Weniger Krankentage durch Muskelaufbautraining
Das Kreuz mit der Volkskrankheit Rückenschmerzen 50-80% der Deutschen kennen die Symptome. Schmerzen vor allem im Lendenbereich, Ausstrahlungen in den Beinen bis hin zu Taubheitsgefühlen in den Zehen.
Rückenschmerzen sind der häufigste Grund für einen Arztbesuch. Diese Beschwerden liegen laut Erhebungen der Betriebskrankenkassen mit etwa 30% an der Spitze der krankheitsbedingten Ausfallzeiten. 60 Millionen Fehltage jährlich belasten die Kostenseite der Unternehmen.
Rückenschulkurse, Wirbelsäulengymnastik und richtiges Heben und Tragen waren und sind die Methoden, die Unternehmen, meist in Kooperation mit Krankenkassen, präventiv einsetzen. Wenn es dann noch zwickt, kommen Spritzen, Massagen und zeitlich begrenzte physiotherapeutische Massnahmen von der kurativen Seite her zum Einsatz. Und wenn’s dann immer noch zwickt, hat man ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom, mit dem man eben leben muss.
Krafttraining verbessert die Gesundheit
Dies wusste schon Konfuzius, der vor über 2000 Jahren Krafttraining betrieben haben soll. Älter noch sind die Wandbilder aus dem antiken Ägypten (ca. 3000 v. Chr.), die Frauen und Männer bei Kraftübungen zeigen. Der Legende nach, soll auch der Grieche Milon von Kroton, ein Freund Pythagoras, nach dem Prinzip des progressiven Krafttrainings trainiert haben. Er hob täglich ein Stierkalb hoch. Das Kalb wurde immer schwerer und Milon entsprechend immer stärker. Aus dem Kalb wurde ein ausgewachsener Stier und aus Milon der stärkste Mann Griechenlands. Er war von 532 bis 516 ununterbrochen olympischer Sieger im Ringkampf.
Das Rad muss nicht neu erfunden werden
Vor etwa 100 Jahren begann der schwedische Arzt Gustav Johann Wilhelm Zander (1835-1920) die Heilgymnastik zu mechanisieren, indem er Widerstandsapparate entwickelte, die sich den physiologischen Bewegungsformen des Menschen anpassten. Die Geräte wurden ab 1905 von der Firma Rossel, Schwarz und Co. in Wiesbaden produziert und nur im kompletten Satz abgegeben. Preis: 50’000 Reichsmark. Fast alle grossen Städte Deutschlands verfügten über eine Zander-Einrichtung. In Leipzig unterhielt die AOK als einzige Ortskrankenkasse einen Zander Gymnastiksaal, in dem bis zum Ersten Weltkrieg „gezandert“ wurde. Die Zerstörung des Krieges beseitigte diese hoch technisierten Apparate.
Muskelaufbautraining – Operation vermieden
Verschiedene Experten sehen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen chronischen Rückenschmerzen und schwacher Muskulatur. Diese soll laut Studien in 80% der Fälle ursächlich für Rückenbeschwerden sein. So führte zum Beispiel die Roseville Clinic in Minneapolis mit mehr als 400 für eine Operation vorgesehene Rückenschmerz-Patienten ein sehr intensives Muskelkräftigungsprogramm durch. Bei 90% der Teilnehmer konnte der bevorstehende chirurgische Eingriff vermieden werden.
Für den Menschen spürbar und für das Unternehmen messbar
Nachdem die Deutsche Post AG jahrelang in die verschiedensten verhaltens- und verhältnispräventiven Massnahmen investiert hatte und keine eindeutigen Kausalzusammenhänge zwischen eingesetzten Methoden und Erfolg nachweisen konnte, fiel 1999 die Entscheidung, ein Projekt zum Thema Rücken mit systematischer Erhebung mit objektiven Parametern durchzuführen. Das Projekt wurde 2002 offiziell beendet und gilt als eines der ersten betriebsinternen Rückenprojekte in Deutschland mit eindeutigem Wirksamkeitsnachweis. Für das Projekt wurde eine Lumbal Extension Machine der Fa. MedX ausgewählt. Nach vorheriger Untersuchung durch einen Arzt trainierten mehr als 100 Beschäftigte, die nachweislich unter Rückenschmerzen litten, an 18 Terminen jeweils ca. 120 Sekunden ihre Rückenmuskulatur. Gleichzeitig wurden im Rahmen der begleitenden Studie, unter strikter Beachtung des Datenschutzes, das Befinden der Teilnehmer und die Entwicklung des Krankenstandes dokumentiert und ausgewertet.
Die Beschäftigten, die ihre Rückenmuskulatur an dem Trainingsgerät gestärkt hatten, fühlten sich insgesamt gesünder und hatten rund 1000 Krankentage weniger als im Vorjahr. Die Krankentage wegen Rückenschmerzen haben sich um 924 Tage reduziert.
Mehr Kraft – weniger Schmerzen
Dieses Prinzip wird zunehmend unter strengen wissenschaftlichen und objektiv messbaren Kriterien nachgewiesen. Zusätzlich positive Effekte sind die Verbesserung der psychischen Stabilität und die subjektiv empfundene Verbesserung der Lebensqualität. Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsprojektes bei der Deutschen Post konnte ein höheres Mass an Loyalität der Probanden gegenüber dem Unternehmen beobachtet werden.
Lernen heisst Verhalten ändern
Studien sind dazu da, Lernergebnisse zu erarbeiten und Wege aufzuzeigen. Auch Studien, in denen Thesen nicht bestätigt werden, sind Erfolge, da sie Erkenntnisse für weiteres Forschen liefern. Doch Studien, deren Ergebnisse positiver Art sind, sollten nicht nur gelesen, gelocht und abgeheftet werden, sondern bei den Verantwortlichen in der Gesellschaft, bei Führungskräften und Politkern Beachtung finden – und die Erkenntnisse in der Praxis umgesetzt werden.
Sehr oft liegt das Geheimnis gerade in der Einfachheit der Dinge. Kraft statt Kreuzschmerzen, scheint ein wieder entdecktes offenes Geheimnis zu sein.
Mit freundlicher Genehmigung der Fitnesstribune