Viel zu oberflächlich und leichtsinnig gehen wir täglich mit einem der wichtigsten Themen unseres Lifestyles um: der Ernährung. Auch was gute Ernährung ist, darüber streiten sich die Geister. Mal abgesehen von einigen Hardcore-Diet-Doktrinen - sicher kann man versuchen einhundert Prozent alles richtig zu machen - gilt für meinen Anspruch an gutes Essen und gesunde Ernährung, in Verbindung mit Natur und Jahreszeiten, Lust und Laune und gesundem Menschenverstand, einen rationalen und plausiblen Weg zu einem mehr an Gesundheit und Lebensqualität zu finden.
Hier meine persönlichen Empfehlungen und „to do‘s“ :
1. Verwenden nur die frischesten Zutaten, denn sobald Obst und Gemüse geerntet ist, viert es täglich mehr und mehr Vitamine. Kaufen Sie 2 x pro Woche ihre Frischwaren ein. . Einige Lebensmittel lassen sich einfrieren. Schätzen Sie nach Ihrem Einkauf ein, was sie innerhalb 2-3 Tagen verbrauchen, Rest jetzt in die Tiefkühltruhe, fachgerecht eingefroren, nicht erst wenn möglich in 2-3 Tagen. Tomaten im Sommer frieren Sie kiloweise ein.
2. Verwenden Sie fast ausschließlich saisonale Gemüsesorten, beginnen Sie Ihren Einkauf im Bioladen, wenn Sie im Winter Paprika essen möchten, können Sie zumindest davon ausgehen, dass dieser ohne Pestizide und künstlichen Dünger gezogen wurde. Verzichten Sie auf frische Kirschen aus Chile im Dezember und sagen sie einem fragwürdigen Lebensmitteltourismus ab.
Tomaten isst man frisch nur Juni bis Oktober, alles andere ist geschmackloser Schund, was man auch daran merkt, dass sich keine vernünftige Tomatensauce aus Tomaten kochen lässt, wenn diese eben nicht Saison haben. In diesem Fall und ausnahmsweise, mag es erlaubt sein zur Konserve zu greifen, ob bei geschälter Tomate oder Mark.
3. Bei der Verwendung von Bio-Südfrüchten, verwenden Sie, falls möglich, auch Teile der Schale mit. Hier stecken die meisten Flavonoide in der bitteren weißen Schalenschicht, in der äußeren farbigen Schale sind bekanntlich die meisten Aromastoffe. und ebenfalls Antioxidantien. Verwenden Sie die Schalenzesten, oder den Abrieb als Gewürz auch für kernige Gerichte, sie geben vielen Gerichten die Frische des Sommers und sind - wie schon gesagt - gesund.
4. Betrachten Sie eine schonende Zubereitung als Muß, gewöhnen Sie sich den Einsatz eines Dampfgarers in der Küche an. Geräte mit zufriedenstellenden Ergebnisse gibt es schon ab 100,- €, nach oben keine Grenze. Obst, Gemüse und Fisch wird hier nur im Dampf gegart, die wertvollen wasserlöslichen Vitamine und Mineralstoffe gehen nicht wie beim traditionellen Kochen im Wasser verloren.
5. Gehen Sie sorgsam bei der Auswahl und der Verwendung von Fetten und Ölen vor, dosieren Sie genau beim Dünsten und Garen. Hier lassen sich viele Kalorien einsparen. Geben Sie lieber nach dem Garen ein paar Tropfen feines, schmackhaftes Olivenöl an Ihr Gemüse oder ihren Fisch. Wo möglich tauschen Sie Sahne gegen saure Sahne, Milch oder Joghurt aus, oder mischen Sie beides.
6. Betrachten Sie Essen nicht als profane obligatorische Nahrungsaufnahme, Kochen ist ein kultureller Akt, gemeinsames Essen hat zudem seit Menschengedenken eine soziale Funktion, bringt Menschen näher und hält Familien zusammen. Versuchen Sie es so einzurichten dass Sie viele Mahlzeiten auch mit Ihrer Familie gemeinsam einnehmen. In Amerika kennen Psychologen das geflügelte Wort: An der Häufigkeit des Einsatzes einer Mikrowelle erkennt man den Grad der Zerrüttung einer Familie (wenn auf gemeinsame Mahlzeiten wenig Wert gelegt wird).
7. Der Mensch ist was er isst. Bei jedem Fleischskandal erbost sich die bundesdeutsche Bevölkerung aufs Tiefste! Dabei sind es genau die Verbraucher, die beim Einkauf billiges Fleisch dem besseren vorziehen. Man hört das Argument: "Biofleisch ist mir zu teuer". Man bevorzugt 7 x die Woche billiges Fleisch statt 3-4 x die Woche ein Produkt vo n Tieren, die artgerecht, ohne Mastmittel und Medikamente aufgezogen wurde.
Übrigens beim Biometzger Ihres Vertrauens ist Rind- und Schweinefleisch nur unwesentlich teuerer als konventionelle „Ware“. Nur Geflügel und Kalb sprengen im Biobereich den Geldbeutel. So sollte Geflügel als Festtagsbraten genutzt werden und auf Kalb kann wer will aus ethischen Gründen verzichten.
8. Sagen Sie eindeutig nein zu Fertigprodukten, wenn immer möglich. Pizzas aus der Tiefkühltruhe enthalten jede Menge minderqualitative Fette, viele Tiefkühlprodukte sind mit Glutamat und anderen „Aroma-Glücksbringern“ geimpft und belasten ihren Organismus.
9. Verzichten Sie auf Hilfsprodukte in der Küchen, die einem angeblich das Kochen vereinfachen, keine Gemüsebrühe, mit Ausnahme aus dem Biobereich, kein Maggiefix für Spaghettisauce, nehmen Sie statt dessen ein Kochbuch zur Hand. Eine Hackfleischsauce bringt man auch mit zwei linken Händen zustande - und genauso schnell!
Wenn Sie ein kurzgebratenes Stück Fleisch bevorzugen, das nun mal keinen Fond und keine Sauce ergibt, dann ist das mal nun so - und noch lange kein Grund zu einem Päckchen oder einer Tube zu greifen - und „das geschmackliche Schicksal herauszufordern“.
Dazu das Veto einer Freundin von mir, der ich den Text zum Redigieren geschickt hatte, Zitat: „ Übrigens finde ich, dass man bei Kurzgebratenem nicht auf eine Soße verzichten muss: Nach dem Anbraten das Fleisch aus der Pfanne nehmen, etwas Mehl in die Pfanne geben, klein geschnittenen Paprika dazu und frische Ananas, alles ganz kurz vermischen und dann mit einer Sahne-Portwein-Ananassaft-Mischung ablöschen. Passt gut zu Geflügel- und Schweinefleisch oder Rinderfilet. Wenn deftiger gewünscht, statt Ananas Zwiebeln verwenden. Dazu passen Herzoginkartoffeln. Dann ist das Gericht nicht zu trocken“. Voilà, auch nicht schlecht!
Das 10. Gebot: Versuchen Sie einen Teil ihres Proteinbedarfes über fettreduzierte Milchprodukte zu decken, sie enthalten neben dem aufbauenden Protein auch jede Menge leicht verwertbares Kalzium (Merke: Osteoporose beginnt nicht mit 60 oder 70, man legt den Grundstein für die Erkrankung schon durch „Zivilisationsmangelernährung“ schon mit 30. Gerade Frauen, die sich über Jahrzehnte in einem Stady State einer Diät halten, unterschätzen die Gefahr für Ihre kommenden Lebensdekaden, wenn sie in ihrer "Life-Long-Diet" auf Milchprodukte verzichten.
Vertragen Sie keine Milch, weil Sie laktosesensibel sind, dann gehen Sie mit dem Verzehr von Joghurt und den meisten Käsearten der Rebellion Ihres Verdauungstraktes aus dem Weg.
Der urbanen Lebensweise zum Trotz: Nutzen Sie die Natur nicht nur als einen Austragungsort Ihrer Lieblingsportarten, oder um introvertiert joggen zu gehen, sondern auch um Ihre Umgebung besser kennen zulernen. Sie bekommen ein Gefühl für die Jahreszeiten, und die Veränderungen die der Wechsel der Jahreszeiten mit sich bringt.
Ich hatte mir vor Jahren ein Bestimmungsbuch über Beeren und Heilkräuter zugelegt. Sammeln Sie Wildkräuter und bereiten Sie sich Tees daraus zu, oder sammeln Sie Beeren und Wildfrüchte und verwenden Sie diese in der Küche. Wild wachsende Früchte haben oft einen höheren gesundheitlichen Wert als Früchte von kultivierten Pflanzen.
Die Beschäftigung mit dem Thema „Diet“ (worunter man im angelsächsischen im Gegensatz zum Deutschen nicht die Diät meint, sondern den Habitus der bewussten Ernährung, ist ratsam. Bedenken, dass Ihnen viel misslingt können Sie zerstreuen, denn bekanntlich nur viele Köche verderben ja den Brei. Experimentieren sie mehr, trauen sie sich, denn auch hier gilt das Motto : Nur wer wagt gewinnt, im besten Falle ein gesünderes und längeres Leben.
Jetzt bleibt noch die Frage: Wie erhält man einen kognitiven Zugang zu einem neuen küchentechnischen, als auch essensphilosophischen Metier?
1. Es ist viel einfacher als man denkt, denn: Auch die besten Köche kochen nur mit Wasser.
2. Beachten Sie meine obigen Punkte, oder stellen Sie eigene Regeln auf.
3. Gehen Sie in einen Buchladen und stöbern Sie nach reichlich illustrierten Kochbüchern, welche die sie ansprechen. Kochliteratur soll man ansehen, dass sie mit Liebe gestaltet wurde, denn auch bei Kochbüchern gilt wie beim Kochen: Liebe geht über die Augen und durch den Magen.
4. Fernsehen bildet, man darf es glauben! Wenn immer ich Zeit habe, schaue ich mir Kochsendungen an, lernen kann man immer etwas - und manchmal sogar eine ganze Menge. Sie auch?
5. Wenn sie essen gehen, dann richtig, in Deutschland heißt dies zwangsläufig meist gehoben, denn bekanntlich fast nur in Italien und Frankreich finden sie noch - abseits der Autobahn - kleine familiengeführten Betriebe, in welchen die Mama von Pasta bis Polenta noch alles selbst macht, und sich von keiner Convinience-Food-Fabrik - leichtsinnig - verführen lässt.
6. Melden Sie sich zu Kochkursen an, die unter anderem auch von vielen Volkshochschulen angeboten werden. Klopfen Sie , bevor Sie mit dem Kurs beginnen den Kursleiter telefonisch oder per Email ab, ob er „chemiefrei“ kocht. Tüten aufreißen kann schließlich ja jeder.
7. Denken Sie immer daran, dass Kochen Zuneigung und Liebe anderen Menschen gegenüber bedeutet, und dies auch ausdrücken kann, Kochen ist auch Muße, und kann durchaus ein kreativer schöpferischer Prozess sein, verbunden mit Erfolgserlebnissen.
An dieser Stelle möchte ich jetzt den Menschen danken, deren Begegnungen mich veranlassen diesen Artikel zu schreiben. Da wäre meine Cousine Monika Gaiser, die mir kürzlich in ihrem Haus im Schwarzwald ein wundervolles Sonntagsessen bereitet hat. Anschließend wußte ich genau, von welcher Ahnenlinie l meiner Familie ich definitiv die besseren Eigenschaften geerbt habe.
Meinem Cousin Horst Gaiser, in dessen, vom Michelin mit einem Stern dekorierten Restaurant, ich meine Kenntnisse der modernen Küche vertiefen durfte. Im Nachhinein, und bei Durchsicht seiner hinterlassenen Kochrezeptesammlung, bedauere ich nicht mehr Fragen gestellt zu haben, und nicht häufiger Gast und Mitarbeiter in seiner handwerklich pefekten und in jeder Hinsicht ausgezeichneten Küche gewesen zu sein. Eine Vielzahl seiner Rezepte kamen mir wieder in gute Erinnerung, und in dieser werde ich auch Horst Gaiser behalten.
Nicht zuletzt möchte ich Didier Bouzak danken, der mich bei Roger Vergé, im Moulin de Mougin, unter seine Obhut nahm und mir täglich zeigte , dass Kochen kein Beruf sondern Berufung bedeutet. Bemerken möchte ich noch, dass Kochen mit Didier in der Restaurantküche auch immer eine sportliche Extraleistung für mich war. Mehrmals pro Woche musste ich reaktionsschnell zur Seite springen oder mich ducken, wenn dieser kleine Giftzwerg aus dem L‘Herault seine 5 kg schwere Bratpfanne 5-6 Meter durch die Küche schleuderte. Dies tat er immer dann, wenn ihm ein Gericht misslungen war. Malheureusement war mein Arbeitsplatz direkt neben der Spüle, die Ziel des gallischen Wurfgeschosses, und seiner temperamentvollen Attacken war.Ich bin mir sicher dass zu dieser Zeit meine sportlichen Ambitionen ihren Anfang nahmen.