Krafttraining mit Herz-Kreislauf Patienten und Hypertonikern /Bluthochdruck

Krafttraining mit Herz-Kreislauf Patienten und Hypertonikern /Bluthochdruck

Die akute Blutdruckreaktion beim Krafttraining stellt ein nicht zu unterschätzendes gesundheitliches Risiko dar. Insbesondere für Menschen mit Hypertonie (Bluthochdruck) und/oder koronarer Herzkrankheit können die durch Krafttraining verursachten Druckbelastungen gefährlich sein. Diese Thematik gewinnt angesichts der steigenden Zahl von Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zunehmend an Bedeutung. Eine differenzierte Betrachtung der potenziellen Risiken und Vorteile ist daher unerlässlich.

Die Verbreitung von Bluthochdruck und ihre Bedeutung für das Krafttraining

Laut einer internationalen Studie, die in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut in Berlin durchgeführt wurde, hat jeder zweite Erwachsene zwischen 35 und 64 Jahren Blutdruckwerte über 140/90 mm Hg, welche als Schwelle für eine medikamentöse Behandlung gelten. Diese hohe Prävalenz von Bluthochdruck unterstreicht die Notwendigkeit, das Krafttraining als potenziellen internistischen Risikofaktor sowohl im Bereich der präventiven und rehabilitativen Kardiologie als auch im Breiten-, Fitness- und Leistungssport ernst zu nehmen. Die Anpassung der Trainingsprogramme an die individuellen Gegebenheiten der Trainierenden ist daher von entscheidender Bedeutung.

Physiologische Reaktionen und die Ökonomisierung der Muskelarbeit

Gerade bei Hypertonikern und Koronarkranken ist es von zentraler Bedeutung, durch gezieltes Training eine Ökonomisierung der peripheren Muskelarbeit zu erreichen (HOLLMANN et al. 1983, 21). Dies bedeutet, dass eine möglichst hohe Muskelleistung bei einer möglichst geringen Druck- und Frequenzbelastung des Herz-Kreislauf-Systems erbracht werden sollte. Beim herkömmlichen, kontinuierlichen Krafttraining wurden jedoch teilweise extrem hohe Blutdruckreaktionen beobachtet, die für Risikopatienten problematisch sein können. Daher ist es wichtig, alternative Trainingsmethoden und -gestaltungen zu berücksichtigen. Eine solche Ökonomisierung kann beispielsweise durch eine angepasste Übungsauswahl, die Vermeidung von Pressatmung und die Berücksichtigung von Pausenzeiten erreicht werden.

Studien und Beobachtungen zu Blutdruckreaktionen beim Krafttraining

Verschiedene Studien haben die akuten Blutdruckreaktionen beim Krafttraining untersucht. MACDOUGALL (1985, 788) konnte vereinzelt Blutdruckspitzenwerte von bis zu 480/350 mmHg beim Krafttraining feststellen, wobei die Probanden erfahrene Bodybuilder waren, die die Pressatmung (Munddruckwerte von 30-50 mmHg) anwandten. Selbst bei dynamischen Liegestützen (mit dem eigenen Körpergewicht) wurden systolische Blutdruckwerte von 250-270 mmHg gemessen (ROST 1984, 21). Beim Dehnen eines Expanders wurden Werte von 220/120 mmHg gemessen (HOLLMANN 1987, 412). Auch alltägliche Belastungen, wie das Tragen eines schweren Koffers über einen längeren Zeitraum, können Blutdruckwerte von 300/180 mmHg hervorrufen (VÖLKER 1989, 43). Diese Ergebnisse verdeutlichen das Potenzial für erhebliche Blutdruckanstiege im Zusammenhang mit körperlicher Anstrengung. Diese extremen Werte sind jedoch meist auf spezielle Umstände zurückzuführen, wie die Pressatmung oder sehr hohe Belastungsintensitäten. Es ist wichtig zu betonen, dass diese Werte nicht die typische Reaktion auf moderates Krafttraining darstellen.

Faktoren, die den Blutdruckanstieg beeinflussen

Die Höhe des Blutdruckanstiegs ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Zu diesen gehören die Belastungsintensität (ZERZAWY 1987, 38), die Größe der aufgebrachten Kraft (WESTCOTT/HOWES 1983, 71), die Dauer der statischen Kontraktionsphase (HETTINGER 1983, 165), die beanspruchte Muskelmasse (ROST 1989, 10), die Anwendung der Pressatmung (HOLLMANN/HETTINGER 1990, 383), das Schlagvolumen und der periphere Widerstand des Gefäßsystems (HECK 1990, 87) sowie das Blutvolumen (HOLLMANN/HETTINGER 1990, 383) und der Elastizitätskoeffizient der Arterien (Windkesselfunktion) (HOFFMANN 1993, 154). Das Zusammenspiel dieser Faktoren bestimmt die individuelle Blutdruckreaktion auf das Krafttraining. Beispielsweise führt eine hohe Belastungsintensität in der Regel zu einem stärkeren Blutdruckanstieg als eine geringe Intensität. Auch die Pressatmung, bei der die Luft angehalten und gegen einen Widerstand ausgeatmet wird, kann den Blutdruck stark erhöhen. Ebenso spielt die Dauer der Muskelanspannung eine Rolle: Längere statische Kontraktionen führen tendenziell zu höheren Blutdruckwerten.

Empfehlungen für das Krafttraining bei Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR PRÄVENTION UND REHABILITATION (1994, 322) sieht im Krafttraining für Herzpatienten aufgrund des potenziell überproportionalen Blutdruckanstiegs zwar eine Gefährdung, hält aber niedrige Kraftbeanspruchungen von 30-50% Intensität bei konsequenter Vermeidung der Pressatmung für sinnvoll. Der hohe Blutdruckanstieg, für den die genannten Faktoren verantwortlich sein können, wird mit dem physiologischen Versuch des Kreislaufsystems erklärt, der transmuralen Kompression der Blutgefäße durch die Muskulatur entgegenzuwirken und den arbeitenden Muskeln dennoch eine ausreichende Blutversorgung zu gewährleisten (ROST, 1984, 17). Hohe Belastungen können durch die resultierenden hohen Druckanstiege für Koronarpatienten oder Hypertoniker gefährlich werden (ROST, 1984, 25). HETTINGER (1983, 164f) konnte bei jungen Männern (20-29 Jahre) keine direkte Abhängigkeit der Blutdruckreaktion von der Höhe der Muskelanspannung, sondern vielmehr von der Dauer der Anspannung nachweisen. Da die Anspannungsdauer bei einem Krafttraining mit geringerer Intensität tendenziell länger ist als bei höheren Lasten, können auch bei „leichtem“ Krafttraining erhöhte Blutdruckwerte auftreten. BAUM et al. (2003) zeigten mit Hilfe einer indirekten Blutdruckmessung (FINAPRES), dass bei einem Krafttraining mit hoher Intensität (70-80 % 1RM) und intermittierenden Pausen zwischen den Wiederholungen der Blutdruckanstieg geringer ausfiel als bei kontinuierlichen Kontraktionen (continuous tension) mit 50 % 1RM. Dies deutet darauf hin, dass neben der Intensität auch die Gestaltung der Pausen eine entscheidende Rolle für die Blutdruckreaktion spielt. Es ist wichtig zu betonen, dass die in der genannten Studie verwendeten Blutdruckwerte indirekt gemessen wurden (FINAPRES, Ohmeda 2300, Englewood USA).

Die nicht invasive Methode (FINAPRES) der Blutdruckmessung wird als die genaueste indirekte Messung angesehen allerdings ist sie im Vergleich zur invasiven – intraarteriellen  /invasiven Blutdruckmessung immer noch als nicht vollkommen adäquat zu bewerten. Ausserdem kann durch eine periphere Messung z.B. an der Fingerspitze aufgrund der peripheren Druckveränderung nie der tatsächliche, reelle Blutdruck gemessen werden. Vergleichende Studien haben gezeigt, das relativ große Abweichungen der Messergebnisse vorkommen können.

Fazit: Krafttraining bei Menschen mit evtl. Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder koronarer Insuffizienz kann problematisch sein und ist deshalb mit Vorsicht zu geniessen. Wichtig vor jeder Trainingseinheit ist das Messen des Blutdrucks und wenn die Werte zu hoch sind, lieber mal eine Trainingspause einlegen.

Weiterhin wird empfohlen die Pausen zwischen den Trainingssätzen als lohnende Pausen anzusehen und ggf. mit leichter, aktiver Pausengestaltung zu verbringen. Krafttraining ist gerade im Alter ein sehr gutes Mittel die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern und zu erhalten, muss allerdings aus den o.g. Gründen kontrolliert durchgeführt werden.

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