Fettverbrennung: Warum es anders geht, als du denkst
Fettabbau: Eine Frage der Energiequellen
Seit rund 20 Jahren arbeite ich als Personaltrainer. In dieser Zeit durfte ich von einigen der Besten ihres Fachs lernen, darunter Dr. Ulrich Strunz, ein Meister des Laufens, Dr. Axel Gottlob, der führende Experte für Biomechanik und funktionales Krafttraining, und der verstorbene Professor Bram van Dam, ein Genie in molekularer Ernährung. Mit diesem Wissen und der Erfahrung aus über 3500 Trainingskonzepten und 25.000 kg Gewichtsreduktion möchte ich heute einen weitverbreiteten Aberglauben entkräften: Die Annahme, dass Fettverbrennung vom Puls abhängt, ist schlicht falsch.
Wie unser Körper Energie gewinnt
Der menschliche Körper greift auf drei Hauptquellen zur Energiegewinnung zurück: Eiweiß, Fett und Zucker. Eiweiß ist der Baustoff unseres Körpers – Muskeln, Haut, Haare und Nägel bestehen aus diesem wertvollen Material. Deshalb wird Eiweiß erst dann angezapft, wenn die anderen Energiequellen ausgeschöpft sind. Zucker hingegen steht als erste und schnellste Energiequelle zur Verfügung. Sobald die Glukosespeicher leer sind, greift der Körper auf Fettreserven zurück.
Das bedeutet: Fettverbrennung beginnt nicht bei einer bestimmten Herzfrequenz, sondern sobald der Körper keine Kohlenhydrate mehr zur Verfügung hat. Alles, was nicht in die Zuckerspeicher passt, wird in den Fettzellen eingelagert. Umgekehrt gilt: Je weniger Zucker im Körper vorhanden ist, desto schneller werden die Fettreserven mobilisiert.
Warum der Puls zweitrangig ist
Der oft zitierte „Fettverbrennungspuls“ hat weniger Einfluss, als viele glauben. Stell dir deinen Körper wie ein Auto vor: Fährst du schneller, verbrauchst du mehr Benzin – genauso verbraucht der Körper bei höherer Belastung mehr Energie. Der Unterschied: Während das Auto irgendwann überhitzt, schützt der Körper sich selbst, indem er Milchsäure in die Muskeln schickt. Diese Milchsäure sorgt für Ermüdung und zwingt uns, das Tempo zu drosseln. Der Puls ist also nicht der entscheidende Faktor, sondern die Fähigkeit, den Körper im aeroben Bereich zu halten, in dem Sauerstoff ausreicht, um die Muskeln arbeiten zu lassen.
Die Rolle der Atmung
Die Atmung ist der Schlüssel zu einem effektiven Training. Solange du gleichmäßig und tief atmen kannst, bewegst du dich im aeroben Bereich. Hier kann dein Körper ausreichend Sauerstoff aufnehmen, um Fett zu verbrennen. Eine unregelmäßige oder flache Atmung hingegen signalisiert, dass du in den anaeroben Bereich wechselst, wo die Energie primär aus Kohlenhydraten stammt und die Fettverbrennung aufhört. Der Fokus sollte also auf einer bewussten, gleichmäßigen Atmung liegen, unabhängig davon, ob du an Geräten trainierst, läufst, ruderst oder eine andere Aktivität ausübst.
Die Bedeutung der Ernährung
Wer effektiv Fett abbauen möchte, sollte seine Ernährung überdenken. Zucker – in Form von Glukose – ist die bevorzugte Energiequelle des Körpers. Wenn jedoch keine Kohlenhydrate verfügbar sind, greift der Körper auf Fett zurück. Eine kohlenhydratarme Ernährung kann diesen Prozess beschleunigen. Das bedeutet nicht, dass du komplett auf Zucker verzichten musst, aber bewusster Umgang mit Kohlenhydraten ist essenziell. Alles, was nicht sofort verbraucht wird, wird als Fett gespeichert – das gilt es zu vermeiden.
Warum Umsetzung entscheidend ist
Theorie allein bringt dich nicht weiter – es kommt auf die Umsetzung an. Egal, ob du an Geräten trainierst, im Wald läufst oder zu Hause Übungen machst: Wichtig ist, dass du ins Handeln kommst. Fang an, probiere aus und bleibe konsequent. Du wirst schnell feststellen, dass das, was ich hier geschrieben habe, tatsächlich funktioniert. Aber ohne deinen Einsatz bleibt es nur Theorie.
Ein letzter Tipp: Gönn dir ausreichend Eiweiß, um sicherzustellen, dass dein Körper nicht an Muskelmasse verliert. Eiweiß hilft nicht nur beim Muskelaufbau, sondern auch dabei, den Stoffwechsel auf Trab zu halten. Kombiniert mit einem durchdachten Training und einer bewussten Ernährung steht deinem Erfolg nichts mehr im Weg.
Das große Ganze
Fettverbrennung ist kein Geheimnis und keine Magie. Es ist eine Frage der richtigen Strategie, basierend auf einem Verständnis der physiologischen Prozesse. Pulsuhren und Fitness-Mythen mögen hilfreich erscheinen, lenken aber oft vom Wesentlichen ab. Dein Fokus sollte auf der richtigen Mischung aus Ernährung, Bewegung und Erholung liegen. Und vergiss nicht: Jeder Körper ist anders. Was für den einen funktioniert, muss für den anderen nicht ideal sein. Höre auf deinen Körper, finde deinen eigenen Rhythmus und hab Spaß am Prozess.
Sportliche Grüße,
Dein Michael