Interview mit Windsurf Shooting Star Alessio Stillrich

Interview mit Windsurf Shooting Star Alessio Stillrich

Alessio Stillrich


 Wenn ich von einem Fahrer berichte, der mühelos Double Forwards, Shakas, Takas und Goiters oder Pushloop Forwards auf der Welle steht, dann nimmt jeder an, dass ich von einem der Top Ten-Fahrer spreche. Nun ja, es ist anzunehmen, dass er bald unter den Top Ten ist. Heute, mit nur 17 Jahren, ist Alessio Stillrich gerade auf dem Weg nach oben. Er verlässt das Lager der talentierten Youngster und etabliert sich als einer der sehenswertesten jungen Fahrer in Pozo Izquierdo.

 

Mit seinem stabilen Repertoire an Moves macht der auf Gran Canaria lebende Deutsche die Wettkampffahrer schon heute nervös. In diesem Interview haben wir einen aufgeweckten jungen Mann kennengelernt, der von seiner Mutter sehr unterstützt wird und der genau weiß, dass eine Windsurfkarriere hart ist. Aber er will es trotzdem versuchen und ist bereit, alles dafür zu geben.

 

Profil:



  • Name: Alessio Stillrich


  • Alter: 17


  • Nationalität: Deutsch


  • Wohnort: San Agustin, Gran Canaria, Spanien


  • Windsurft seit: 2004


  • Beste Wettkampfergebnisse: 3facher spanischer Wave Junior Champion und 17. beim Wave World Cup in Teneriffa 2012


 

Du hast schon sehr jung mit dem Windsurfen angefangen. Wer hat Dich damals zum Windsurfen gebracht?

Als ich ungefähr neun war, hat mir der Vater von Moritz Mauch, der das Club Mistral Center leitet, Ausrüstung geliehen. Also habe ich das in San Agustin ausprobiert. Ziemlich schnell habe ich dann gemerkt, dass ich das richtig lernen möchte und bin zur Hullon Schule in Pozo Izquierdo gegangen.

 

Was hat Dich so begeistert? Oder waren es die Erwachsenen, die gesagt haben: Du musst das jetzt lernen?

Nein nein, überhaupt nicht. Es hat mir einfach von Anfang an Spaß gemacht. Ich bin öfter mit einem Freund meiner Mutter, Marco, raus und ich habe es einfach geliebt.

 

Was hat Dir in dem Alter am meisten Spaß gemacht?

 Gleiten. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem ich das erste Mal ins Gleiten gekommen bin. Ich war hin und weg.

 

Und heute, was findest Du heute am besten?

 Zu springen – und zwar richtig hoch! Ich liebe ganz hohe Backloops und die ganzen Moves auf den Wellen: Shakas, One Handed Goiters, Takas, etc… Irgendwie motiviert mich das klassische Windsurfen nicht so sehr wie die Moves, die mit dem Windsurfboards möglich sind.

 

Und was sind Deine favorisierten Moves?

Vermutlich der Pushloop Table Top. Und ich habe auch schon ein paar Pushloop Forwards gemacht. In der Welle stehe ich mittlerweile auch einhändige Goiters, Shakas, Double-Shakas und Takas ziemlich kontrolliert.

 

Du bist 17 und fährst schon auf Wettkampfniveau. Bleibt da eigentlich noch Zeit für die Schule?

Klar. Ich gehe noch zur Schule und habe auch noch zwei Jahre, bis ich mit der Oberschule fertig bin.

 

Und danach? Uni?

 Ja, ich möchte schon auf die Uni gehen. Ich glaube, ich werde Sportwissenschaften studieren. Aber vorher möchte ich wohl noch ein Jahr freinehmen und die ganze Event-Tour mitmachen. Dann kann ich mal sehen, wie weit ich komme und wie ich abschneide.

 

Und wie kriegst Du Schule und Trainingsalltag unter einen Hut? Ist das nicht sehr schwierig?

 Bei Wind fahre ich nach der Schule direkt nach Pozo und surfe dort bis 7 oder 8 Uhr abends, dann gehe ich nach Hause und mache meine Hausaufgaben. Falls es keinen Wind gibt, versuche ich das Beste aus der Wartezeit zu machen und für die Schule zu lernen. 

 (Alessio lacht und sieht seine Mutter an. Sie lacht auch, es wirkt allerdings etwas gequält.) 

 

Warum grinst Du so?

 Dieses Jahr läuft’s nicht so gut in der Schule. Als ich noch jünger war, war ich sehr gut, aber im Moment... es läuft nicht so toll, aber richtig schlecht bin ich auch nicht. Ich habe auch eine ziemlich gute Ausrede, ich habe nämlich meine Ausbildung zum Chiro-Masseur gemacht. So habe ich schon einen Abschluss und kann in meinem freien Jahr Geld dazuverdienen, zum Beispiel für die Reisen.

 

Wow, das ist beeindruckend... was denkst über das Windsurfen als Beruf, wie stellst Du Dir das Leben als Pro vor?

 Es stimmt zwar, dass Windsurfen im Vergleich zu anderen Sportarten nicht so professionell ist, dennoch würde ich gerne eine Karriere daraus machen und ich denke – und hoffe – dass mir das auch gelingen wird.

 

Dann steht Dein Plan, Pro zu werden, also schon fest?

 Ufff… mir ist klar, dass es schwer werden wird, gerade jetzt, wo Philip alles dominiert.

Aber ich möchte innerhalb der nächsten fünf Jahre ein regelmäßiger Top 3 Rider sein. Das wird nicht leicht sein, deshalb ist mein einziger Plan der, so viel und so hart wie möglich zu trainieren.

 

Und glaubst Du auch, dass Du eines Tages Weltmeister sein wirst?

Man weiß nie so genau, was die Zukunft bringt, aber ich hoffe, dass ich es schaffen kann und ich werde es mit Sicherheit versuchen.

 

Was fehlt dem Windsurfen in Deiner Meinung als Sportler, um professioneller zu werden oder einfach anerkannter? Was würdest Du machen, um dem Sport für Außenstehende mehr Bedeutung zu verleihen?

Ich fände es gut, wenn mehr Kinder und Jugendliche dabei wären. Anfänger müssten besser unterstützt werden. Wenn der Sport dem Nachwuchs besser zugänglich gemacht würde, gäbe es mehr Sportler, der Sport wäre beliebter und dadurch auch bedeutsamer.

 

In den Windsurfschulen auf der ganzen Welt sieht man schon heute eine ganze Menge junger Leute, die mit dem Windsurfen anfangen. Warum, denkst Du, hören sie wieder auf? Oder warum sind sie nicht so begeistert, wie Du es damals warst?

Ich denke, zum Trainieren ist der Sport recht teuer. Es ist nicht leicht, gutes Material zu bekommen, mit dem Du Dich verbessern kannst und wenn Du nicht an einer windigen Küste lebst, so wie wir in Pozo, brauchst Du viel Unterstützung und Hilfe von Deinen Eltern. Sie müssen Dich ständig hin- und herfahren – das ist nicht leicht.

 

Wir haben gehört, dass Du Dich in den letzten Monaten extrem verbessert hast und sehr ernstzunehmende Konkurrenz geworden bist. Was erwartest Du Dir in diesem Jahr für den Wettbewerb in Pozo?  (Alessio lässt sich etwas Zeit mit der Antwort. Er atmet tief durch).

 Ich weiß, dass das schwer wird, aber mein Ziel ist es, die Top Ten zu erreichen.

 

Wer motiviert Dich zurzeit am meisten? Zu wem blickst Du auf?

 Sicherlich das Windsurfen mit Philip Koester, dem amtierenden Weltmeister in der Welle. Wenn er auch auf dem Wasser ist, motiviert mich das sehr. Ich versuche, mich mit ihm zu messen, mehr auszuprobieren und zu wagen. Das pusht mich und motiviert mich sehr.

 

Wer, glaubst Du, wird zu den diesjährigen Gewinnern in Pozo zählen? Wer darf aufs Siegertreppchen?

 Ich denke, Philip wird das Feld wieder anführen. Auch Victor Fernandez hat gute Chancen auf den Sieg, wenn es ihm gelingt, all seine guten Moves aneinanderzuhängen. Aber wenn Philipp so surft, wie er das momentan hier in Pozo tut, wird er nur schwer zu schlagen sein. Außerdem könnte Dany Bruch sehr gut abschneiden... hm... vielleicht kommen auch Brawzinho oder Ricardo unter die Top 3. Sehr viele sehr gute Rider, sie könnten alle gewinnen.

 

Du bist mit dem Windsurfen aufgewachsen. Was hat Dir das für Deine persönliche Entwicklung gebracht?

Ich denke, dass ich mich ein ‚normales’ Leben sehr gelangweilt hätte. Das Windsurfen gibt mir etwas zu tun und viel Motivation.

 

Was sind Deine Stärken und Schwächen auf dem Wasser?

Meine Stärke sind meine Sprünge. Meine Schwäche ist vermutlich das reine Fahren, Cut-Backs und so Sachen, wenn ich mich selbst auf Videos sehe, bin ich nicht sehr zufrieden damit, wie das aussieht. 

 

Und an Land? 

 Meine Schwäche... (er lacht nervös). Meine Schwäche ist mein fehlendes Durchhaltevermögen außerhalb des Windsurfens. Ich fange irgendetwas an, höre es aber gleich wieder auf oder verliere das Interesse. Und meine Stärke ist, dass ich ein ganz netter Kerl bin, glaube ich, ich komme gut mit Menschen zurecht.

 

Gibt es Fehler, aus denen Du gelernt hast?

 Ich bin einmal bei einem lokalen Wettkampf hier sehr nervös geworden. Normalerweise war ich nie nervös vor einem Contest, aber dieses eine Mal war ich es aus irgendeinem Grund. Ich habe sehr schlecht abgeschnitten, daher ist meine Lektion die, immer ruhig zu bleiben. Es bringt nie was, sich zu sehr aufzuregen. Ich versuche also, bei allen Wettbewerben ruhig zu bleiben und das funktioniert.

 

Was sind Deine liebsten Konditionen?

 Pozo full power! Ich liebe die richtig heftigen Bedingungen in Pozo, für 3.4 m² oder 3.7 m²  Segel und zwei bis drei Meter Wellen (größer ist auch nicht gut). Ich springe einfach für mein Leben gern, am liebsten Hardcore-Jumps in Pozo.

 

Was war deine beste Session bislang?

 Ich hatte schon viele gute Sessions, nicht nur die eine. Eigentlich jeder Tag in Pozo mit kräftigem Wind. 

 

Das klingt ja alles sehr vielversprechend. Wir wünschen Dir auf jeden Fall eine gute Saison.

Danke. Ich hoffe, dass alles gut läuft. Ich weiß, ein Wettbewerb ist nicht alles, aber ich möchte trotzdem gut abschneiden.



So  - wer sich für die Windsurf Welt interessiert, der kann hier mal nachschauen und sich begeistern, ins Schwärmen kommen.

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