Die Russen mit ihrem atemberaubenden Tempo Fußball begeistern ganz Europa. Doch woher haben Spieler – allen voran Asharwin und Zirkow - die Fähigkeit Schnelligkeit, Ausdauer und Kraft zu vereinen? Das Geheimnis trägt einen Namen: Raymond Verheijen, der Konditions- und Fitness Trainer der russischen Nationalmannschaft.
Die wirklich wichtigen Entscheidungen werden von der Öffentlichkeit oft nicht wahrgenommen. Als Guus Hiddink das Amt des Cheftrainers der russischen Nationalmannschaft übernahm, wurde viel über sein astronomisches Jahressalär spekuliert, aber so gut wie gar nicht über seinen Mitarbeiterstab berichtet, der einen großen Teil des angeblichen Gehalts ausmachte. Für Kondition und Fitness zeichnete schon damals Raymond Verheijen verantwortlich. Der erst 37jährige Holländer sorgte bereits Fußball-WM 2002 in Süd-Korea dafür, dass die südkoreanische Nationalmannschaft ihre spielerischen Defizite läuferisch kompensierte. Die Fußballwelt nahm es war, erklärte sich aber die überlegene Fitness des koreanischen Teams mit den klimatischen Bedingungen im subtropischen Asien und dem Leistungsschub, den Heimmannschaften üblicherweise vor eigenem Publikum entwickeln. Beide Erklärungen sind durch die beindruckende Spielweise der Russen widerlegt. Es ist ein kühler Sommer in Europa und die russischen Fans stellen nie die Übermacht in den Stadien dieser Europameisterschaft.
Die Grundlagen der körperlichen Überlegenheit hat Raymond Verheijen im EM Trainingslager gelegt und zwar spielerisch. Der Fitness Trainer setzt auf ganzheitliche Übungen mit Ball, die sehr nah an realen Spiel Situationen orientiert sind. Während das „Prinzip Klinsmann“ die einzelnen Bereiche Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit isoliert in eigenen Übungen trainiert, setzt Hiddink und sein Fitness Trainer Verheijen auf Spielformen, in denen die Fußballer alle drei Bereiche gleichermaßen trainieren. Die Übungen auf dem Trainingsplatz wirken banal: Vier gegen Vier oder Fünf gegen sieben Nationalspieler spielen gegeneinander. Diese Spielform beinhaltet permanente Bewegung und taktisches Verständnis. Bei Balleroberungen müssen die russischen Spieler im Trainingspiel sofort offensiv ausschwärmen und bei Ballverlust sofort auf Defensive umschalten. Das russische Kleinfeld Training mutet an wie temporeicher Hallenfußball, nur dürfen die Spieler nicht im fliegenden Wechsel auf die Bank, sondern müssen durchspielen. Es ist die perfekte Taktik, die aber kaum eine Mannschaft durchhält, bis die Russen im Viertelfinale das Gegenteil bewiesen haben.
Nach jedem gewonnenen Zweikampf schwärmten die russischen Spieler einem Geschwader gleich im vollen Sprint aus. Der Ball führende Spieler hat immer mindestens zwei Anspielstationen, die sich zudem in einem ständigen Bewegungsfluss befinden. Wird ein Fehlpass gespielt, ziehen sich diese nach vorne gesprinteten Spieler im gleichen Tempo zurück. Dass die russischen Spieler diese Leistung über 90 Minuten vollbringen, haben sie Raymond Verheijen zu verdanken – und natürlich dem Chefcoach Guus Hiddink, der den Fähigkeiten seines Fitness Trainers vertraut. Von diesem Wissen können auch andere profitieren. Raymond Verheijen lehrt an der freien Universität Amsterdam an der Fakultät für Bewegungswissenschaften und hat ein Buch veröffentlicht: „Handbuch für Fußballkondition“ lautet der schlichte Titel, hinter dem allerdings die Grundlagen für so manchen großen Sieg schlummern.
foto: www.bfpversand.de
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