"Ausdauersport ist doch immer derselbe Trott" denken viele, wenn sie die gleichmäßig trabenden Jogger im Wald oder Stadtpark sehen. Und wer jemals zwei Stunden auf dem Ergometer durchgehalten hat, kann sich kaum vorstellen, wie sich Radfahrer für die Tour de France in Form bringen können. Dass im "Konditionstraining" - wie Ausdauertraining fälschlicherweise oft genannt wird - Abwechslung nicht nur möglich, sondern für größere Fortschritte sogar Voraussetzung ist, soll im Folgenden aufgezeigt werden. Was bringt Ausdauertraining?
Je ausdauernder man ist, desto später gibt man auf
das gilt außer für einen starken Willen auch für den Körper. Die Ausdauerleistung ist einerseits gekennzeichnet durch die Fähigkeit, einen bestimmten submaximalen Belastungsreiz möglichst lange zu tolerieren und andererseits dadurch, sich möglichst schnell erholen zu können. Vereinfacht gesagt finden durch richtig gestaltetes Ausdauertraining Anpassungen statt, die die Ermüdung hinauszögern und die Erholung beschleunigen.
Diese Veränderungen betreffen nicht nur die Muskeln , sondern auch Herz und Kreislauf . Dadurch unterscheidet sich Ausdauertraining wesentlich vom Kraft- oder Schnelligkeitstraining. Ein guter Ausdauertrainingszustand äußert sich meist in einem niedrigeren Ruhepuls: Während das Herz von Untrainierten zwischen 70 und 80 Mal pro Minute schlägt, sind Werte von unter 60 bei fitten Hobbysportlern die Regel.
Das Herz kann also die selbe Menge Blut mit weniger Schlägen fördern und die Pausen zwischen den einzelnen Schlägen werden länger. Dadurch ist ihm mehr Zeit zur Erholung gegönnt. Noch auffälliger ist die Schnelligkeit der Erholung . Wer gut in Form ist, dessen Puls sinkt nach einer Belastung deutlich rascher auf Normalwerte ab als bei einem Untrainierten.
Dazu kommen bessere Fließeigenschaften des Blutes, günstigere Cholesterin- und Blutfettwerte und zahlreiche weitere positive Wirkungen von Ausdauertraining, mit deren Aufzählung man einen eigenen Artikel füllen könnte. Hervorzuheben sei an dieser Stelle die regulierende Wirkung von moderatem Ausdauertraining auf den Blutdruck. Das bekannte Zitat, man könne 20 Jahre lang Vierzig bleiben, ist keine leere Phrase, sondern durch zahlreiche Studien wissenschaftlich untermauert.
Das einfachste und wirksamste Rezept für " Anti-Aging " ist ohne Arzt zu haben und kostet beim Einlösen keine Gebühr, sondern nur etwas Zeit: zwei bis vier Stunden Sport pro Woche auf drei bis vier Tage verteilt. Ausdauertraining wird dabei optimal durch Krafttraining ergänzt, da dieses den altersbedingten Muskelabbau verzögern oder verhindern kann.
Training - was bedeutet das eigentlich?
Nach welchen Gesichtspunkten trainiert man? Auch ein flotter Waldlauf pro Monat hilft nicht wirklich weiter, denn die Belastung muss in optimalen Abständen wiederholt werden, um den Körper auf ein höheres Leistungsniveau zu bringen. Dies ist das Trainingsprinzip der Kontinuität . Läuft man nun zweimal die Woche eine bestimmte Strecke in der immer gleichen Zeit, verbessert man seine Ausdauer auf einen gewissen Level, für weitere Fortschritte muss aber das nächste Prinzip Verwendung finden, nämlich das der ansteigenden Belastung . Für Einsteiger ist eine langsame kontinuierliche Ausweitung des Trainingsumfangs unbedingt ratsam, während Fortgeschrittene zunehmend an der Intensitätsschraube drehen.
Dabei sollte man diese Reihenfolge einhalten:
- Erhöhung des Umfangs (z.B. längere Gesamtlaufzeit pro Woche
- Erhöhung der Dichte (kürzere Pausen, z.B. mehr Lauftage pro Woche)
- Erhöhung der Intensität (z.B. höhere Laufgeschwindigkeit)
Von einer gleichzeitigen Steigerung von Umfang und Intensität ist abzuraten, denn dadurch würde das Risiko von Verletzungen und Überforderung zu groß. Belastungssteigerung sollte immer behutsam und vor allem individuell erfolgen. Außer den körperlichen Voraussetzungen, dem Alter und dem bereits erreichten Leistungsniveau dürfen beim Training die psychischen Faktoren nicht vergessen werden, denn ohne Motivation wird der Weg zur Qual, auch wenn das Ziel noch so verlockend erscheint.
Mit den schnelleren Einheiten tritt das nächste Prinzip auf den Plan, und zwar das der wechselnden Trainingsreize . Plant man auf einen Wettkampf in einer bestimmten Disziplin, fehlt nur noch das Prinzip der zunehmenden Spezialisierung . Das bedeutet, dass man sein Training vermehrt an den Bewegungsmustern ( Prinzip der dynamischen Übereinstimmung ) und leistungsbestimmenden Faktoren orientiert, die z.B. von der Länge der Laufstrecke abhängen. Dazu gehört auch das Einüben des Wettkampftempos, was sehr eng mit der Wahrnehmung der aktuellen Beanspruchungssituation einher geht.
Welche Arten der Ausdauer gibt es?
Die Ausdauer wird oft mit der so genannten Grundlagenausdauer (GA) gleichgesetzt, obwohl es daneben auch noch die Ausprägungen Kraftausdauer und Schnelligkeitsausdauer gibt. Diese spielen bei kürzeren und intensiveren Belastungen eine Rolle. Die GA beschreibt die Durchhaltefähigkeit unterhalb der Dauerleistungsgrenze, der anaeroben Schwelle (näheres im Artikel "Cooper-Test" ). Verbessert wird sie zum Einen durch allgemeines Grundlagentraining , welches auch in anderen Sportarten als der Spezialdisziplin absolviert werden kann. "Cross-Training" lautet eine oft gebrauchte Bezeichnung dafür.
Spezielle Grundlagenausdauer trainiert man dagegen ausschließlich in der Zielsportart und bei stärkerer Intensität. Sie liegt im aerob-anaeroben Übergangsbereich und damit knapp unterhalb der Dauerleistungsgrenze. Bei noch höheren Ausdauerbelastungen, die die anaerobe Schwelle übersteigen, wird häufig die Intervallmethode angewendet, da ein kontinuierliches Training mit dieser Intensität nicht möglich ist. Den "Gipfel" bilden Wiederholungs- und Wettkampfmethode, die aber erst im Leistungssport eine Rolle spielen.
Die Grenzen zum Training der Kraft- und Schnelligkeitsausdauer sind dabei je nach Disziplin und Intervallform fließend. Von dieser "Verwandtschaft" sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Gerade Hobbysportler vernachlässigen oft ihre Kraftfähigkeiten und verhindern so Leistungsfortschritte oder begünstigen mitunter Überlastungsschäden.
Welche Trainingselemente sind sinnvoll?
Um die Ausdauer kontinuierlich zu verbessern, sind zwei bis drei Einheiten pro Woche das Minimum, zwischen denen die Pause höchstens zwei Tage sein sollte. Längere Abstände lassen reduzieren den Trainingseffekt deutlich. Einer der drei Trainingstage sollte knapp unter der anaeroben Schwelle auf einer Stufe stattfinden, die als anstrengend empfunden wird, aber trotzdem über längere Zeit durchgehalten werden kann. Dies entspricht bei den meisten Athleten um die 85% der maximalen Herzfrequenz (HFmax) in der jeweiligen Sportart.
Der einfachste Einstieg in diesen Bereich gelingt mit dem "Fahrtspiel", bei dem nach lockerem Beginn die Belastung nach Gefühl und Laune erhöht und wieder verringert wird. Bei einem Lauf oder einer Radfahrt durch hügeliges Gelände ergeben sich Anregungen für unterschiedliche Geschwindigkeiten und Anstrengungen praktisch von selbst. Wer eine lauforientierte Spielsportart wie Fussball, Handball, Basketball, Hockey etc. betreibt, erreicht damit ebenfalls entsprechende Tempowechsel.
Auf- und Abwärmen an diesem "Entwicklungstag"
verringert das Verletzungsrisiko und fördert die Erholung. Die anderen beiden Tage sind für allgemeine Ausdauer im Bereich von ca. 70-80% HFmax reserviert. Dabei können nicht nur diejenigen mit dem Fernziel (Rad-)Marathon bereits ihr Training differenzieren: in einen "Grundlagentag" bei 75-80% HFmax und einen "Ausdauertag" bei 65-75% HFmax , an dem die Zeitspanne der ununterbrochenen Beanspruchung im Vordergrund steht. Regelmäßiges Trinken von Beginn an ist bei dieser Einheit besonders wichtig; wenn sie länger als 2 Stunden dauert, auch mit Zufuhr von Kohlenhydraten. Das Getränk sollte ca. 6 bis 8 Prozent Kohlenhydrate enthalten, also 60 bis 80 Gramm pro Liter Flüssigkeit.
Ein- bis zweimal pro Woche sollte auch an die Kraftausdauer gedacht werden: Sätze von bis zu 40 Wiederholungen in 45-60 Sekunden schöpfen die anaerobe Kapazität der Muskulatur voll aus. Ein solches Training kann auch vor einer GA-Einheit stattfinden, direkt danach ist es nicht empfehlenswert.
Wie erreiche ich weitere Fortschritte?
Will man nach Steigerung des Umfangs und der Trainingstage die Intensität hochschrauben, empfiehlt sich ein allmähliches Überschreiten der anaeroben Schwelle nach folgendem Muster:
Man wechselt wöchentlich am "Entwicklungstag" zwischen längerem Training (Fahrtspiel oder Dauermethode) und kürzerer, schnellerer Einheit ab. Wer regelmäßig die o.g. Mannschaftssportarten betreibt, kann den "Tempotag" auch gleich einmal pro Woche einführen, z.B. mit einem Tempodauerlauf. Auch bei diesem gilt: Nach und nach den Umfang erhöhen, erst dann die Geschwindigkeit! Der Pulsbereich sollte um die 90% HFmax liegen. Noch höhere Werte erreicht man im Intervalltraining, das im Artikel über den Cooper-Test näher beschrieben ist. Für diese hoch intensive Belastung ist eine solide Grundlagenausdauer unbedingt Voraussetzung.
Der eigentliche Leistungszuwachs findet in den Pausen zwischen den Belastungen statt. Dieser Form-Aufbau kann durch ein Regenerations- und Kompensationstraining (REKOM) gefördert werden. "Aktive Erholung" besteht nicht nur aus Abwärmübungen wie z.B. Auslaufen direkt nach anstrengenden Einheiten, sondern auch in sanfter Bewegung am nächsten Tag. Mit langsamem, höchstens halbstündigem Jogging oder 40-60 Minuten ruhigem Inline-Skating oder Radfahren im kleinen Gang werden durch die vermehrte Durchblutung Stoffwechselprodukte schneller aus den Muskeln abtransportiert und Aufbaustoffe hingebracht
Welche Trainingsstruktur ergibt sich daraus?
Der "Grundlagentag" und der "Ausdauertag" gehören zu den weniger starken Belastungen, während der "Krafttrainingstag" und der "Entwicklungstag" bzw. "Mannschaftssport-Tag" anstrengender sind. Nach dem Erholungsprinzip sollten sich härtere mit lockeren Tagen abwechseln und bei direkt aufeinander folgenden Trainingstagen die Intensität abnehmen. Zu diesem Einsteiger-Pensum kommt bei ambitionierten Ausdauersportlern in der wettkampffreien Vorbereitungsphase ein zweiter oder sogar dritter Grundlagentag und in der Saisonvorbereitung der "Tempotag". Kurze REKOM-Einheiten an den freien Tagen runden das Programm ab.
Auch längerfristige Erholungsphasen sind formgebend. So mancher Hobbyathlet, der sich nach einem Vierteljahr Training frustriert über mangelnde Fortschritte äußert, hat nur seine monatlichen " Entlastungswochen " vergessen. Den Umfang eine Woche lang auf die Hälfte bis ein Drittel zu reduzieren, erlaubt dem Körper einen größeren Leistungszuwachs als kontinuierliches "Durchpowern" ( Prinzip der Zyklisierung ).
Die Belastungsintensität, also z.B. die Geschwindigkeit eines Tempodauerlaufs, muss dabei nicht unbedingt zurückgenommen werden. Regelmäßige Entlastungswochen sind außerdem ein guter Schutz vor Überlastung. Bei einer optimalen Trainingsplanung liegt eine derartige Entlastungs- und Aufbauwoche auch direkt vor einem wichtigen Wettkampf ( Prinzip der Periodisierung ).
Beispiele:
Woche eines Hobbykickers:
- Krafttag
- Grundlagentag - Dauerlauf oder Cross-Training
- Entwicklungstag - Fußballtraining oder Tempoläufe
- Ausdauertag- Fußballspiel
- REKOM
Winterprogramm eines Läufers:
- Krafttag
- Grundlagentag - Dauerlauf oder Cross-Training
- Entwicklungstag - Tempodauerlauf oder Fahrtspiel
- Grundlagentag - Dauerlauf oder Fahrtspiel
- Krafttag
- Ausdauertag - Dauerlauf
Frühjahrsprogramm eines Läufers:
- Krafttag
- Tempotag - Tempodauerlauf oder Intervalle
- REKOM
- Grundlagentag
- Entwicklungstag - Fahrtspiel oder Tempodauerlauf
- Ausdauertag
Tipp:
Lassen Sie sich nicht irritieren, wenn sie einen deutlich höheren oder tieferen Puls als die anderen haben oder von den erwähnten "Normbereichen" abweichen! Jeder Mensch ist ein Individuum und es gibt Hoch- und Niedrigpulser unabhängig von der Leistungsfähigkeit und Belastung. Es ist nicht möglich, alleine aus der Herzfrequenz auf die individuelle Leistungsfähigkeit zu schließen!
So lange Sie noch genügend Luft bekommen und nicht aufgrund der Anstrengung zu deutlich schnellerer und tieferer Atmung gezwungen sind, befinden Sie sich noch im Fitness- bzw. Gesundheitsbereich. Erst im Leistungsbereich oberhalb der anaeroben Schwelle treten diese Anzeichen auf, gemeinsam mit "Anstrengungsschmerzen" in den aktiven Muskeln.