Wenn man sich einmal von dem seit den frühen 90er Jahren äußerst anrüchigen Begriff „Bodybuilding“ nicht in die Irre einer drogenverseuchten Freak-Subkultur führen lässt und einen etwas genaueren Blick auf die Entwicklung der Szene in den letzten Jahren wirft, so wird man feststellen, dass parallel zum strikt leistungsorientierten Wettkampfbodybuilding (welches mehr von der Show, als von der tatsächlichen Leistung lebt) eine weitere, in hohem Maße die Gesundheit fördernde Variante des Hantelsports Eingang in die Herzen der Boybuilder, welche sich nicht mehr von den neuesten Entwicklungen der Pharmaindustrie in den Adoniskomplex hetzen lassen, gefunden hat: die Rede ist von Natural Bodybuilding.
Natural Bodybuilding bleibt zwar dem Grundgedanken des Bodybuildings, dem Streben nach Aufbau der Muskelmasse, dem Absenken des Körperfettgehaltes und dem Erreichen einer symmetrisch-muskulösen Körperlinie, treu, verzichtet dabei jedoch auf sämtliche leistungssteigernde chemische Substanzen, insbesondere anabole Steroide, Diuretika (Entwässerungsmittel), Insulin („Masthormon“) oder Wachstumshormone.
Auswirkungen dieser drogenfreien Praxis liegen auf der Hand: die in Muskelmagazinen propagierten Körperformen sind entweder nicht, oder nicht so schnell erreichbar, wie glauben gemacht. Es kann nicht so oft trainiert werden, da die Regenerationszeiten länger sind, als bei Steroid-Stefan und Anabolika-Andreas.
Eine Fülle von Vorteilen!
Zu den wenigen, meist psychisch verursachten Nachteilen des naturalen Muskeltrainings gesellen sich eine Fülle von Vorteilen! Durch eine nicht künstlich erhöhte Eiweißstoffwechselrate fällt auch die nötige Proteinzufuhr nicht so übertrieben aus, wie es mancherorts empfohlen wird. 2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht sind mehr als ausreichend. Dementsprechend werden die Ausscheidungssysteme des Körpers nicht ständig überlastet.
Ein weiterer sehr großer Vorteil ist die wesentlich geringere Belastung auf Sehnen und Gelenken.
Da letztgenannte eine viel geringere Wachstumsgeschwindigkeit als Muskelgewebe haben, limitieren sie im naturalen Training das Gesamtwachstum. Würden sie das nicht tun, wie es im nichtnaturalen Bereich ist, so ziehen immer stärker werdende Muskeln an relativ gesehen immer schwächeren Sehnen und Gelenken. Die Folge sind teilweise irreparable Schäden. Dies betrifft auch die Haut, die bei entsprechender Veranlagung zu einer Vielzahl an Dehnungsstreifen neigt.
Im psychischen Bereich lässt sich ein weiterer, unschlagbarer Vorteil finden.
Muskelwachstum, dass drogenfrei erlangt wurde, ist allein aus Trainingsfleiß und Anstrengung entstanden. Ohne Eingriff von außen ist man selbst durch Motivation und Eigenleistung für seine Erfolge verantwortlich. Was man selbst geschafft hat, macht stolz – und das zurecht!
Es lassen sich noch viele weitere Vorteile finden, die sich größtenteils aus den riesigen Nachteilen des pharmazeutischen Konsums ergeben: der Eingriff in den Hormonhaushalt des Körpers, damit einhergehend Veränderung des Aggressionsverhaltens, der Selbsteinschätzung, des Sexualverhaltens, des Haarwachstums, etc.; die Abhängigkeit von der Droge zum Erhalt der Muskelmasse und nicht zuletzt die immensen Kosten oder der Strafverfolgungsdruck, wenn man sich die verschreibungspflichtigen Medikamente illegal beschafft hat.
Eine der großen Fragen, die sich die Gemeinde der natural trainierenden Bodybuiler stellt, ist die nach dem maximal möglichen Muskelaufbau bei gleichzeitig niedrigem Körperfettgehalt. Prinzipiell ist dies eine höchst individuelle Sache, es gibt jedoch eine Art Berechnung, welche Rückschlüsse auf die natürliche genetische Grenze zulässt.
FFMI (Fettfreier Masse-Index)
Die Wissenschaft kennt hierzu den sogenannten FFMI (Fettfreier Masse-Index), welcher sich aus der fettfreien Masse des Körpers (Körpergewicht minus Fettgewicht) und einigen weiteren Komponenten zusammensetzt. Untersuchungen aus der vorsteroidalen Zeit (bis 1959) haben ergeben, dass genetisch Bevorzugte maximal einen FFMI von 26 erreichen können. Alles, was bei einem Menschen darüber liegt, kann kaum mehr auf natürlichem Weg erreicht werden. Wenn wir also einen Körperfettgehalt von 10 % annehmen (sehr ordentliche Form), so ist für einen genetisch gesegneten Mann von 1,75 m Größe ein Gewicht von 87 kg möglich, wäre er 1,80 m groß, so sind es etwa 93 kg.
Die angegebenen Zahlen verschieben sich natürlich etwas nach unten, je weniger verschwenderisch Mutter Natur mit den genetischen Voraussetzungen des Einzelnen umgegangen ist.
Wie ein solcher Körper in Wettkampfform in Natura aussehen kann, zeigt uns die GNBF – die German Natural Bodybuilding Federation. Diese Organisation trägt Natural-Bodybuiling-Wettkämpfe in Deutschen Meisterschaften aus. Ihr Gründervater, Berend Breitenstein, ist selbst Athlet und erfolgreicher Buchautor. Schaut man sich die dort vertretenen Sportler an, so muss jeder mit Respekt feststellen:
Es ist bemerkenswert, was allein durch extreme Motivation, Fleiß, Durchhaltevermögen und viel Willen erreichbar ist!