Malen wir nicht den Teufel an die Wand!
Liest man Artikel und Bücher zum Thema Sport, Fitness oder Ausdauertraining, so ist ganz oft die Rede von ganz bestimmten Sündenböcken, die man tunlichst meiden sollte, um seinen hehren Zielen näher zu kommen. Neben Zucker, Bewegungsmangel und Zigaretten muss auch ganz oft der Alkohol als schlechtes Beispiel herhalten.
Alkohol ist ein Zellgift, aber:
Zugegeben, Alkohol IST ein Zellgift, wirk dehydrierend und beeinträchtigt den Bewusstseinzustand. Klingt also nicht nach einem guten Grundnahrungsmittel! Aber mal ehrlich: Welcher sportlich ambitionierte, erwachsene Mensch mit gesundem Verstand schüttet sich schon regelmäßig derartige Mengen in den Körper, ohne einschätzen zu können, welche Wirkungen das alles hat?
Geht es bei den Hinweisen in einschlägigen Artikeln und Büchern nicht vielmehr darum, eine möglichst breite Palette an Störfaktoren für den sportlichen Fortschritt aufzuzeigen - immer in dem Wissen, dass nicht jeder Leser gleich ist? Sicherlich hat ein gewisser Prozentsatz ein Problem mit Alkohol - demgegenüber aber beispielsweise keins mit Zucker oder Bewegungsmangel.
Der weitaus größere Teil der Leserschaft geht vollkommen normal mit Alkohol um und hat es nicht nötig, sich im Sinne des Perfektionismus entweder zwanghaft den Alkoholkonsum abzugewöhnen bzw. jedesmal ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn es mal ein Glas zu viel war. Schließlich hat sogar Jesus Wasser in Wein verwandelt - zum Wohlgefallen der Menschen auf einem Hochzeitsfest.
Der richtige Umgang mit Alkohol
Wenn man sich nun die Frage danach stellt, was genau ein "richtiger" Umgang mit Alkohol ist, so muss man gleich vorweg sagen: Menschen sind Individuen - und die unterscheiden sich voneinander. Neben Geschlecht, Konstitution und Tagesform entscheiden noch viele andere Dinge (Tageszeit, Mageninhalt und vor allem: Resorptionsvermögen und Abbaugeschwindigkeit!), wie und ob ein Körper kurzfristigen Schaden vom Alkoholkonsum nimmt.
Gerne werden auch bestimmte Grenzwerte bemüht, die suggerieren, dass regelmäßiger, niedriger Konsum von Alkohol vollkommen unschädlich ist. Derzeit liegt diese Empfehlung (je nach Institution) bei etwa 20 Gramm Alkohol pro Tag bei 2 alkoholfreien Tagen pro Woche. Dass ein entsprechender Konsum völlg unschädlich sein muss, ist aber nicht zwingend, da einige Menschen gerade von Regelmäßigkeit nachteilig beeinflusst werden, während andere wiederum eher den Rauschzustand vermeiden sollten.
Um herausfinden zu können, zu welchem Typ man gehört, hilft eigentlich nur eine einzige Sache: Ehrlichkeit zu sich selbst! Man sollte sich folgende Fragen zu seinem Alkoholkonsum wahrheitsgemäß beantworten:
- Habe ich selbst den Eindruck, dass ich zu viel trinke?
- Trinke ich aus "Gruppenzwang"?
- Trinke ich aus Langeweile?
- Brauche ich regelmäßig dieses entspannte Gefühl vorm Einschlafen, das Alkohol verschafft?
- Haben andere Menschen in meinem Umfeld Bedenken zu meinem Alkoholkonsum geäußert?
- Benutze ich Alkohol zur "Belohnung"?
- Zählen für mich "2 Bier" schon zu Alkoholkonsum?
- Kann ich jederzeit eine Woche problemlos ohne Alkohol leben?
Neben unübersehbar negativen Folgen, die Alkohol gerade auf den sportlich vorbelasteten Körper haben kann, existieren aber auch eine Reihe positiver Effekte. Die folgende Aufzählung versteht sich ausdrücklich nicht als Rechtfertigung eines zu alkohollastigen Lebensstils, sondern lediglich zur objektiven Abwägung des indviduellen Alkoholkonsums. An positiven Begleiterscheinungen gemäßigten Trinkens stehen zu Buche:
- Förderung der Durchblutung
- Erreichung von Entspannungszuständen
- Schutz des Herz-Kreislauf-Systems
Desweiteren existiert noch eine Reihe angeblicher weiterer positiver Effekte, jedoch liegen dazu keine gesicherten Erkenntnisse vor. Bemerkenswert in dem Zusammenhang ist, dass die Art des Getränks keinen Einfluss auf die Effekte hatte. Einem oft ins Feld geführten besonderen gesundheitlichen Nutzen durch regelmäßigen leichten Weingenuss liegt also keine fundierte Basis zugrunde. Bier und Schnaps stehen dem in nichts nach.
Die Dosis macht das Gift
Wie immer steht also der Slogan: "Die Dosis macht das Gift!" hinter einem annehmbaren Umgang mit Alkohol. Dies ist nicht als langweilig-vernunftorientierter Ansatz zu verstehen - es soll lediglich darauf sensibilisieren, dass man im Schnitt auf einem erträglichen Level bleibt.
Im Sinne seiner ganzheitlichen Gesundheit sollte man also nicht auf die feucht-fröhliche Feier verzichten und die Spaßbremse mimen. Auch das Feierabendbier zum Abendbrot muss man sich nicht abgewöhnen, denn:
Am allerwenigsten haben im Sport und im Leben unangebrachte Schuldgefühle etwas zu suchen! Der Mensch (und mag er noch so leistungsorientiert sein) ist nicht auf der Welt, um sich durch Selbstkasteiung eine besonders lange und krankheitsfreie Existenz zu ermöglichen, denn was nützt das, wenn er keine Lebensfreude und Inspiration erfährt?
Persönliche Freude und ein lebenswerten Dasein
Sport und körperliche Leistung sollte man also immer im Gesamtzusammenhang mit persönlicher Freude und einem lebenswerten Dasein betrachten. Wer also mit gesundem Menschenverstand dahingehend mit Alkohol umgeht, wird weder mit zu regelmäßigen Räuschen, noch mit Suchtverhalten sei Dasein belasten.