Der Proteinbedarf im Sport - Wieviel Eiweiß fürs Fitnesstraining  ist wirklich nötig?

Der Proteinbedarf im Sport - Wieviel Eiweiß fürs Fitnesstraining ist wirklich nötig?

Bild von Moira Nazzari auf Pixabay

Heute möchte ich eines der heißdiskutiertesten Themen in Kraft- und (wenn auch weniger) Ausdauersport behandeln: Den Bedarf an täglich zugeführtem Protein. Gerade Trainingsanfänger, aber auch erfolglos längerfristig Trainierende können von einen näheren Betrachtung dieses Themenkomplexes sehr profitieren!



Funktionen und Bedeutung von Eiweiß


Ich möchte an dieser Stelle gar nicht so sehr auf die grundsätzlichen Funktionen und Bedeutung des Eiweißes für den menschlichen Körper eingehen - jedes noch so preiswerte Heftchen unter der Überschrift Bodybuilding/Kraftsport/Fitness hat das bereits ermüdend oft wiederholt.



Protein / Eiweiß für Bodybuilding Kraftsport Fitnesstraining


Wichtig zu wissen ist nur, das Protein der einzige Nährstoff ist, der dem Körper Stickstoff zuführen kann. Dieser ist Grundlage für unentbehrliche Komponenten wie Hormone, Enzyme, Muskulatur oder Antikörper. Während unser Körper also beispielsweise ohne die Zufuhr von Kohlenhydraten auskäme (Glukose kann sowohl aus Fetten, als auch aus Aminosäuren gebildet werden), ist eine gewisse Zufuhr an Protein also überlebensnotwendig.



Wieviel Eiweiß / Protein braucht man für's Fitnesstraining


So viel dazu. Doch gibt es um den Punkt der erforderlichen Menge, insbesondere für Trainierende, oft große Diskussionen. Ausdauersportler konzentrieren sich meistens eher auf Kohlenhydrate, Kraftdreikämpfer essen oftmals ohnehin so viel, dass sie sich um spezielle Zufuhrempfehlungen gar keinen Kopf machen müssen und Fitnesssportler sind größtenteils auf der heiligen Suche nach dem Sixpack, so dass sehr oft viel zu wenig Gesamtkalorien bei zu niedriger Eiweißzufuhr konsumiert werden.



Dabei ist Eiweiß nicht gleich Eiweiß.


Jedes spezifische Eiweiß, z.B. Rinderprotein, Sojaprotein oder Eiprotein, besteht aus einer unterschiedlichen Zusammensetzung an Aminosäuren. So bestehen z.B. im menschlichen Körper auch Sehnen aus einer anderen Protein-Konstellation, als beispielsweise unsere Herzmuskulatur. Damit unser Körper also nicht darauf angewiesen ist, genau dasjenige Protein aufnehmen zu müssen, was er gerade braucht um z.B. eine Schnittwunde zu heilen, werden alle Nahrungsproteine im Körper in ihre einzelnen Bestandteile (= Aminosäuren) zerlegt und erst nach dem Transport derselben zur Leber wieder so zusammengefügt, dass der Körper in ihrer jeweiligen Aminosäurenkonstellation etwas anfangen kann.

Sean Glendinning Man kann also sagen, dass der Körper ernährungsmäßig im Endeffekt nicht direkt an einem fertigen Protein interessiert ist, sondern an einem möglichst passenden Spektrum an Aminosäuren. Das Nahrungsprotein ist also Mittel zum Zweck, damit sich der Körper alle erforderlichen Bausteine für seine Belange beschaffen kann.



Ein Beispiel für minderwertiges Eiweiß


So bleibt es nicht aus, dass bestimmte Nahrungsproteine besser für den Körper und seine momentanen Zwecke sind, während es auch minderwertige Eiweiße gibt, denen bestimmte Aminosäuren einfach fehlen. Ein gutes Beispiel dafür ist Gelatine. Ihr fehlt gänzlich die Aminosäure Tryptophan, was sie in Reinform für den Körper unbrauchbar macht. Wissenschaftlich spricht man davon, dass ihre "biologische Wertigkeit" (also der Nutzen für den Körper) bei 0 liegt. Die biologische Wertigkeit von Gelatine lässt sich aber erhöhen, wenn man gleichzeitig ein Lebensmittel konsumiert, welches relativ viel Tryptophan enthält (z.B. Cashew- oder Eiklarprotein).

Seinen Eiweißbedarf zu decken ist mehr, als sich nach Nährwertangaben auf Verpackungen zu richten!

Dieses kleine Beispiel soll zeigen: Es kommt absolut nicht nur darauf an, wieviel Eiweiß man tatsächlich laut Packungsangabe isst - sondern auch darauf, wie wertvoll es für den Körper ist. Man kann also, übertrieben ausgedrückt, ein halbes Kilo Gummibärchen essen (welche mehr oder weniger aus Gelatine und Zucker bestehen), doch von den enthaltenen 30g Eiweiß kann der Körper genau 0 verwerten.



Was ist hochwertiges Protein?


Als hochwertige Proteine sind vor allem Milch-, Fisch-, Geflügel-, Rinder-, Vollei- und Schweineprotein anzusehen. Sojaprotein hat zwar ebenfalls eine hohe Wertigkeit, enthält aber Vorstufen von weiblichen Geschlechtshormonen - senkt also den Testosteronspiegel, was sich in jedem Falle leistungsmindernd gegenüber einer Ernährung aus oben genannten Proteinen auswirkt. Wer sich also vegetarisch ernährt und an einer Leistungssteigerung interessiert ist, sollte auf Milchprotein bauen.



Der generelle Proteinbedarf


Studien zufolge (z.B. JC Waterlow, 1986 und National Research Council, 1989) beläuft sich der tägliche Proteinbedarf bei einem 100 kg schweren, untrainierten Mann auf etwa 33g. Damit sind alle anfallenden "Arbeiten", also Hormon- und Enzymherstellung, sowie Erhalt der Muskulatur etc. enthalten.

Dieser erhöht sich durch plötzliche Anstrengung (bspw. Ausfahrt mit dem Rad oder Bergwanderung ), Krankheit (das Imunsystem benötigt bestimmte Aminosäuren zur Ernährung bzw. Aufbau von Zellen) oder ganz besonders nach einer Operation/ Wundheilung, wo neues Gewebe in kurzer Zeit gebildet werden muss (schätzungsweise ist in dieser Situation ein Proteinbedarf von fast 2,5 g Eiweiß pro kg Körpergewicht optimal, wie eine Studie aus 2000 von M.K. Kuhlmann und H. Köhler anführt).

Entscheidend ist also, dass sich durch Anstrengung und dem Bedarf, neues Gewebe aufzubauen, der Proteinbedarf signifikant erhöht!



Der Proteinbedarf bei Sportlern


Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) geht äußerst konservativ bei der Beratung von Sportlern bezüglich des erforderlichen Eiweißkonsums vor. Auf der Internetseite der DGE ist zu lesen, dass dopingfrei maximal 2 kg Muskelmasse für einen optimal trainierenden Bodybuilder pro Jahr erreichbar wären (das ist lachhaft und zeugt nur von absoluter Unkenntnis der Materie). Demnach errechnete sich ein Zuwachs von 1,1 g Muskulatur pro Tag (welche zu 80% auch noch aus Wasser besteht). Um diesen Zuwachs zu erreichen, bräuchte man also nur 2g Protein pro Tag mehr.

Allen (schein-)logischen Künsten zum Trotz: Nur für genetisch gesegnete Menschen funktioniert eine kontinuierliche Muskelmassezunahme bei lächerlichen 2g mehr Protein pro Tag. Allein die Tatsache, dass hartes Training immer auch zu Verletzungen im Muskel führt (der Neuaufbau über Ausgangsniveau bewirkt ja die Kraft- und Muskelmassesteigerung) indiziert einen viel höheren Proteinbedarf als 2g täglich.

Nicht zuletzt zeigt auch die Praxis, dass bei Trainierenden, die sich lieber von Süßigkeiten, Backwaren und Fastfood ernähren ein signifikanter Leistungssprung ergibt, wenn man (gute Trainingstechnik vorausgesetzt) die Protein- und Vitaminzufuhren durch eine verbesserte Ernährung verändert. Dahingehend kann ich zwar keine Studien vorweisen, doch in der alltäglichen Arbeit mit Sportlern konnte ich diese Beobachtung mit Regelmäßigkeit treffen.



Fazit: Protein ist Leben.


Und wer sein Leben durch einen leistungsfähigeren und gesünderen Körper verbessern will, wird um diesen Stoff nicht herumkommen. Mag es genetische Ausnahmen geben - für den durchschnittlichen Trainierenden ist eine eiweißbetonte Kost unabdingbar, um seine Erfolge und Fortschritte nicht auszubremsen!

In diesem Sinne wünsche ich schöne Grillabende und ein wohlschmeckendes Frühstücksei!

Patrick Raabe

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