Vegetarische Ernährung - Fleischersatz
Quorn™ - Fleisch für Vegetarier
Über die ernährungsphysiolgische Bedeutung einer ausschließlich vegetarischen Ernährung kann man diskutieren. Die Gründe, Fleisch zu meiden, können vielseitig sein. Das eigene Gesundheitsbewusstsein, ökologische oder ethische Faktoren können dabei eine Rolle spielen. Es wird davon ausgegangen, dass etwa jeder zehnte die fleischlose Kostform bevorzugt. Nicht jeder ist aber dem Fleischgeschmack abgeneigt. Im Gegenteil, manch einer würde schon einmal gerne in ein saftiges Steak oder Hühnerbrustfilet beißen, nur die eigene Überzeugung sträubt sich dagegen. Unabhängig von der Diskussion, ob Vegetarier nun gesünder oder ungesünder als Fleischverzehrer leben, gibt es nun eine Möglichkeit, die Fleischgelüste zu befriedigen, ohne dass ein Tier dafür auf die Schlachtbank muss.
Fleischersatz aus Schimmelpilzen
Die Geschichte von Quorn™ reicht bis in die sechziger Jahre zurück, als der eher unbekannte Filmemacher J. Arthur Rank auf der Suche nach einer neuen Proteinquelle war. Ausgangspunkt war die Überlegung, dass schon damals von Experten eine drastische Zunahme der Bevölkerungsdichte vorhergesagt wurde, die schließlich in einer globalen Proteinnot enden würde. Rank, dessen Filmgeschäfte immer schlechter liefen, stellte sich dieser Herausforderung und machte sich auf die Suche nach einer neuen Proteinquelle. Zu diesem Zweck stellte er sich Dr. Arnold Spicer als Forschungsdirektor ein. Somit war der Grundstein für die spätere Firma Marlow Food gelegt.
Quorn™ ist ein Eiweißprodukt aus Mikroorganismen , genauer aus Schimmelpilzen. Das Mycoprotein stammt nach Angaben der Hersteller aus der selben Familie wie Champignons und Trüffel. Nicht selten wird es daher als „mushroom protein“ (mushroom = Pilz, Champignon) bezeichnet. Der pilzige Fleischersatz wird in den USA, der Schweiz und in England bereits seit Jahren verkauft. Nun soll er auch in Deutschland eine deftige Alternative zu Tofu werden. Im Gegensatz zum eher wabbligen und weniger konsistenten Sojaprodukt sollen die Quorn™ -Produkte im Hinblick auf Faserung, Geschmack und Geruch sehr fleischähnlich sein, sowohl im rohen als auch im gebratenen Zustand. In Sachen Vielfalt ist für jeden Geschmack etwas dabei. Quorn™ gibt es als Burger, Würstchen, Chicken Nuggets und Filet. Doch nicht nur auf den Geschmack, sondern auch auf die Zusammensetzung wurde Wert gelegt. Es enthält ausschließlich pflanzliches Fett und das Protein-Fett-Verhältnis soll noch günstiger sein als bei Hähnchenbrustfilet ohne Haut. Quorn™ ist darüber hinaus cholesterinfrei und sehr gut sättigend, wie eine Untersuchung am Department of Psychology der Universität Leeds (1) zeigt.
Quorn™ hui - Fleisch pfui?
Ist eine gesunde Ernährung in Zukunft nur noch mit Schnitzel aus dem Labor denkbar? Sicher nicht, denn nach wie vor wird es möglich sein, sich mit den Produkten, die uns die Natur liefert, ausgewogen zu verkosten. Wer seine Mühen mit dem Idealgewicht hat, muss natürlich um so mehr darauf achten, sich energie- und damit auch fettarm zu ernähren. Tipps wie „Pute statt Ente“ „Magermilch statt Vollmilch“ erscheinen zwar altbacken, haben aber dennoch ihre Berechtigung, denn durch das Einsparen gesättigter Fette lässt sich der Energiegehalt der Nahrung effektiv reduzieren. Allzu oft werden pflanzliche Fette als gesund, tierische Fette als ungesund hingestellt. So pauschal lässt sich diese Unterscheidung aber nicht treffen. Mit anderen Worten: Wer sich zu reichhaltig und zu fett ernährt, der gewinnt nichts dabei, wenn er alle tierischen Fette in seinen Mahlzeiten gegen pflanzliche austauscht. Auch der Zusatz „cholesterinfrei“ sollte nicht überbewertet werden, denn die im Blut gemessenen Cholesterinkonzentrationen lassen sich nur minimal durch die Ernährung beeinflussen.
Was aus den Produktinformationen nicht hervor geht...
Die Vorstellung, dass ein Nahrungsmittel so ganz und gar nicht natürlich gewachsen ist, sondern aus dem Chemielabor stammt, mag den kritischen Verbraucher etwas verunsichern. Das Label „mushroom protein“ klingt dabei nicht einmal unnatürlich und trägt damit zur Verunsicherung des Konsumenten bei. Darauf weist das Center for Science in the Public Interest (CSPI) in seinem Nutrition Action Healthletter vom 24. April 2002 hin. Demnach sei zwar die Aussage, dass sowohl Champignons und die in Quorn™ verwendeten Kulturen biologisch betrachtet zu den Pilzen zählen, nicht falsch, darüber hinaus weisen sie aber keine Gemeinsamkeiten auf. Hier soll dem Konsumenten offensichtlich vorgegaukelt werden, dass es sich um ein bekanntes Produkt, nämlich mushrooms, handelt.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist das Problem möglicher Unverträglichkeiten. Es ist nicht auszuschließen, dass der Körper auf Mycoproteine allergisch mit Übelkeit und Durchfall reagiert. Wenn auch eine Studie von Tee et al. keine gesundheitliche Gefahr im Verzehr von Mycoproteinen sieht (2), warnt das CSPI davor, diese Ergebnisse zu überschätzen. Offensichtlich bedarf es in dieser Frage noch einiger Aufklärungsarbeit seitens der Wissenschaft. Wer also den fusarium venenatum, so heißt der in Quorn™ enthaltene Pilzstamm, kostet und danach Missempfindungen wahrnimmt, sollte eine mögliche Unverträglichkeit zumindest in Betracht ziehen.
Fazit
„Soll ich oder soll ich nicht?“, werden Sie sich zurecht fragen, wenn Quorn™-Produkte in deutschen Supermarktregalen stehen und sie mit den fleischlosen Filets liebäugeln. Nichts spricht gegen eine Kostprobe, wenn auch die wissenschaftliche Datenlage zu Mycoproteinen noch sehr dünn ist. Die Vorteile von Quorn™ gegenüber magerem Fleisch werden überschätzt. Auch wenn Sie weiterhin lieber Tier statt Pilz auf dem Teller haben, bedeutet das nicht automatisch, dass Ihre Ernährung dadurch ungesünder ist.
Referenzen:
1) Burley, VJ, Paul, AW, Blundell JE: Influence of high-fibre food (myco-protein) on appetite: Effects on satiation (within meals)
and stiety (following meals).In: In: Eur J Clin Nutr. 1993 Jun;47(6):409-18.
2) Tee RD, Gordon DJ, Welch JA, Newman Taylor AJ: Investigation of possible adverse allergic reactions to mycoprotein ('Quorn').
In: Clin Exp Allergy. 1993 Apr;23(4):257-60.
Thomas Markmann