Etwas zum Nachdenken
Ein Gedankenexperiment: Wenn euch jemand fragen würde, ob ihr lieber mit einer Gruppe Männern, oder einer Gruppe Frauen auf einer einsamen Insel stranden würdet, wie wäre eure Antwort?
Meine persönliche Antwort wäre ganz einfach. Mit den Männern. Das liegt nicht daran, dass ich ungern handwerkliche Tätigkeiten ausübe. Ich versuch`s trotz mangelnder Begabung gern trotzdem, irgendwann wird`s schon klappen. Ebenso wenig, weil man mit Männern oftmals weniger Worte wechseln muss. Auch wenn ich als Teilzeiteinzelgängerin ein ziemlich starkes Ruhebedürfnis habe, kann ich mich auch mit gegenteiligen Gegebenheiten arrangieren. Und erst recht nicht an der Möglichkeit, vermutlich in dieser Situation mehr Sex haben zu können, als in der anderen. Auch wenn das sicherlich nicht der übelste Weg wäre, sich die Zeit bis zur Rettung zu vertreiben.
Oftmals ist die Gesellschaft von Frauen anstrengender.
Die Begründung ist so simpel wie unschön: oftmals ist die Gesellschaft von Frauen anstrengender. Insbesondere bei mehreren auf einem Haufen. Zwar können sie einerseits das harmonischere Geschlecht sein. Viele langjährige Frauenfreundschaften, von denen ich auch einige genieße, belegen dies.
Andererseits tragen sie aber oft genug auch hyänenhafte Züge, die sich erst in einem längeren Zusammensein herauskristallisieren, aber in der Regel einen großen Einfluss auf die umgebenden Personen ausüben. Und das Traurige daran ist, dass es uns, denn ich gehöre ja auch diesem Teil der Menschheit an, in sehr vielen Fällen nicht bewusst ist.
Gemeint sind also nicht solche Aktionen wie An-den-Haaren-ziehen, geplantes Mann-ausspannen, Rotwein über die Gucci-Tasche kippen oder ähnliches. Dies sind sicher alles unschöne Dinge, aber ich spiele auf die kleinen Bösartigkeiten an, mit denen sich Frauen gegenseitig das Leben schwermachen. Klein, aber oft, aus vielen Ecken, und damit sehr, sehr wirksam.
Einige Beispiele aus dem Arbeitsleben:
Fall 1:
Eine Kollegin kommt aus dem Mutterschaftsurlaub zurück in ihren 40-Stunden-Job. Drittes Kind, 10 Kilogramm mehr. Grund zur Freude, weil eine Arbeitskraft mehr da ist? Wohl eher, weil sie Stoff bietet. Für die einen, weil sie „ihre Kinder vernachlässigt“, für die anderen, weil „sie zu undiszipliniert ist, sich die 10kg wieder abzutrainieren“, für die wieder nächsten, weil „drei Kinder! meine Güte, die wird doch ständig deswegen krankgeschrieben sein.“
Fall 2:
Eine Kollegin verlängert ihre Elternzeit, oder kündigt, weil sie mehr Zeit mit ihrem Kind verbringen möchte. Grund genug ihr Faulheit, und/oder das Leben auf Kosten anderer (in diesem Fall wohl dem betreffenden Kindsvater, ggf. auch Sozialamt) anzudichten.
Fall 3:
Eine Kollegin steht dazu keine Kinder haben zu wollen, weil ihr Karriere/Freizeit/Figur/was-auch-immer wichtiger sind. Da wird von der Frage, ob sie vielleicht an der anderen Seite des Ufers spielt, bis zu Kommentaren wie „du willst wohl allein sterben?“ ebenfalls alles geboten.
Fällt euch was auf?
Richtig macht es keine der genannten Damen, denn alle anderen drum herum wissen es besser.
Anderes Beispiel, die sehr oft vorkommenden Diskussionen zum Thema Figur in diversen Internetforen. Ein User gibt bekannt, dass er schlankere Frauen definitiv bevorzugt. Diese Aussage kann so offensichtlich als rein persönliche Vorliebe deklariert sein wie möglich, das Echo aber ist es nicht. Und das Ende vom Lied ist eine wenig aufschlussreiche, endlos lange Diskussion, bei denen alle Seiten verlieren. Die Fülligeren bezeichnen die Schlankeren gern als „Hungerhaken“, die Schlankeren die Fülligeren gern als „fett“.
Beides beleidigend, und in keinem Fall gerechtfertigt. Irgendwo dazwischen gibt es einige wenige vernünftige Stimmen, die aber untergehen, oder gar von beiden Seiten zum Abschuss freigegeben werden, weil sie keine direkte Position beziehen. Sinn des Ganzen? Nicht auffindbar.
Soviel zur Erklärung, warum ich Solidarität unter Frauen zwar sehe, aber seltener als mir lieb ist.
Weitere Beispiele finden sich praktisch ohne Ende. Sexueller Lebenswandel; frühe, späte oder mehrfache Heirat; Erfolg im Beruf und der nachfolgende Neid, wie auch Misserfolg und ausgelebter Spott…und natürlich der Umgang mit der Vorstellung des optischen Ideals.
"Ernährungsberatung ist Gewalt von Frauen gegen Frauen"
Der „Ernährungsexperte“ Udo Pollmer publizierte einmal die Aussage: „Ernährungsberatung ist Gewalt von Frauen gegen Frauen“. Auch wenn ich seine Aussagen in vielen Fällen nicht teile, und ihn eher als radikalen Gegenpol zur aktuellen Informationsüberflutung zum Thema gesunde Ernährung sehe, gebe ich ihm in diesem Fall wirklich mal Recht:
Zu einem bestimmten Teil sicherlich im fachlichen Bereich, wenn die Beratung genutzt wird, schnelle, aber sinnlose Diäten an die verzweifelte Frau zu bringen. Zum anderen aber auch im privaten Bereich, in dem sich ungebetene Kommentare zum Thema Figur und Abnehmen schon fast als Grundrecht etabliert haben. „Du hast ganz schön zugelegt.“; „Willst du nicht mal auf die Kohlenhydrate verzichten? Bei mir hat`s geholfen.“; „Du solltest echt mehr Sport machen!“. Und der Beste von allen: „Ich stell zwar diesen Kuchen hin, aber mit genug Disziplin widerstehst du schon.“ Einfach dahingesagt, aber für die Seite, die es abbekommt der pure Sadismus.
Klar ist: jeder denkt sich seinen Teil. Manchmal ist es aber besser, es auch dabei zu belassen. Die Frage ist doch: wie betrifft es uns, wenn andere mehr oder weniger auf den Rippen haben, andere Lebensentwürfe verfolgen, oder einfach nur andere Prioritäten setzen, als es dem Durchschnitt oder unserem eigenen Ideal entspricht? Praktisch gar nicht. Wo also ist unser Recht, uns ungefragt darüber zu echauffieren, zu kommentieren oder zu beratschlagen? Wo liegt die Begründung, andere abzustempeln, und uns selbst als besser darzustellen? Fragen, die sich jeder von uns mindestens einmal ausführlich, sinnvoll und vor allem ehrlich beantworten sollte.
Ich habe bewusst eine ziemlich pauschale These in provokante Worte verpackt, und werde die etwaige Kritik dafür auch einstecken. Mitunter ist sie dann auch verdient. Aber wenn es zum Nachdenken anregt, soll es mir dies wert sein.
Was nützt es uns Frauen, wenn die Problematik der Unzufriedenheit mit unseren Körpern, welche leider zu viele von uns betrifft, auf Dinge zurückgeführt wird, die wir so oder so nicht ändern können? Siehe die Diskussionen zum Thema Medien und Idealbildern. Diese Baustelle ist zu groß, und zu weit weg, als das wir Einfluss darauf hätten.
Also warum nicht im Kleinen anfangen? In unserem eigenen Verhalten.
Die Sicherheit, mit sich selbst zufrieden zu sein, und Dinge, die man nicht ändern kann, als gegeben hinzunehmen, entsteht letztendlich durch die aktive Interaktion der Menschen, mit denen man umgeben ist. Nicht durch den Fernseher oder die Zeitungen. Durch Zuspruch, Mutmachen, einfachem und interessierten Zuhören.
Schlicht durch Akzeptanz von Außen, was es vereinfach, die Akzeptanz im Inneren zu erreichen. Setzen wir dies um, besteht die Möglichkeit zumindest im Kleinen eine Veränderung herbeizuführen. Dort wo wir können. Und das ist allemal besser, als auf die großen Bösen zu schimpfen. Denn ganz so einfach spielt das Leben nicht.
Uns Frauen sagt man nicht umsonst eine gute Empathiefähigkeit nach. Nutzen wir sie doch ganz solidarisch für uns alle.