Viele Jahre wähnte sich die Fitnessbranche in einer bequemen Komfortzone. Lokale neue Mitbewerber eröffneten mit einem ähnlichen Konzept, ähnlichem Angebot und einer fast identischen Preispolitik. Stiegen die Kosten, erhöhte man die Preise, so einfach war das.
Doch dann war plötzlich alles anders. Die Fitness-Discounter eröffneten - und das war gut so! Was für ein Glück für den Konsumenten, was für ein Unglück für viele Fitnessstudiobetreiber.
Da entstand doch aus dem Nichts heraus genau die Art von Fitnessstudio, von denen viele Fitnessenthusiasten nicht mal zu träumen wagten. Sehr günstige Verträge, die neusten Geräte. Und das ganz ohne historischen Ballast, den so manches Fitnessstudio wie eine Fußfessel seit Jahrzehnten hinter sich her schleift. Ebenso wie eine „Laissez-Faire“- Kostenspirale, die dann Mitgliedsbeiträge wie eine Geldstrafe erschienen ließen.
Vor allem die jungen Sportinteressierten schließen erst gar keine Verträge in einem klassischen Fitnessclub ab oder wechseln zu den Discountern, denn viele dieser Studios bieten inzwischen sogar Aerobic- und Funkurse „to go“ an.
Waren früher nur populationsreiche Regionen für die neuen Fitnessketten interessant, spreizen diese ihre geschäftliche Aktivitäten inzwischen bis in die „Provinzen“ aus.
Nicht für alle mittelständigen Fitnessstudiobetreiber ist dieser Trend eine Katastrophe, für viele wurde es zu einer neuen Chance. Endlich Bewegung im Fitnessmarkt verbunden mit einer Selektierung der Interessengruppen. Nur wer bereit zum Wandel ist, hat auf einem Markt der solchen Speed aufgenommen hat, Erfolgsaussichten.
Unternehmer sein kann nur wer Mut hat.
Einige Fitnessstudiobesitzer eröffneten eigene Discounter, um Marktlücken vor der günstigen Konkurrenz zu schließen. So blieben die überwiegend jungen Mitglieder beim Wechsel in den Discounter „immerhin in der Familie“. Reisende, so sagt ein Sprichwort, soll man nicht aufhalten. Die „Schadensbegrenzung“ durch verminderte Einnahmen wurde durch neue Mitglieder in der Discounter-Filiale wieder wettgemacht.
Frage: Wer von Ihnen hat das White Paper des DIFG e.V. 2010 gelesen?
Zitat 1: „...wird das Discount Segment voraussichtlich weiter an Anteilen hinzugewinnen, während das Medium Segment weiterhin Verluste an Mitgliedschaften verzeichnen wird. Von den Betreibern identifizierte Trends im Angebots- und Kursbereich lauten Diversifikation und Erneuerung der Preisstrukturen“ ... weiter... „Dem Wachstum der Discount und Premium Segmente stehen sinkende Mitgliederzahlen im Medium Segment gegenüber. Letztgenannte weisen seit Jahren einen Anteilsrückgang an Mitgliedschaften auf.“
Zitat 2: „Die Fitnessbranche hat heute die Chance, sich zu einem wichtigen Pfeiler im Gesundheitssystem entwickeln zu können“
Zitat 3: „Erkennbar ist eine Zunahme der Frauen-Studios im Bereich der Ketten-Anlagen.“ „Die Frauen-Studios hingegen haben deutlich an Anteilen dazugewonnen.“
Ihren neuen Kunden werden Sie nur finden, wenn das Angebot konkret (!) auf ihn zugeschnitten ist.
Wundern Sie sich auch darüber, dass Ihre „Fun- und Funk Aerobic Kurse“ immer weniger Teilnehmer haben, wenn man einmal von Zumba absieht, während die eher ruhigen funktionellen bzw. mentalen Kurse mehr und mehr Zuspruch bekommen? Dann schauen Sie doch mal nach, wie sich die Alterstruktur in den letzten Jahren verändert hat und noch stärker verändern wird. Eventuell hat sich sogar der Frauenanteil in Ihrem Studio erhöht, da Männer vielleicht generell stärker zu den Discountern wechseln?
Die Frage stellt sich auch, ob die Fitnessstudiobesitzer, mit oder ohne zusätzlichem Discounter, sich dieser Fakten bewusst sind und sich „neu justiert“ oder positioniert haben?
Unvergleichlich werden durch Konzentration auf jedes Ihrer Mitglieder
Zumba, Aroha und Indoor-Cycling werden sicher auch weiterhin viele Kursteilnehmer ansprechen, viel wichtiger sind aber ganzheitliche Themen wie Antara, Pilates oder Yoga. Authentizität spielt eine besonders wichtige Rolle. Eine Wochenendausbildung führt nicht mehr zum Ziel. Diese Themen müssen gelebt werden. Denn sie sind die große Chance sich von ihrem Mitbewerber abzugrenzen, denn „Fitness“ macht jeder.
Die gute Nachricht: Ihre Ziel- und Interessengruppen wachsen von Jahr zu Jahr
Ein kürzlich häufig genannter Begriff lässt sich auch hier anwenden. Es ist Zeit für eine radikale Zäsur. Fakt ist: Die Zahl der älteren Sportler steigt immer weiter an und bei den Discounter ist - bis jetzt - der Männern-Anteil höher, da Geräte- und Gewichtstraining für die meisten Frauen nicht an erster Stelle steht. Dann ergibt sich daraus, dass genau hier die Chance der klassischen Fitnessstudios liegt.
„Die besten Gelegenheiten ergeben sich immer dann, wenn man die Grundregeln ändert“ - so Edgar Geffroy - einer der bekanntesten Management Buchautoren und Referenten weltweit.
Wenn der Preis hoch ist, muss die Leistung stimmen.
Schauen Sie auf ihre Zielgruppe und konzentrieren sie sich darauf, was dieser gut tut, was sie braucht und wofür sie bereit ist zu zahlen. Wer sich konzentriert der wächst, wer sich verzettelt der schrumpft. Immerhin werden Sie bei der Ausrichtung auf ihre neu definierte Zielgruppe auf einem preissensiblen Markt bewegen. Ihre Kunden sind lebenserfahren und kritisch. Sprich: Wenn der Preis hoch ist, muss die Leistung stimmen.
Sich neu erfinden – ohne Scheuklappen und ohne Hemmungen.
Beginnen Sie von vorne. Erfinden Sie sich von Grund auf neu. Erstellen Sie einen Businessplan, der auch Ihre Bank beeindruckt. Thema : Neuausrichtung auf Ihre neue und potente Zielgruppe. Investieren Sie in eine Optik, die den gehobenen Ansprüchen Ihres Klientels entspricht, scheuen Sie nicht den Rat eines Planungsbüros oder Innenarchitekten. Keine Experimente mit dem eigenen, persönlichen Geschmack.
Ein bisschen schwanger.... das geht gar nicht...
Tauschen Sie konsequent Ihren Gerätepark aus. Nicht Altes aussortieren und ein paar neue Geräte dazu. Das ist wie ein bisschen schwanger, das geht nicht. Nägel mit Köpfen machen. Sie haben fast schon zu lange gewartet, die Discounter überzeugen ja auch mit ihrer niegel-nagel-neue Ausstattung.
Gestalten Sie Ihr Kursprogramm komplett neu. Suchen sie dabei den Rat ihrer langjährigen Kursleiter, die manchenorts mit den neuen Zielgruppen älter geworden sind und wissen, welche adäquaten Kursangebote ihre Mitglieder bisher sehnlichst vermissen.
Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.
Wobei wir bei einem weiteren wichtigen Thema wären. Investieren Sie in Ihre Mitarbeiter.
Sie sind der wichtigste Bestandteil Ihrer künftigen Erfolgsstory. In den letzten Jahren wurde zu wenig in die Ausbildung der Mitarbeiter investiert. Oder gut ausgebildete Mitarbeiter, ich spreche hier auch die neuen Fachabschlüsse an, werden nicht allen Ortes ernst genommen, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Fördern Sie Ihre Mitarbeiter und helfen Sie ihnen dabei sich zu entwickeln und bieten Sie eine faire Bezahlung.
Es gibt nur noch Chancen – da müssen Sie durch!
An alle mittelständigen Fitnessstudio-Betreiber: Es gibt keinen Grund zum Verzagen! Nicht irgendwann, sondern jetzt ist es an Ihnen, Ihre Fitnessstudio aus der Masse der Mitbewerber herauszuheben. Sichern Sie sich einen Vorsprung an Qualität und Kundennähe und polieren Sie damit das Image der gesamten Branche auf und machen dem Begriff „Healthclub“ (Gesundheitsstudio klingt zu altbacken) alle Ehre! Dies alles gelingt aber nur, wenn der Anspruch an hochqualifizierten Mitarbeitern und Geschäftsführern vorhanden ist, sowie der Interessent und der bestehende Kunde in der Lage ist, dies wahrzunehmen.
Eine nichtdiskutierbare hohe Qualität muss in vieler Hinsicht erkennbar sein, denn nur so entscheidet sich der Kunde für das richtige Studio.
Eines steht fest: Fördert man bei den Fitness-Interessenten ausschließlichen die „Geiz ist geil Mentalitäts-Schiene“ schlingert eine ganze Branche langsam aber sicher ins Hartz 4 Absurdum! Das will wohl keiner. Mittelständige Fitnessstudio, die auf Qualität beim Training, in der Dienstleistung und der Kundenzentrierung allergrößten Wert legen, werden sich den Markt in Zukunft mit den Diskountern und High-End Fitness- und Wellnessclubs teilen können.
Die Krise, die in Wirklichkeit eine Chance ist, darf nicht verpasst werden. Jetzt oder nie!
Foto: obx-medizindirekt
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