Kennt ihr das? Man sitzt gemütlich vor dem Fernseher, links der Chipstüten-Berg, rechts die Fernbedienung, und in einer Schockstarre fragt man sich: „Warum eigentlich aufstehen, wenn es doch so bequem ist?“ Zack, schon hat uns das „Faule Sack“-Syndrom gepackt, eine äußerst ansteckende Volkskrankheit, deren Symptome man leider nicht bei Dr. Google eingeben kann. Denn wer noch kräftig genug ist, die Suchbegriffe in die Tastatur zu hauen, hat sich nicht komplett dem Sofa ergeben. Doch es soll Abhilfe geben, und zwar aus dem Reich der Technik. Hightech Fitness-Gadgets wollen uns motivieren, unsere Couch-Potato-Existenz gegen eine deutlich aktivere Daseinsform einzutauschen. In dem Moment, in dem man realisiert, dass das eigene Spiegelbild irgendwie an eine unfreiwillige Kreuzung aus Knautschkissen und Faultier erinnert, kommt man auf die glorreiche Idee: „Ich brauche etwas, das mich antreibt!“ Und schwupps, bevor man sich versieht, landet man in einem Shop voller Smartwatches, Vibrationsgurte und blinkender LED-Hula-Hoop-Reifen. Doch taugt das Zeug wirklich was oder ist es nur eine weitere Methode, unser schlechtes Gewissen elegant zu streicheln?
Wie das Smartphone uns austricksen will
Ein gern gezeigtes Fitness-Gadget ist natürlich die allseits bekannte Smartwatch oder ihr kleiner Bruder, der Fitness-Tracker. So ein Teilchen am Handgelenk, das ganz genau registriert, ob man sich morgens drei Schritte zur Kaffeemaschine bewegt oder gleich ganz auf die Tasse verzichtet. Womit? Mit Vibrationsalarm, Herzfrequenz Messung und Pseudofeiern in Form von bunten Lichtern, die aufblitzen, sobald man die zehnte Kalorie des Tages verbrannt hat. Man könnte sagen, sie funktionieren wie ein ständig meckernder Personal Trainer, nur eben in Miniaturform. „Hey, du hast dich schon zehn Minuten nicht bewegt, du faule Socke! Auf, mach 6000 Schritte, wir haben noch nicht genug Bakterienkulturen auf deinen Laufschuhen gezüchtet!“ So ungefähr flüstert die Uhr in meinen Kopf. Aber was soll’s: Sofern diese liebevolle Ermahnung mich tatsächlich zu einem Spaziergang oder einer Joggingrunde überredet, hat das Hightech-Ding seinen Job erfüllt. Einige Studien zur Verhaltenspsychologie belegen übrigens, dass solche ständigen kleinen Reminder den Schritt in ein aktiveres Leben erleichtern können, besonders, wenn sie von belohnenden Botschaften (Blümchen, Punkte, virtuelle Pokale) begleitet werden. Denkt also daran, wenn euch eure Smartwatch mitten in der Nacht vibriert, weil sie meint, ihr seid noch nicht fleißig genug gewesen.
Das Geheimnis der elektrischen Muskelstimulation
Man liest ja manchmal diese Werbeversprechen: „Setz dich aufs Sofa, schnall dir ein Gürtelchen um den Bauch, warte zehn Minuten, und schon hast du ein Sixpack, das selbst Dwayne Johnson neidisch macht.“ Willkommen in der Welt der EMS-Geräte. Die zarten Stromimpulse werden durch die Haut geleitet und sollen die Muskulatur zum Kontrahieren bringen, während man selbst ein gezuckertes Erfrischungsgetränk schlürft. Klingt nach der großen Faulheitsrevolution, oder? Ganz so einfach ist es laut sportwissenschaftlichen Untersuchungen dann doch nicht: Ja, EMS-Training kann durchaus einen Trainingseffekt haben, besonders für die tiefen Muskelgruppen. Doch wer glaubt, sich nie wieder bewegen zu müssen, weil er das Wundergadget besitzt, wird enttäuscht. Kraftzuwächse und Ausdauersteigerungen zeigen sich nämlich vorrangig, wenn man zusätzlich aktiv etwas tut, also beispielsweise Kniebeugen, während die Elektroden fröhlich pulsieren. Immerhin könnte man damit sein Gewissen beruhigen: „Schatz, ich mache Sport, siehst du nicht, wie ich hier auf dem Sofa mit Schweißperlen auf der Stirn liege und zucke?“ Ob das der Gatte oder die Gattin längerfristig glaubt, steht auf einem anderen Blatt. Aber witzig wäre es schon.
VR-Brille statt Laufband-Horror
Wem es einfach zu langweilig ist, auf einem altmodischen Laufband durch die Gegend zu schlendern, während man ausdruckslos eine Betonwand anstarrt, kann inzwischen auf virtuelle Realitäten zurückgreifen. Man schnappt sich eine VR-Brille und taucht ein in eine Fantasiewelt, in der man mit Feuerdrachen um die Wette sprintet oder mit Riesenrobotern Seilspringen übt. Angeblich soll das Motivationsplus enorm sein, weil man gar nicht merkt, wie man schwitzt. Wer wollte nicht schon mal mit Orks im Wald sprinten, ohne dass der Chef komische Fragen stellt? Allerdings darf man sich nicht wundern, wenn man nach der Trainingseinheit ein wenig benommen die Brille abnimmt und die reale Welt plötzlich enttäuschend farblos erscheint. Neuere Ansätze der Trainingsforschung belegen allerdings, dass die Ablenkung durch virtuelle Szenarien tatsächlich dabei hilft, das subjektive Anstrengungsempfinden zu reduzieren. Sofern man nicht gegen das Wohnzimmerregal stolpert, kann dieses Gadget also richtig Laune machen. Dass wir dabei aussehen wie verrückte Cyborgs, wenn wir mit geschlossenen Augenbewegungen durch die Gegend rennen, ist natürlich ein kalkuliertes Risiko. Zur Not kann man die Fenster verdunkeln, bevor die Nachbarn uns für völlig übergeschnappt halten.
Hula-Hoop 2.0 und andere skurrile Helden
Erinnern wir uns an die 80er: Da gab es doch mal diesen quietschbunten Hula-Hoop-Reifen. Nun kehrt er zurück, aber diesmal leuchtet er, misst unsere Hüftschwingungen und macht fröhliche Sounds, wenn wir einen besonders guten Rhythmus hinlegen. Ohne Witz: Es gibt Hightech-Hula-Hoops, in denen Sensoren eingebaut sind, die jede Kreisbewegung aufzeichnen. Wer genug Zeit investiert, kann sich den Hüftgürtel so trainieren, dass man als lebender Hüftschwung-Laser in die Geschichte eingeht. Auch hier könnte man sich fragen, ob man wirklich die Hightech-Variante braucht oder ob ein normaler Plastikreifen nicht reicht. Doch hey, wir leben im 21. Jahrhundert, wo jeder Schritt vermessen wird. Warum also nicht auch die kreisenden Hüftbewegungen? Manche Sportwissenschaftler zucken zwar mit den Schultern, weil sich der Effekt auf Kalorienverbrauch und Muskelaufbau in Grenzen hält. Aber wenn es motiviert, sich endlich mal ein bisschen zu bewegen, warum nicht?
Wenn die Waage redet
Was motiviert eigentlich mehr als eine smarte Waage, die uns jeden Morgen piepsend freundlich begrüßt und dann unbarmherzig das Gewicht an eine App überträgt, in der das Diagrämmchen brav anzeigt, ob man sich in Richtung Traumbody bewegt oder das Gegenteil tut? Eine vernetzte Waage, die Body-Mass-Index, die Muskelmasse ermittelt, eine Körperfettmessung durchführt und wahrscheinlich sogar die Anzahl der Plomben im Zahn ermitteln kann, kann durchaus hilfreich sein. Studien zum Thema Selbstmonitoring haben gezeigt, dass Menschen, die regelmäßig ihr Gewicht oder ihre Körperkomposition erfassen, eher am Ball bleiben und ihr Ess- und Bewegungsverhalten anpassen. Doch Vorsicht: Wer sich täglich auf die smarte Waage stellt und jeden Schwankungshunderter ins Dramaland interpretiert, muss aufpassen, nicht in einer obsessiven Beziehung zum eigenen Körper zu landen. Der Sinn dieses Gadgets ist ja, einen sanften Schubs Richtung „vernünftig essen und ab und zu bewegen“ zu geben und nicht die nächste psychologische Baustelle aufzumachen. Allerdings kann es wirklich spaßig sein, wenn die App uns feiert, sobald wir 200 Gramm weniger wiegen. „Glückwunsch, du bist heute leichter als deine Katze!“ – Naja, so ungefähr jedenfalls.
Der Faktor Spaß und etwas Selbstironie
Alle diese Gadgets haben eines gemeinsam: Sie versuchen, das „Faule Sack“-Syndrom zu bekämpfen, indem sie uns anstupsen, uns loben, uns ablenken oder uns sogar leichte Stromschläge verpassen, wenn wir zu lange herumlümmeln. In einer Welt voller Ablenkungen muss man manchmal eben zu ungewöhnlichen Mitteln greifen, um sich selbst in die Gänge zu kriegen. Wissenschaftlich gesehen kann diese Technikfixierung durchaus funktionieren, weil das menschliche Gehirn gern auf kleine Belohnungssysteme anspringt. Die Dopaminausschüttung beim Erreichen eines in der App festgelegten Tagesziels kann uns tatsächlich einen Kick verschaffen, der uns am nächsten Tag wieder antreibt. Am Ende ist aber immer noch unser Schweinehund der Schlüssel: Wenn der partout keine Lust hat, kann die schickste Technologie nicht zaubern. Ein gerüttelt Maß an Selbstironie gehört also dazu: „Ja, ich bin heute noch nicht losgejoggt, aber meine Smartwatch hat’s gemerkt und schimpft schon.“ Vielleicht grinst man dann über die eigene Faulheit, springt in die Sportklamotten und geht doch raus. Mit ein bisschen Humor trägt sich jedes Training leichter.
Fazit: Aufrappeln, Gadget schnappen, Spaß haben
Wer das „Faule Sack“-Syndrom endgültig besiegen will, darf sich also gerne in die bunte Welt der Hightech Fitness stürzen. Ob Smartwatch, EMS-Gürtel, VR-Brille oder leuchtender Hula-Hoop – jedes Gadget hat seinen ganz eigenen Charme, seine Vor- und Nachteile. Die Wissenschaft gibt uns recht: Motivation auch wenn sie manchmal aus der Trickkiste kommt, funktioniert, solange wir uns nicht darauf verlassen, dass die Technik die Arbeit für uns erledigt. Wir sollten nur aufpassen, dass wir nicht vor lauter Gadget-Käufen pleitegehen, ohne je wirklich Sport zu treiben. Wer’s clever angeht, kann tatsächlich vom ständigen Piepsen und Vibrieren profitieren und sich Schritt für Schritt aus der Couchmulde erheben. Und wenn man dann seinen ersten 5-Kilometer-Lauf schafft, ohne nach Luft zu japsen wie ein altersschwacher Staubsauger, weiß man, dass man den Sieg gegen das „Faule Sack“-Syndrom errungen hat. Natürlich nur bis zum nächsten Mal, wenn das Sofa so verlockend wirkt wie eine große Tafel Schokolade. Doch dann erinnert man sich an das fröhliche Vibrationssignal am Handgelenk und schmunzelt: „Na gut, dann eben noch ein paar Kniebeugen.“ In diesem Sinne: Hightech sei Dank, wir bleiben in Bewegung.