Abspecken durch Sport - Die Reduktion des Körperfettanteils als Priorität

Abspecken durch Sport - Die Reduktion des Körperfettanteils als Priorität

Die Reduktion des Körperfettanteils, insbesondere des viszeralen Fettgewebes, ist bei Adipositas vorrangig, vor allem im Falle eines metabolischen Syndroms, weil sie die kausale Therapie darstellt. Körperliches Training kann dabei nur helfen, wenn es richtig eingesetzt wird. Die Empfehlungen, die im Therapieforum “Strategien beim adipösen Patienten“ von Kollegen abgegeben wurden, möchte ich zum Anlass zu nehmen, irrige Vorstellungen anzusprechen, die die Reduktion des Körperfettanteils mit Hilfe eines körperlichen Trainings betreffen. In der Fitness- und Wellnessszene sind sie an der Tagesordnung und offensichtlich finden sie leider auch in der Ärzteschaft Verbreitung. Als Sportmediziner, der seit Jahren gegen den weit verbreiteten Mythos der Fettverbrennung im Sport ankämpft, ist es mir ein Anliegen, dass zumindest wir Mediziner auf diesem Gebiet korrekt und zweckmäßig informieren und nicht ins gleiche Horn wie die vielen Fitnessgurus stoßen, die heutzutage in unqualifizierter Weise die Menschen fehlinformieren. Es gilt, sich von zwei falschen Vorstellungen zu verabschieden: dass es grundsätzlich ein Ausdauertraining braucht, um seinen Körperfettanteil reduzieren zu können und dass dafür ein Ausdauertraining im Fettstoffwechselbereich durchzuführen sei.

Krafttraining steht an erster Stelle

Das einzig entscheidende Kriterium für eine Reduktion des Körperfettanteils ist eine negative Energiebilanz, und nicht, was man isst (Stichwort: glykämischer Index) und auch nicht, wie oft und wann man isst (Stichwort: “dinner cancelling“). Hauptsache, körperlich aktiv. Jeder von uns hat in der Schule die Gesetze der Thermodynamik gelernt, aber wie es scheint, haben viele sie wieder vergessen. Ganz einfach ausgedrückt, “von nix kommt nix“. Es ist allemal sinnvoller, da zweckmäßiger, die negative E-Bilanz so zu erklären: “Kalorienverbrauch höher als Kalorienzufuhr“ (anstatt “Kalorienzufuhr geringer als Kalorienverbrauch“), weil damit der Bedeutung eines Energiemehrumsatzes durch körperliche Aktivität Rechnung getragen wird. Eine reine Kalorienrestriktion ohne gleichzeitige körperliche Aktivität würde langfristig nur zu einem Absinken des Grundumsatzes und einem Abbau von Muskelmasse führen (der den GU weiter reduziert) und damit eine Körperfettreduktion auf Dauer immer schwieriger werden lassen (Fastenkuren, “crash“- Diäten). Nur eine maßvolle negative E-Bilanz macht Sinn. Die Art und Weise der körperlichen Aktivität, die über einen entsprechenden Energieumsatz zu einer negativen Energiebilanz verhilft, ist sekundär. Ob es eine Bergwanderung, Schwammerlsuchen im Wald, Holz hacken, ein Tanzkurs oder aber ein gezieltes Sportprogramm ist, ist letztlich nicht entscheidend. Hauptsache, man bewegt sich regelmäßig, und das mit einer Intensität, die über die üblichen Alltagsbelastungen hinausgeht.

Krafttraining ist effizienter

Was das “Abspecken“ durch Sport angeht, so konnten TREMBLAY et al und noch weitere Arbeitsgruppen bereits in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts zeigen, dass, bezogen auf den Zeitaufwand, Krafttraining eine effizientere Körperfettreduktion als Ausdauertraining bewirkt. Es ist verwunderlich, dass diese vielen Publikationen von offensichtlich keinem Trainer oder Mediziner gelesen werden, weil immer nur von einem Ausdauertraining gesprochen wird, wenn es darum geht, Körperfett abzubauen. Abgesehen davon kann es jeder bestätigen, der Selbsterfahrung damit hat. Den “Ungläubigen“ möchte ich an dieser Stelle die Sprinter vor Augen führen, die kein Fettstoffwechseltraining durchführen, und denen es gerade in Phasen hochintensiven Kraft- und Schnellkrafttrainings das Unterhautfett nur so “wegbrennt“ (auch ohne “Unterstützung“ durch HGH-Doping). Der “Nachbrenneffekt“. Die Erklärung, warum Krafttraining so effizient beim “Abspecken“ hilft, ist relativ einfach: 1. Der Energieumsatz ist der Energieumsatz während einer intensiven Krafttrainingseinheit annähernd so hoch wie der einer gleich langen Ausdauertrainingseinheit. 2. Der Nachbrenneffekt bewirkt intensives Krafttraining einen sog. “Nachbrenneffekt“, mit anderen Worten, im Anschluss an das Training einen gesteigerten Energieumsatz und damit eine gesteigerte Fettverbrennung in Ruhe, die viele Stunden anhält (bis zu 24 Std., in manchen Publikationen ist sogar von 48 Std. die Rede) und langfristig eine Steigerung des Grundumsatzes [siehe DER ENERGIEUMSATZ]. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die ruhende Muskulatur ihre Energie so gut wie ausschließlich aus der Betaoxidation (Fettsäureoxidation) bezieht. Der “Nachbrenneffekt“ und die Steigerung des Grundumsatzes sind zunächst einmal unabhängig von einem krafttrainingsbedingten Zugewinn an Muskelmasse und in weiterer Folge damit korreliert. Abgesehen davon ist es therapeutisch nur erstrebenswert, die im Laufe körperlich inaktiver Jahre verlorengegangene Muskelmasse durch ein Krafttraining wieder zurückzugewinnen. Man sollte nicht vergessen, dass man spätestens ab dem 30. Lebensjahr jedes Jahr ca. 1% seiner Muskelmasse verliert, wenn man dem nicht mit entsprechender körperlicher Aktivität entgegenwirkt.

Verbesserte Insulinsensitivität und Basistherapie bei Adipositas

Die Muskulatur ist das größte Organ, welches in körperlicher Ruhe Fettsäuren verbrennt und unter körperlicher Belastung in Abhängigkeit von deren Intensität neben Fettsäuren auch Glukose zur Energiegewinnung heranzieht. Eine entsprechende Muskelmasse vermag gerade im Falle einer pathologischen Glukosetoleranz oder bereits eines NIDDM entscheidend zur Blutzucker-Homöostase beizutragen, vor allem dann, wenn die Insulinsensitivität durch körperliches Training verbessert wird. Die Entwicklung einer Adipositas geht in den meisten Fällen aufgrund zunehmender körperlicher Inaktivität mit einer fortlaufenden Muskelatrophie parallel. Neben einer “Verfettung“ der Muskelzellen und der Downregulation der zellulären Insulinrezeptoren durch die Adipositas-bedingte Hyperinsulinämie ist die Pathogenese der Insulinresistenz und weiter des NIDDM (non insulin dependent diabetes mellitus = Typ2-Diabetes mellitus, T2DM) nicht zuletzt durch ein Zuwenig an Muskelmasse gekennzeichnet. Die wichtigste Maßnahme beim metabolischen Syndrom, mit oder noch ohne T2DM, ist ein muskelaufbauendes Krafttraining! Ein Ausdauertraining kommt hier erst an zweiter Stelle. Es hat lange gedauert, bis auch die medizinische Wissenschaft zu dieser Erkenntnis gelangt ist, wie die neueren Publikationen zu diesem Thema zeigen. Mir ist das schon seit vielen Jahren klar, und dementsprechend gehört ein Ganzkörperkrafttraining schon lange zur Basistherapie meiner adipösen Patienten mit metabolischem Syndrom. Weiters sollte man einen wichtigen Aspekt nicht vergessen: um überhaupt ein effizientes Ausdauertraining durchführen zu können, ist eine gewisse muskuläre Basiskraft erforderlich. An dieser mangelt es den meisten Adipösen. Ein kräftiges Muskelkorsett entlastet den Bewegungsapparat, insbesondere die Gelenke.

Kein “Abspecken“ durch Fettstoffwechseltraining

Wer zum Zwecke des “Abspeckens“ ein Training mit “Fettverbrennungspuls“ empfiehlt, hat die Leistungsphysiologie des Intermediärstoffwechsels nicht verstanden. Ein Fettstoffwechseltraining (das ist der korrekte Terminus, nicht “Fettverbrennungstraining“) ist kein “Training zum Fettabbau“, wie es immer wieder vermittelt wird. Es ist ein extensives Ausdauertraining nach der Dauermethode, welches den Zweck hat, die muskuläre Energiebereitstellung unter langdauernder extensiver Belastung zu ökonomisieren. Die arbeitende Muskulatur lernt dabei, die Energie (ATP) überwiegend aus der Fettverbrennung (genauer: der Verbrennung freier Fettsäuren = Betaoxidation) zu gewinnen und damit ihren wertvollen, da limitierten Glykogenspeicher zu “schonen“. Für Untrainierte eine Illusion. Ein Fettstoffwechseltraining entwickelt die Grundlage der Langzeitausdauer und ist somit für Marathonläufer, Radrennsportler, Triathleten usw. wichtig. Mit einem “Abspecken“ hat es nichts zu tun! Das Ausmaß an Fett

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