über ein hydraulisches System, das den Widerstand jeweils anpasst.
Lästiges Geräteeinstellen wie man es aus anderen Fitness Anlagen kennt, entfällt. Nathalie begleitet meine Stationen, korrigiert, gibt Tipps und hat auch immer ein Auge auf die anderen Damen, die ihr Zirkeltraining schon routinierter absolvieren als ich. Nach der ersten Runde fühle ich mich, als könnte ich noch an hunderten von Stationen trainieren und bin voller Tatendrang. Wie einfach! Doch spätestens am Ende der zweiten Runde steigt auch meine Pulsfrequenz, ohne dass ich mich dabei völlig ausgepowert fühle. „Darum geht es bei uns“, beginnt Nathalie, als sie merkt, dass ich – obwohl untrainiert – am Ende des dritten Zirkels noch lange nicht an meinen Leistungsgrenzen bin. „Man sollte sich auf gar keinen Fall überanstrengen und hier völlig fertig rausgehen. Zwei- bis dreimal in der Woche eine halbe Stunde Zirkeltraining ist optimal“, erklärt sie und lächelt mich aufmunternd an. Ich denke schon wieder an meine knappe Zeit, als sie hinzufügt: „Als Mitglied kann man innerhalb der Öffnungszeiten kommen und gehen wann man möchte, zwischen zwei Terminen, in der Mittagspause, morgens oder abends, man ist sehr flexibel und hat doch die Kursatmosphäre, weil man nicht alleine trainiert“. Während ich meine drei Zirkel absolvierte, Muskelgruppen stärkte, steppte und joggte, habe ich die anderen Frauen beobachtet, die scheinbar mühelos alle Stationen abschritten, sich nebenher manchmal noch unterhielten und nach einer halben Stunde noch nicht einmal völlig verschwitzt und fertig den Zirkel verließen.
Auch Helga hat mit mir trainiert. Die 49-Jährige lobt die gute Mischung aus Ausgleich und Kraftsport. „Ich war schon in anderen Fitnessstudios, wo Leistung im Vordergrund stand, das hat mir nicht so gut gefallen. Hierher gehe ich mit einem guten Gefühl und kann abwechslungsreich und unter Anleitung trainieren. Je nachdem wie meine persönliche Tagesform ist. Das gefällt mir.“ Auch ich verlasse zufrieden den Bielefelder „Mrs. Sporty“-Club. Schon früh am Morgen habe ich das Bewegungsminimum erreicht und etwas Gutes für mich und meine Gesundheit getan. Ob ich mein Wohlgefühl der Bewegung oder dem Sieg über den Schweinehund und den Terminplaner verdanke? Wahrscheinlich beidem.
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