Sarkopenie: Mit 30 beginnt der Muskelschwund, also nicht erst im Altersheim

Sarkopenie: Mit 30 beginnt der Muskelschwund, also nicht erst im Altersheim

fotomacher_ch Pixabay

Wenn das Wort „Sarkopenie“ fällt, denkt der durchschnittliche Couchpotato mit einem Schokoriegel in der Hand reflexartig an Rollatoren, Reha-Sport und orthopädische Schuhe. Doch Sarkopenie ist kein exklusives Clubangebot für Menschen über 70 mit Rentnerausweis. Nein, dieses Phänomen – der schleichende Verlust an Muskelmasse – beginnt deutlich früher. So früh, dass manche ihren letzten Muskelzuwachs noch mit dem Gameboy in der Hand gefeiert haben. Wer sich nämlich nach dem 30. Geburtstag denkt: „Ich hab doch immer noch die gleiche Jeansgröße wie mit 20!“, der sollte mal prüfen, ob sich da nicht statt Quadrizeps inzwischen Quark im Oberschenkel breitgemacht hat.

Gleiche Kleidergröße, andere Inhaltsstoffe

Viele beruhigen sich mit der immergleichen Kleidergröße – ein Klassiker der Selbsttäuschung. Das ist ungefähr so, als würde man ein altes Haus mit neuen Tapeten renoviert nennen. Der Körper verändert sich, ob man will oder nicht. Und nein, das liegt nicht nur am bösen Stoffwechsel oder der Schwerkraft, sondern an der Tatsache, dass Muskelmasse nicht einfach bleibt, nur weil man sie einmal hatte. Aktuelle bioelektrische Impedanzanalysen zeigen, dass bereits ab dem dritten Lebensjahrzehnt kontinuierlich Muskelmasse verloren geht, wenn man nicht aktiv gegensteuert. Und nein, Netflix-Binge zählt nicht als Widerstandstraining – selbst wenn man die Chips-Packung mit maximalem Fingerdruck öffnet.

Hantel oder Haltlos? Deine Entscheidung

Sarkopenie ist mehr als ein kosmetisches Problem. Der Rückgang der Muskelmasse hat direkte Auswirkungen auf Mobilität, Stoffwechsel, Immunfunktion und die allgemeine Lebensqualität. Studien aus 2023 und 2024 zeigen, dass Krafttraining – nicht zu verwechseln mit „einmal den Einkaufswagen schieben“ – ein entscheidender Faktor ist, um die Lebensjahre nicht nur zu verlängern, sondern auch lebenswert zu halten. Wer also denkt, dass Muskeltraining nur was für testosteronschwangere Selfie-Machos in Tanktops ist, hat vermutlich auch geglaubt, dass Spinat wirklich wegen dem Eisen so gesund ist.

Keine Angst vor dem Fitnessstudio – Angst vor dem Pflegeheim!

Einige Mediziner empfehlen provokant „Geht endlich in die Muckibude!“. Und obwohl das Wort „Muckibude“ klingt wie eine Mischung aus Schweiß, Eiweißshake und toxischer Männlichkeit, haben sie damit nicht ganz unrecht. Denn die Alternative ist, nüchtern gesagt, ein schleichender Verlust an Lebensqualität. Wer heute keine Kniebeuge mehr schafft, wird morgen kaum mehr vom Klo hochkommen – mit oder ohne Designer-Badezimmer. Wichtig ist aber nicht der Ort des Trainings, sondern die Aktivierung der großen Muskelgruppen. Ob im Gym, im Wohnzimmer mit Wasserflaschen oder auf dem Spielplatz an der Reckstange – Hauptsache, der Muskel bekommt endlich wieder einen Grund, nicht beleidigt abzubauen.

Muskelschwund: Die stille Pandemie der Muskelarmut

Eine 2023 publizierte europäische Studie zeigt, dass über 40 % der über 50-Jährigen bereits in einem Zustand der „präklinischen Sarkopenie“ sind – ohne es zu wissen. Und das betrifft nicht nur Menschen mit chronischen Erkrankungen, sondern auch die, die sich ansonsten für „fit“ halten, weil sie sonntags spazieren gehen. Sarkopenie ist still, tückisch und im Gegensatz zu grauen Haaren nicht sichtbar – bis man plötzlich die Einkaufstüten nicht mehr heben kann oder die Treppenstufen zu Berggipfeln werden. Aber hey, dafür hat man immer noch Kleidergröße M, oder?

Testosteron, TikTok und Täuschung

In Zeiten von Fitnessinfluencern, die ihre Definition für Gesundheit mit einem Filter und einem Photoshop-Paket definieren, wird Muskelaufbau oft mit Posing verwechselt. Doch Muskelmasse ist keine ästhetische Nebensache. Sie ist metabolisch aktiv, schützt vor Insulinresistenz, Entzündungsprozessen und sogar vor neurodegenerativen Erkrankungen. Wer also denkt, er kommt ohne Krafttraining durchs Leben, sollte besser schon mal die Telefonnummer vom Sanitätshaus einspeichern. Denn Muskeln sind nicht nur sexy – sie sind medizinisch gesehen lebensverlängernde Organe.

Zusammengefasst: Sarkopenie ist kein Altersproblem – es ist ein Bewegungsproblem. Wer heute keine Zeit fürs Training hat, wird morgen Zeit für Reha, Osteoporose und Rollator-Einweisung haben. Und wer glaubt, mit 35 sei man noch zu jung für Muskelschwund, hat vermutlich auch gedacht, dass Zahnseide nur was für Spießer ist. Muskelaufbau schützt nicht nur vor Sarkopenie, sondern auch vor der unausweichlichen Wahrheit, dass „fit“ nicht gleich „schlank“ ist. Sondern stark, belastbar und unabhängig – selbst im hohen Alter. Und das erreicht man nicht durch Wünsche, sondern durch Wiederholungen. Also runter von der Couch, rein in die Bewegung – egal ob Muckibude oder Muckis auf dem Balkon. Hauptsache, du gibst deinen Muskeln einen Grund, zu bleiben.

Quellen:
European Journal of Clinical Nutrition, 2023: Muscle Mass Loss and Lifestyle Interventions in Middle Age
Journal of Gerontology: Biological Sciences, 2024: The Role of Resistance Training in Preventing Sarcopenia
Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin, 2024: Krafttraining in der Prävention degenerativer Erkrankungen

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