Wenn Pilates zur Gefahr wird: Nicht jeder Trainer, weiß was er tut

Wenn Pilates zur Gefahr wird: Nicht jeder Trainer, weiß was er tut

Der Pilates-Boom scheint unaufhaltsam, und Millionen Menschen schwören darauf, ihren Körper zu stärken und zu formen. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten: Der Trend hat ein ernstzunehmendes Problem – die Trainer. Während Pilates als Methode gefeiert wird, zeigt sich eine besorgniserregende Entwicklung: Jeder kann sich als Pilates-Trainer ausgeben, ohne die notwendige Qualifikation zu haben. Der Begriff „Pilates“ ist nämlich nicht geschützt, und so tummeln sich auf dem Markt zahlreiche Anbieter, die zwar ein ambitioniertes Auftreten haben, aber wenig fundiertes Wissen mitbringen. Die gesundheitlichen Risiken für Teilnehmer sind erheblich.

Der Mythos vom neuen Körper

„Nach zehn Pilates-Stunden fühlt man sich besser. Nach 20 sieht man besser aus. Und nach 30 hat man einen neuen Körper“, versprach einst Joseph Hubert Pilates, der visionäre Erfinder dieser Trainingsmethode. Aber was ist, wenn der neue Körper schmerzverzerrt ist und die orthopädische Praxis häufiger besucht als das Pilates-Studio? Tatsächlich hat sich der Spruch von Pilates in so manchem Fall ins Gegenteil verkehrt. Statt einer gestärkten Tiefenmuskulatur klagen „Pilates-Opfer“ – ein Begriff, der in Fachkreisen und Foren die Runde macht – über Bandscheibenprobleme, Rückenschmerzen und sogar Verletzungen.

Die Gefahr der falschen Anleitung

Orthopäden und Physiotherapeuten sind sich einig, dass Pilates ein effektives und gesundes Training sein kann – wenn es richtig angeleitet wird. Genau hier liegt jedoch das Problem: Wer sich als Trainer ausgeben möchte, kann dies tun, ohne jegliche fundierte Ausbildung. Während andere Sportarten strenge Ausbildungsstandards und Lizenzen erfordern, gibt es bei Pilates keine verpflichtenden Regelungen. Joseph Hubert Pilates ließ sich seine Methode nie patentieren, und so öffnen sich Tür und Tor für selbsternannte „Experten“, die ihr Wissen oft nur aus einem Wochenendkurs oder einem Buch ziehen.

Das Dilemma der Crash-Kurse

Ein seriöser Pilates-Trainer durchläuft eine intensive Ausbildung, die nach Meinung des Deutschen Pilates-Verbands 600 bis 700 Stunden umfassen sollte. Doch die Realität sieht anders aus: Viele Trainer absolvieren lediglich einen Crash-Kurs, der bestenfalls ein Wochenende dauert, und leiten anschließend Gruppen mit 20 Teilnehmern. Schon die Gruppengröße ist problematisch, denn selbst erfahrene Trainer können bei mehr als zehn Personen keine individuelle Betreuung mehr gewährleisten. Die Folge: Fehlhaltungen bleiben unbemerkt, und Übungen werden falsch ausgeführt, was das Risiko für Verletzungen erheblich erhöht.

Das Ziel verfehlt

Pilates verspricht, die Tiefenmuskulatur zu stärken und den Körper zu kontrollieren – eine Kunst, die Joseph Pilates „Contrology“ nannte. Doch bei schlechter Anleitung passiert oft das Gegenteil: Statt einer besseren Haltung und mehr Stabilität berichten Betroffene von herausgesprungenen Wirbeln, eingeklemmten Nerven und chronischen Rückenschmerzen. Die Berichte in Online-Foren von enttäuschten Pilates-Teilnehmern häufen sich und werfen ein Schlaglicht auf die mangelnde Qualität vieler Anbieter.

Der Deutsche Pilates Verband: Ein Qualitätssiegel

Um dem Wildwuchs in der Branche entgegenzuwirken, wurde der Deutsche Pilates Verband gegründet. Er setzt auf klare Standards und zertifiziert Trainer, die eine umfassende Ausbildung nachweisen können. Leider hat sich dieses Qualitätssiegel noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Viele Fitnessstudios greifen lieber auf günstige Trainer mit kurzen Ausbildungswegen zurück, um Kosten zu sparen. Die Leidtragenden sind die Teilnehmer, die sich auf die Kompetenz ihrer Trainer verlassen – oft zu Unrecht.

Wie Verbraucher sich schützen können

Wer Pilates trainieren möchte, sollte bei der Auswahl des Studios genau hinschauen. Ein entscheidender Hinweis auf die Seriosität eines Anbieters ist die Frage, ob auch Gerätetraining angeboten wird. Seriöse Studios investieren in hochwertige Geräte wie den „Cadillac“ oder den „Reformer“ und in die fundierte Ausbildung ihrer Trainer. Pilates ist weit mehr als nur ein bisschen Dehnen auf einer Yogamatte – und wenn das Angebot auf reines Mattentraining beschränkt ist, sollte man skeptisch werden.

Fazit: Pilates mit Vorsicht genießen

Pilates ist eine großartige Methode, um den Körper zu stärken, die Haltung zu verbessern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Doch wie bei jedem Training gilt: Die Qualität des Trainers ist entscheidend. Teilnehmer sollten sich nicht scheuen, gezielt nach der Ausbildung des Trainers zu fragen und auf Qualitätssiegel wie die des Deutschen Pilates Verbands zu achten. Wer bewusst wählt, kann von den zahlreichen Vorteilen des Pilates-Trainings profitieren – ohne dabei Gefahr zu laufen, zum „Pilates-Opfer“ zu werden.

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