Die Sarkopenie - Muskelschwund bei Senioren - Älter werden  ist nichts für Feiglinge!

Die Sarkopenie - Muskelschwund bei Senioren - Älter werden ist nichts für Feiglinge!

Das Alter bringt viele Veränderungen mit sich, doch kaum eine ist so unterschätzt wie die schleichende Abnahme der Muskelmasse, auch Sarkopenie genannt. Der Begriff beschreibt den nicht beabsichtigten, altersbedingten Verlust von Skelettmuskulatur und der damit verbundenen Abnahme an Muskelkraft. Was zunächst harmlos klingt, entwickelt sich jedoch zu einer ernsthaften Bedrohung für die Mobilität, Gesundheit und Lebensqualität älterer Menschen.

Was ist Sarkopenie?

Sarkopenie tritt ab etwa dem 65. Lebensjahr verstärkt auf und betrifft schätzungsweise 30 bis 60 Prozent der über 80-Jährigen. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von einer reduzierten körperlichen Aktivität über hormonelle Veränderungen bis hin zu Ernährungsdefiziten. Die Muskulatur, die im jungen Erwachsenenalter als Garant für Beweglichkeit und Stärke dient, schrumpft allmählich. Der Rückgang der fettfreien Körpermasse geht oft mit einer Zunahme des Körperfettanteils einher – eine unheilvolle Kombination, die das Risiko für zahlreiche Erkrankungen erhöht.

Ursachen und Mechanismen

Warum genau die Muskeln mit zunehmendem Alter schwinden, ist ein komplexes Puzzle. Wissenschaftler vermuten, dass mehrere Faktoren zusammenspielen. Ein zentraler Punkt ist die reduzierte anabole Kapazität, also die Fähigkeit des Körpers, Muskeln aufzubauen. Verantwortlich hierfür sind hormonelle Veränderungen wie ein Rückgang von Testosteron, Östrogen und Wachstumshormonen. Gleichzeitig steigt die Empfindlichkeit für katabole Prozesse, die den Muskelabbau fördern.

Eine weitere Ursache ist die abnehmende Nutzung der Muskeln. Bewegungsmangel führt nicht nur zu Muskelatrophie, sondern beeinträchtigt auch die Funktion vegetativer Systeme, die die Muskeln mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgen. Diese Inaktivität setzt einen Teufelskreis in Gang: Weniger Bewegung führt zu weniger Muskelmasse, was die Beweglichkeit weiter einschränkt und die Aktivität noch weiter reduziert.

Die Rolle der Muskelfasern

Unsere Muskeln bestehen aus zwei Haupttypen von Fasern: Typ-I-Fasern, die für Ausdauer zuständig sind, und Typ-II-Fasern, die für schnelle, kraftvolle Bewegungen verantwortlich sind. Mit dem Alter schrumpfen vor allem die Typ-II-Fasern deutlich stärker als die Typ-I-Fasern. Diese Veränderung macht ältere Menschen anfälliger für Stürze und beeinträchtigt ihre Fähigkeit, alltägliche Aufgaben wie Treppensteigen oder das Heben schwerer Gegenstände zu bewältigen.

Die wirtschaftlichen Folgen

Sarkopenie ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung. In den USA verursachte sie im Jahr 2000 Gesundheitskosten von rund 18,5 Milliarden US-Dollar, was 1,5 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben entsprach. Studien zeigen, dass bereits eine Reduktion der Sarkopenie um 10 Prozent jährliche Einsparungen von über einer Milliarde Dollar ermöglichen könnte. Mit einer immer älter werdenden Bevölkerung stehen Gesundheitssysteme weltweit vor der Aufgabe, innovative Strategien zur Prävention und Behandlung zu entwickeln.

Warum Bewegung entscheidend ist

Trotz der Herausforderungen gibt es Hoffnung. Zahlreiche Studien belegen, dass körperliche Aktivität – insbesondere Krafttraining mit Älteren – eine der effektivsten Maßnahmen gegen Sarkopenie ist. Der menschliche Muskel bleibt bis ins hohe Alter anpassungsfähig. Selbst bei Menschen über 80 Jahren sind Kraftzuwächse von über 200 Prozent möglich, wenn sie ein gezieltes Trainingsprogramm absolvieren. Regelmäßige Bewegung stärkt nicht nur die Muskulatur, sondern verbessert auch die Knochendichte, die Balance und die allgemeine Lebensqualität.

Die Bedeutung der Ernährung

Neben der körperlichen Aktivität spielt die Ernährung eine Schlüsselrolle. Eine ausreichende Versorgung mit Proteinen, essenziellen Aminosäuren und Vitamin D ist essenziell, um den Muskelaufbau zu unterstützen. Studien zeigen, dass ältere Menschen oft weniger Protein zu sich nehmen als nötig, was den Muskelschwund zusätzlich beschleunigt. Ergänzungen wie Leucin, eine Aminosäure, die den Muskelaufbau stimuliert, können hier Abhilfe schaffen.

Risiken und Herausforderungen

Dennoch gibt es auch Risiken. Der Muskelabbau geht häufig mit einer Abnahme der Knochendichte einher, was die Gefahr von Frakturen erhöht. Gleichzeitig können altersbedingte Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems das Training komplizierter machen.  Blutdruckspitzen, die während intensiver körperlicher Anstrengung auftreten, stellen eine potenzielle Gefahr dar, insbesondere bei Menschen mit bereits bestehenden kardiovaskulären Erkrankungen. Eine gründliche ärztliche Untersuchung vor Beginn eines Trainingsprogramms ist daher unerlässlich. Aber: Körperliche Betätigung wirkt sich positiv auf den Blutdruck aus! 

Maßgeschneiderte Trainingsansätze

Die gute Nachricht ist, dass es nie zu spät ist, mit dem Training zu beginnen. Der Schlüssel liegt in einem individuellen Ansatz, der die spezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten jedes Einzelnen berücksichtigt. Für Anfänger kann es sinnvoll sein, mit leichten Übungen zu starten und die Intensität schrittweise zu erhöhen. Professionelle Betreuung, etwa durch einen Personal Trainer oder in spezialisierten Reha-Zentren, stellt sicher, dass die Übungen korrekt ausgeführt werden und keine Überlastung auftritt.

Die psychosozialen Vorteile

Abgesehen von den physischen Vorteilen hat Bewegung auch eine enorme Wirkung auf die Psyche. Regelmäßiges Training fördert das Selbstbewusstsein und steigert das allgemeine Wohlbefinden. Für viele ältere Menschen bietet es auch die Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und Isolation vorzubeugen. Gruppenaktivitäten wie Pilates oder speziell abgestimmte Seniorenkurse kombinieren effektives Training mit einer unterstützenden Gemeinschaft.

Prävention ist der Schlüssel

Sarkopenie ist keine unvermeidliche Folge des Alterns, sondern ein Zustand, dem aktiv entgegengewirkt werden kann. Mit der richtigen Kombination aus Bewegung, Ernährung und medizinischer Betreuung ist es möglich, den Muskelschwund zu verlangsamen oder sogar teilweise rückgängig zu machen. Der Einsatz lohnt sich – nicht nur für die körperliche Gesundheit, sondern auch für die Lebensfreude und Unabhängigkeit im Alter.

Quellen:

• altersbedingten Verlust von Skelettmuskulatur und der damit verbundenen Abnahme an Körperkraft [Evans, 2004; Rosenberg, 1997].

• Sarkopenie bezeichnet die vor allem altersbedingte Muskelatrophie ab etwa dem 65. Lebensjahr [Iannuzzi-Sucich et al., 2002]

• Definitionsgemäss liegt eine Sarkopenie vor, wenn die fettfreie Körpermasse 2 oder mehr Standardabweichungen unter dem altersspezifischen Mittelwert liegt [Castillo et al., 2003]. 

•  Zwischen 60 und 95 Jahren weisen 48% der Männer und 30% der Frauen eine Sarkopenie auf [Kyle et al., 2001], bei über 80-Jährigen liegt bereits in 60% eine Sarkopenie vor [Dorrens & Rennie, 2003].

• Sarkonpenie wird die Gesundheitssysteme stark belasten wird [Lynch, 2004].


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