Mit Kopf und Körper...

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Interview mit Nationalspielerin Simone Laudehr


Shanghai. Simone Laudehr vom FCR Duisburg gilt als größtes Talent im deutschen Frauenfußball. Bei der Weltmeisterschaft in China stellt die 21 Jahre alte Mittelfeldspielerin ihre Befähigung derzeit unter Beweis. Obwohl mit nur drei Länderspielen zum Turnier gereist, ist die dribbelstarke und kämpferische beherzte Laudehr seit dem ersten Spiel unumstrittene Stammkraft in der Schalzentrale neben Renate Lingor.


fitness.com:
Frau Laudehr, Sie sind die Spielerin mit den wenigsten Länderspielen im deutschen WM-Kader. Sie waren mit gerade mal drei Einsätzen für das Team nach China gereist. Und jetzt stehen Sie am Sonntag im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft. Haben Sie schon realisiert, was gerade passiert?


Simone Laudehr:
Es ist ein total geiles Gefühl, das hier miterleben zu dürfen. Aber ich kann noch nicht so richtig einordnen, was gerade so vor sich geht.


fitness.com:
Dann versuchen Sie doch mal einzuordnen!


Simone Laudehr:
Ich freue mich einfach total. Es ist doch irgendwie Wahnsinn, dass ich bei meinem allerersten großen Turnier mit der Nationalmannschaft in den bisherigen Spielen in der Startaufstellung gestanden habe und direkt ins Finale komme. Ich bin ja erst 21 Jahre alt und kann jetzt am Sonntag vielleicht schon diesen Pott da in den Händen halten. Das ist ein unbeschreiblich gutes Gefühl.


fitness.com:
Sie sind neben Melanie Behringer und ihren Clubkameradinnen Annike Krahn und Fatmire Bajramaj eine der drei jungen Wilden im Team. Birgit Prinz hat während des Turniers mehrfach betont, dass der frische Schwung durch die Jungens her wichtig war für den titelverteidiger. Was haben die Jungen, was die Alten nicht haben?


Simone Laudehr:
Wir haben den besseren Musikgeschmack. Nein, im Ernst: Wir haben im Team einfach die richtige Mischung aus erfahrenen Spielerinnen und uns Jungen. Wir können uns bei den Alten immer mal wieder anlehnen, dafür geben wir einen Schuss Unbekümmertheit zurück.


fitness.com:
Können Sie denn wirklich unbekümmert sein, wenn Sie plötzlich statt vor 1000 Zuschauern in Duisburg vor 50000 Zuschauern in einem chinesischen Stadion und einem Millionenpublikum vor dem Fernseher spielen?


Simone Laudehr:
Das Publikum nehme ich nicht als Druck wahr. Ich finde das nur stimulierend. Aber tatsächlich musste ich in dem Turnier erst mal lernen, meine eigenen Erwartungen an mich etwas zurückzufahren, damit ich wieder unbekümmerter spielen kann.


fitness.com:
Was heißt das genau?


Simone Laudehr:
Ich habe im Auftaktspiel gegen Argentinien überhaupt nicht ins Spiel gefunden, obwohl wir beim 11:0 sehr leichtes Spiel hatten. Da habe ich mir nachher schon sehr viele Gedanken gemacht. Zum Glück hat mir unsere Trainerin Silvia Neid dann aber noch eine Chance gegeben im zweiten Spiel gegen England. Da lief es dann schon besser.


fitness.com:
Ihr Team hat nun in fünf Spielen 19:0 Tore rausgeschossen. Kann denn jetzt noch was schiefgehen?


Simone Laudehr:
Klar, wir haben ja am Sonntag einen Gegner. Aber es ist schon eine Riesenleistung von uns, dass wir in fünf WM-Spielen unseren Kasten sauber gehalten haben. Das muss man erst mal schaffen.


fitness.com:
Wie haben Sie das geschafft?


Simone Laudehr:
Ganz einfach: Bei uns kämpfen alle für einen und einer für alle. Wir geben keinen Zentimeter Rasen verloren.


fitness.com:
Und Sie sind beim Kämpfen immer mittendrin. Keine deutsche Spielerin wurde bisher öfter gefoult und keine musste so oft wie Sie behandelt werden. Haben Sie denn irgendwelche schlimmeren Blessuren?


Simone Laudehr:
Nein, das sind immer nur kleine blaue Flecken. Das ist eben mein Spiel, dass ich mich furchtlos in jeden Zweikampf stürze. Diese Eigenschaft muss ich in die Mannschaft einbringen, damit ich dem Team weiterhelfen kann. Also muss ich auch manchmal ein Foul und kleinere Schmerzen in Kauf nehmen.


fitness.com:
Sie haben Ihre WM-Teilnahme selbst gefährdet, weil Sie sehr lange auf Nominierungen für die A-Nationalmannschaft verzichtet haben wegen des Endes Ihrer Ausbildung. Können Sie eigentlich jetzt Ihr Glück fassen?


Simone Laudehr:
Ich habe immer gesagt, dass ich erst meine Ausbildung abschließe, bevor ich mich noch mehr auf den Fußball konzentriere. Ich hatte dabei immer im Kalkül, dass ich mir selbst erst für Olympia 2008 eine Chance auf einen Stammplatz ausgerechnet habe. Dass ich es jetzt so schnell geschafft habe, ist einfach nur sensationell.


fitness.com:
Wie geht das WM-Finale aus?


Simone Laudehr:
Wenn wir so spielen wie in den vergangenen Spielen, dann sind wir nur sehr schwer zu schlagen.



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