Isokinetisches Training – Sinnvolle Ergänzung oder veraltete Methode?

Isokinetisches Training – Sinnvolle Ergänzung oder veraltete Methode?

Andrea Piacquadio pexels

Isokinetisches Training war lange ein fester Bestandteil in der Rehabilitation und im Leistungssport. Heute scheint es aus der modernen Trainingswelt fast verschwunden zu sein. Doch ist diese spezielle Form des Krafttrainings wirklich überholt, oder könnte sie für Fitnesssportler eine unterschätzte Ergänzung sein? Betrachtet man aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, ergeben sich interessante Perspektiven auf die Effektivität und mögliche Integration in moderne Trainingsprogramme.

Wie funktioniert isokinetisches Training?

Der Begriff „isokinetisch“ bedeutet, dass sich die Bewegungsgeschwindigkeit während der gesamten Bewegungsausführung nicht verändert. Dies wird durch spezielle Maschinen ermöglicht, die den Widerstand automatisch anpassen, sodass die Muskulatur über die gesamte Bewegung hinweg maximal gefordert wird. Im Gegensatz zum konventionellen Krafttraining, bei dem die Belastung je nach Hebelverhältnis variiert, bleibt der Widerstand konstant an die Muskelkraft angepasst.

Vorteile für den Fitnesssportler

Isokinetisches Training hat einige wesentliche Vorteile, die insbesondere für ambitionierte Fitnesssportler interessant sein könnten. Eine aktuelle Studie im Journal of Strength and Conditioning Research zeigt, dass diese Methode eine gleichmäßige Muskelaktivierung ermöglicht und das Verletzungsrisiko reduziert. Da die Belastung über die gesamte Bewegungsamplitude konstant bleibt, werden Schwachstellen effektiv trainiert. Zudem kann diese Trainingsmethode gezielt zur Rehabilitation nach Verletzungen oder zur Prävention eingesetzt werden.

Ein weiterer Vorteil liegt in der objektiven Messbarkeit des Trainingsfortschritts. Moderne isokinetische Geräte erfassen präzise Daten zu Kraftverlauf und Ermüdung, was eine detaillierte Trainingssteuerung ermöglicht. Gerade im Bereich der Leistungsdiagnostik wird diese Methode weiterhin in vielen Sportarten eingesetzt.

Gibt es Nachteile?

So effektiv isokinetisches Training auch sein kann, es gibt auch einige Nachteile. Der größte limitierende Faktor ist die Verfügbarkeit der Geräte. Isokinetische Maschinen sind teuer und in regulären Fitnessstudios kaum zu finden. Sie werden hauptsächlich in Reha-Zentren oder spezialisierten Trainingszentren genutzt. Zudem fehlt beim isokinetischen Training der freie Bewegungsablauf, den man bei klassischen freien Gewichten oder funktionelles Training  hat. Dies könnte langfristig zu einer reduzierten intermuskulären Koordination führen, da isolierte Muskelgruppen bevorzugt angesprochen werden.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Übertragbarkeit auf alltagsnahe Bewegungen und Sportarten. Während isokinetische Geräte eine gleichmäßige Kraftentfaltung fördern, fehlt oft die Anpassungsfähigkeit an dynamische Belastungen, die in vielen Sportarten notwendig sind. Studien im Bereich der Sportwissenschaft zeigen, dass Athleten, die ausschließlich auf isokinetisches Training setzen, in realen Wettkampfbedingungen nicht unbedingt besser abschneiden.

Integration in den Trainingsplan

Die große Frage bleibt: Macht es Sinn, isokinetisches Training in einen modernen Trainingsplan zu integrieren? Hier spielt die Trainingsperiodisierung eine entscheidende Rolle. Im Makrozyklus eines Trainingsjahres könnte isokinetisches Training in spezifischen Phasen genutzt werden – etwa in der Aufbauphase zur gezielten Kraftentwicklung oder in der Rehabilitationsphase nach Verletzungen.

Im Mikrozyklus könnte es beispielsweise zur Diagnostik oder in regenerativen Einheiten sinnvoll eingesetzt werden. Studien zeigen, dass isokinetisches Training besonders effektiv ist, wenn es mit klassischen freien Übungen kombiniert wird. Eine Mischung aus freien Gewichten für funktionelle Kraftentwicklung und isokinetischen Übungen zur gezielten Muskelaktivierung könnte daher eine ideale Strategie sein.

Isokinetisches Training ist keineswegs eine veraltete Methode, sondern eine hochspezialisierte Technik, die gezielt eingesetzt wertvolle Vorteile bieten kann. Es eignet sich hervorragend zur Verletzungsprävention, Rehabilitation und zur Analyse muskulärer Dysbalancen. Allerdings ist es aufgrund der hohen Anschaffungskosten und eingeschränkten Verfügbarkeit nicht für jeden Fitnesssportler praktisch umsetzbar. Wer jedoch Zugang zu isokinetischen Geräten hat, kann durch eine strategische Integration in den Trainingsplan langfristig von dieser Technik profitieren.

Quellen: Dieser Artikel basiert auf aktuellen Studien aus dem Journal of Strength and Conditioning Research und dem European Journal of Applied Physiology.

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