Krafttraining mit Jugendlichen und Kindern

Krafttraining mit Jugendlichen und Kindern

foto: Polyband Medien GmbH
Während Krafttraining seinen gesundheitlichen Stellenwert beim Erwachsenen mittlerweile durch etliche Studien und eine gewisse gesellschaftliche Anerkennung manifestiert hat, wird Krafttraining im Kindes und Jugendalter immer noch sehr konträr betrachtet.

Die Behauptungen reichen von einem geringem oder nicht vorhandenem Muskel- und Kraftzuwachses bis hin zur Beeinträchtigung des Wachstums und einer erhöhten Verletzungsanfälligkeit. Die Evidenzbasis zu diesem Thema ist allerdings alles andere als ausgereift. Dokumentationen darüber, dass beim Krafttraining Schäden an den Epiphysenfugen(Wachstumsfugen des Knochen) entstehen sind sehr selten und stets Einzelfallstudien die sich noch dazu auf unbeobachtete Trainingsunfälle beim Gewichtheben beziehen. Es gibt weltweit keine Studie, die solche Epiphysenverletzungen bei einem kontrollierten und dosierten Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen nachweist.

Sicherlich sind diese Epiphysenfugen sowie der Wachstumsknorpel beim Heranwachsenden durch die mangelnde Ossifizierung (Verknöcherung) verletzungsanfälliger als beim Erwachsenen, aber wenn man den Impact (Aufprallstoss) eines Sprunges beim Sport oder im Alltagsspiel mit den Kräften vergleicht, die z.B. bei einer Kniebeugeübung auftreten, schneidet ein kontrolliertes Krafttraining deutlich besser ab. Weiterhin ist bisher nicht geklärt, ob seltenere sehr hohe Belastungen (Niedersprünge) oder häufigere hohe Belastungen (Kniebeugeübungen) den Knorpel ungünstiger belasten.

Für den Trainer ist es wichtig zu wissen, dass der Körper des Jugendlichen speziell in der Phase des schnellsten Wachstums (Jungen 12, Mädchen 14) anfälliger für Verletzungen oder Überlastungsschäden ist. Durch das schnelle Wachstum sind die Knochen etwas „abgeschwächt“ und häufig treten muskuläre Dysbalancen zwischen Beugern und Streckern eines Gelenkes auf. Der Sehnenapparat wird durch das schnelle Knochenwachstum ebenfalls sehr stark gespannt und stellt somit ein weiteres Risiko für Überlastungsschäden dar. Der Trainer sollte die „Wachstumsschmerzen“ also durchaus ernst nehmen und sowohl die Trainingsintensitäten etwas zurücknehmen als auch die Regenerationszeiten etwas verlängern.

Zahlreiche Studien haben eine Kraftsteigerung bei Kindern und präpubertären Jugendlichen nachgewiesen und vor allem die neuronalen Anpassungsprozesse dafür verantwortlich gemacht. Die beim Jungen mit der Pubertät steigenden Testosteronwerte (männliches Wachstumshormon) werden mit einer deutlichen Zunahme der Muskelmasse in Verbindung gebracht aber letztlich ist nicht ganz auszuschließen, dass auch in der präpubertären Phase eine gewisse Hypertrophie (Muskelwachstum) einsetzen kann, da die bisherigen Studien nur begrenzte Studienzeiträume und auch nur gewisse Intensitäten überprüft haben.

Während der Pubertät erhöht sich der Testosteronspiegel bei Frauen nicht und trotzdem ist gerade in der adoleszenten Phase auch von einem gewissen Muskelzuwachs auszugehen. Hier sollte man beachten, dass höchstwahrscheinlich nicht nur das Testosteron auf das Muskelwachstum einen Einfluss hat, sondern auch diverse andere Hormone und Wachstumsfaktoren wie z.B. „insulin like growth factor“ (IGF1) und „growth hormone“ (GH).

Steigende Kraftverhältnisse bei Kindern und Jugendlichen können verschiedene positive Auswirkungen wie zum Beispiel verbesserte sportmotorische Fähigkeiten, höhere Knochendichte (Osteoporoseprophylaxe) und optimale Körperzusammensetzung, bessere cardiorespiratorische Fitness und Blutfettwerte sowie eine gute Körperhaltung und stabile Gelenke bedingen.

In den meisten Lehrbüchern stellen die Autoren das Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht als ultima ratio dar, ohne dabei zu beachten, dass viele gar nicht in der Lage sind ihr eigenes Körpergewicht zu stützen oder gar klimm zu ziehen. Aus diesem Grunde haben sogar einige Gerätehersteller spezielle Kinderkraftgeräte entwickelt, an denen ein adäquates und vor allem ein kindgerechtes Training mit Überwachung durchführbar ist.
Ein gezieltes Krafttraining hat sich außerdem in der Therapie von übergewichtigen Jugendlichen und Diabetikern als sehr wirksam erwiesen.

Im folgenden sind einige Tipps für das Training mit Kindern und Jugendlichen zusammengefasst:

Bevor Sie mit dem Training beginnen, lassen Sie das Kind sportärztlich auf medizinische Kontraindikationen bzw. muskuloskeletale Defizite untersuchen

Klären Sie die Eltern der Kinder über den gesundheitlichen Benefit eines kontrollierten Krafttrainings gegenüber anderer „verletzungsintensiverer“ Sportarten auf.

Teilen Sie das Training in möglichst abwechslungsreiche Perioden auf das ganze Jahr verteilt auf um es interessant, herausfordernd und nicht LANGWEILIG zu gestalten.

Achten Sie auf eine ausreichende und ausgewogene Nährstoffzufuhr.

Der Trainer sollte über die biologischen Entwicklungsprozesse beim Heranwachsenden informiert sein (Kinder sind keine Mini-Erwachsenen)!

Regen Sie die Kinder zu weiteren, möglichst vielfältigen sportlichen Aktivitäten an.

Die Kinder sollten nicht gedrängt werden oder gegen ihren Willen trainieren.

Erläutern Sie in einfachen Worten die Vorteile, die ein Krafttraining birgt.

Beim Training im Kindes und Jugendalter geht es vor allem um das Erlernen der sportlichen Technik und nicht primär um den Kraftzuwachs.

Verwenden Sie verschiedene Methoden wie leichte Lang- und Kurzhantel, Therabänder oder spezielle Kraftgeräte in Kindergröße.

Versuchen Sie das Training (vor allem vor der Pubertät) möglichst spielerisch zu gestalten ohne einen zu starken Wettkampfcharakter einzubringen.

Abschließend betrachtet ist gegen ein kontrolliertes und adäquates Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen nichts einzuwenden. Eine gute Ausbildung der Trainer bzw. Sportlehrer vorausgesetzt, steht einem Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen aus medizinischer, biomechanischer und sportwissenschaftlicher Sicht nichts entgegen.


Stephan Geisler ist Dozent an der Deutschen Sporthochschule Köln, Fachgebiete Fitness Krafttraining. Er bietet Personal training an für die verschiedensten Sportarten, Lauftraining Fussball, Basketball, Fitness, Tennis, Radsport, Leichtathletik - Auch für Freizeitsportler, bei Rückenproblemen und zur Gewichtsreduktion weiß er Rat

Stephan Geisler bietet Personal Training an, sowie Seminare und Inhouse Coachings in Fitness-Studios und Gesundheitszenren.


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