Die fünf grössten Ernährungsmythen

Die fünf grössten Ernährungsmythen

Tipp: Polaruhr FA20 misst ihre tägliche Bewegung
Im Frühjahr drängen wieder all die Kunden in die Fitnessclubs, die noch schnell ein paar Kilogramm Körperfett vor dem Sommer loswerden wollen.
Jeder Trainer weiss, dass es mit Training allein nicht getan ist, sondern dass auch die Ernährung auf das Ziel "Sommerfigur" abgestimmt werden will. Allerdings wimmelt es beim Thema Ernährung sowohl bei Trainern, als auch bei Kunden oftmals an Halbwissen und Mythen. Die häufigsten Mythen finden Sie hier in diesem Artikel aufgezählt.

Mythos Nummer 1 - Man kann soviel essen wie man will und trotzdem Fett abbauen.

In 95% aller Fälle von Übergewicht ist die Ursache schlicht und einfach das Missverhältnis zwischen Kalorienaufnahme und Kalorienverbrauch. Das ist keine Theorie, sondern eine wissenschaftliche Tatsache, die in hunderten von Studien bestätigt wurde.
Nicht wenige selbst ernannte Diätexperten oder auch obskure Werbeanzeigen versprechen das genaue Gegenteil nach dem Motto: "Essen Sie soviel Sie wollen und verlieren Sie Gewicht!"

Zugegeben: Striktes Kalorienzählen hat einige Nachteile. So wird beispielsweise häufig die Kalorienaufnahme unterschätzt, der Verbrauch dagegen überschätzt. Zusätzlich ist Kalorienzählen mühsam und aufwendig. Vor allem die Hardcore-Anhänger der Low-Carb Ernährung behaupten häufig, dass man nur komplett auf alle Kohlenhydrate verzichten rnüsste und schon nimmt man ab, egal wie viel Kilokalorien man ist. Auch wenn Low-Carb Ernährung einige Vorteile bietet, so ist eine solche Aussage schlichtweg falsch und zeugt entweder von einem extremen Unwissen und Ignoranz sämtlicher wissenschaftlicher Fakten, oder aber von einem bewussten Verdrehen der Wahrheit, um mehr Bücher, Programme oder Sonstiges zu verkaufen.

Mythos Nummer 2 - Übergewichtige haben einen langsamen Stoffwechsel

Natürlich gibt es individuelle Unterschiede in der Stoffwechselgeschwindigkeit, die von verschiedenen Faktoren abhängen. Was aber schlichtweg falsch ist, ist, dass Übergewichtige grundsätzlich über einen langsameren Stoffwechsel als Normalgewichtige verfügen. Dieser Mythos besteht schon seit Jahren und wird sicher auch noch viele Jahre weiterbestehen. Tatsache ist aber, dass es sich in vielen wissenschaftlichen Studien gezeigt hat, dass der Energieverbrauch des Körpers stärker von der Gesamtkörpermasse als von der vorhandenen Muskelmasse abhängt. Der Grund dafür ist, dass Fettgewebe eben nicht ein schlichter Energiespeicher ist, sondern selbst aktives Gewebe darstellt, das ständig irn Umbau begriffen ist und verschiedene Stoffwechselaufgaben erfüllt. Hinzu kommt, dass für das Bewegen von mehr Körperrnasse auch mehr Energie benötigt wird.

Wer das bezweifelt, soll sich mal für einen Tag lang eine· 10-Kilogramm-Gewichtsweste umschnallen. So ist es auch zu erklären, dass der Energiebedarf des Körpers abnimmt, wenn man Körpergewicht verloren hat. Wer seine Ernährung nicht darauf einstellt, der nimmt unweigerlich wieder zu. Genau in diese Falle geraten die allerrneisten, die eine Diät machen. Sie sehen die Diät als eine kurzfristige Massnahme, nehmen dann über ein paar Wochen lang an Körperfett ab und kehren dann zu ihrem alten Ernährungsverhalten zurück.

Wenn vor der Gewichtsreduktion das Gewicht konstant war, dann führt die Rückkehr zur gewohnten Kalorienaufnahme unweigerlich wieder zu einer Gewichtszunahme. Natürlich kann nach einer Phase der Gewichtsreduktion die Kalorienmenge wieder angehoben werden, jedoch nicht wieder auf den alten Level, es sein denn, das verloren gegangene Körperfett ist durch Muskelmasse ersetzt worden oder die körperliche Aktivität ist höher als vor der Gewichtsreduktion.

Mythos Nummer 3 - Einige Personen nehmen trotz Diät nicht ab

Es gibt tatsächlich einige medizinische Probleme, die es nahezu unmöglich rnachen abzunehmen. Dazu gehören:

Das Prader-Willi-Syndrom, ein extrem seltener DNA-Defekt, der unkontrollierbaren Appetit und lebensbedrohliche Fettleibigkeit verursacht
• Eine schwere Schilddrüsenunterfunktion
• Morbus Cushing
• Ein paar recht seltene Mutationen beim Leptin-Gen

Bei den meisten Menschen kann allerdings davon ausgegangen werden, dass keines der oben genannten medizinischen Beschwerdebilder vorliegt. Wenn jemand daran zweifelt, hilft ein Kontrollbesuch beim Arzt. Dennoch gibt es nicht wenige, die von sich behaupten, sie essen fast nichts und nehmen trotzdem nicht ab .. Kann das sein?

Eine Studie aus öern Jahr 1992 unter der Leitung von Steven Lichtman untersuchte genau dieses Phänomen. Bei dieser Studie nahrnen vor allem Frauen teil, die von sich behaupteten, dass sie nur 1200 Kilokalorien am Tag essen und trotzdem nicht abnahmen. Diese Gruppe wurde über 14 Tage lang verglichen mit einer Kontrollgruppe. Gemessen wurden der Grundumsatz und der Körperfettanteil, die tatsächlich zugeführte Kalorienmenge wurde streng protokolliert. Nach 14 Tagen war das Ergebnis klar: Der Unterschied hinsichtlich des Kalorienverbrauchs zwischen den beiden Gruppen war minimal. Keine der teilnehmenden Frauen in der Versuchsgruppe hatte einen stark herabgesetzten Stoffwechsel.

Was allerdings gefunden wurde, ist, dass die Untersuchungsgruppe ihre Kalorienaufnahme im Schnitt um 1053. Kilokalorien unterschätzt hatte. Zusätzlich überschätzten sie ihren Kalorienverbrauch um 51 Prozent. Die Wissenschaftler schlossen ihren Untersuchungsbericht mit den Worten: "Die ausbleibenden Erfolge bei der Gewichtsreduktion trotz angegebener niedriger Kalorienaufnahme können erklärt werden durch die hohe Differenz zwischen tatsächlicher Kalorienaufnahme und Verbrauch und der subjektiven Einschätzung."

Dies stellt keine isolierte Studie dar, sondern fast alle Studien, die dieses Phänomen untersucht haben kommen zu dem gleichen Ergebnis: Die tatsächliche Kalorienaufnahme wird unterschätzt und der Kalorienverbrauch überschätzt. Wahrscheinlich ist dies jedoch eine grundlegende Eigenschaft von uns Menschen, dass wir Einiges mit übertriebenem Optimisrnus einschätzen, sei es bei der Ernährung oder sei es bei anderen Projekten. Oder kennt jemand ein öffentliches Bauprojekt, das rechtzeitig fertig wurde oder gar billiger als ursprünglich geplant?

Mythos Nummer 4 - Kohlenhydrate machen Fett

Nachdem lange Jahre die Fette als der Feind gegolten hatten, scheint das Pendel jetzt wieder in die andere RiChtung zu schwingen. Inzwischen sind bei vielen angeblich die Kohlenhydrate der Grund für zu viel Körperfett. Ähnlich wie bei den Fetten führt auch das zu eher amüsanten Angeboten im Supermarkt: Eier oder Fleischprodukte werden als Low Carb Produkte beworben. Bei den Kohlenhydraten verhält es sich genauso wie bei den Fetten. Solange die Kalorienaufnahme dem Bedarf angepasst ist, führen Kohlenhydrate nicht zu einer Zunahme an Körperfett. Warum sind kohlenhydratarme Diäten dann so populär und anscheinend auch erfolgreich?

Höchstwahrscheinlich deshalb, weil sie bei vielen Menschen funktionieren. Der Grund dafür ist jedoch nicht der Verzicht auf Kohlenhydrate an sich, sondern dass bei einem Verzicht auf Kohlenhydrate automatisch die aufgenommene Kalorienmenge reduziert wird. Da die Ernährung bei den meisten Menschen aus 50 Prozent Kohlenhydraten besteht, ist es mehr als einleuchtend, dass zunächst einmal ein Kaloriendefizit entsteht, wenn genau diese 50 Prozent nicht mehr gegessen werden dürfen. Auf diese Weise helfen kohlenhydratarme Diäten ganz automatisch dabei, die Kalorienzufuhr zu regulieren.

Es ist ziemlich leicht zu viel Kohlenhydrate in Form von Reis, Nudeln, Brot, Keksen oder Ähnlichem in sich reinzustopfen, aber es wird ziemlich schwer, das Gleiche zu tun, wenn als Nahrungsquellen nur magere Fleischsorten, Fisch, Salate oder Gemüse zur Auswahl stehen. Die populären Low Carb Bücher versprechen oftmals, dass man sich satt essen kann, geben aber gleichzeitig eine so begrenzte Lebensmittelauswahl, dass man automatisch weniger Kalorien zuführt.

Das bedeutet nicht automatisch, dass kohlenhydratreduzierte Ernährung schlecht ist, denn durch die vorgeschlagener) Lebensmittel bleibt der Blutzucker länger konstant und bei vielen Personen taucht dadurch weniger Hunger auf als bei kohlenhydratreiche~. Ernährungsweise. Zudem sorgt eine Low-Carb Ernährung automatisch für einen grösseren Proteinanteil in der Ernährung, was für den Stoffwechsel sehr positiv ist. Zu glauben, dass durch den alleinigen Verzicht auf Kohlenhydrate der Körper auf magische Weise abnimmt, ist jedoch falsch und Kohlenhydrate sind auch keine Dickmacher, wenn der Konsum dem Bedarf entspricht.

Mythos Nummer 5 - Fett aus der Nahrung macht Fett

Über Jahre hinweg konnte man es von verschiedenen Experten immer wieder hören:
"Fett macht Fett". Die Folge war und ist teilweise immer noch, dass viele Fette dann gemieden haben wie der Teufel das Weihwasser, Die Fetthysterie führt auch heute noch zu zum Teil merkwürdigen Auswüchsen. So finden sich beispielsweise im Süssigkeitenregal im Supermarkt Bonbons und andere Naschereien auf denen "Garantiert ohne Fett" zu lesen ist. Das einzige Problem an der gesamten Geschichte ist jedoch, dass sie nicht wahr ist. Ob sich Fette auf unseren Hüften niederschlagen oder nicht, hängt wiederum mit der Gesamtenergiezufuhr und dem Energieverbrauch zusammen.

Es kann sogar ein hoher Anteil der Kalorien in Form von Fett zugeführt werden und man nimmt trotzdem ab, solange man sich in einem Kaloriendefizit befindet. Die Frage ist jetzt nur noch, warum der Fettverzicht so häufig empfohlen wird? Die Antwort ist recht einfach: Da Fett pro Gramm mehr als doppelt soviel Kilokalorien liefert als Kohlenhydrate und Proteine und da sich in vielen Lebensmitteln sogenannte "versteckte" Fette befinden, ist es naheliegend, dass, wenn man Fette aus der Nahrung reduziert, die Zahl der aufgenommenen Kalorien sinkt. Dass sich dadurch anfangs ein Gewichtsverlust ergibt, ist logisch, aber was nicht bedacht wird, ist, dass unser Körper sich recht schnell auf die veränderte Nahrung einstellt und wir einfach mehr von den anderen nicht fetthaitigen Lebensmitteln essen.

Wenn also beispielsweise eine Frau gewohnt ist zum Frühstück zwei Scheiben Toastbrot mit nicht fettreduziertem Edamer (45% Fett) zu essen, kommt sie ungefähr auf 350 Kilokalorien. Dann entscheidet sie sich die Nahrungsfette zu reduzieren, um abzunehmen. Sie isst also ab jetzt immer noch ihre zwei Scheiben Toastbrot und belegt diese jetzt mit der fettarmen Variante und spart dadurch 50-60 Kilokalorien ein. Da sie dem Glauben verfallen ist, man müsste nur Fette reduzieren, isst sie nach ein paar Tagen nach ihren zwei Toastbroten noch einen kleinen mageren Frucht joghurt, weil sie nach den zwei Broten immer noch leicht Hunger hat.

Durch den fettarmen Joghurt steigert sie ihre aufgenommene Kalorienmenge sogar wieder über den Ausgangswert und wundert sich, warum sie trotz aller Massnahmen um Fett einzusparen immer noch nicht abnimmt. Gleichzeitig hat sie leider im Tagesverlauf häufiger Hunger, denn durch den starken Verzicht auf Fette ist sie nicht so lange satt.
Um jetzt nicht falsch verstanden zu werden: Man kann mit fettarmer Ernährung abnehmen, allerdings ist die Menge der aufgenommenen Kalorien entscheidend und nicht die Menge des insgesamt aufgenommenen Fetts.



Zum Autor Harald Gärtner, Jg. 1970,
Diplomsportwissenschaftler Uni Tübingen.
MBA FH Reutlingen, NLP-Master (DVNLP).
Referent & Dozent BSA-Akademie &
Deutsche Hochschule für Prävention &
Gesundheitsmanagement (DHfPG),


Artikel veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der http://www.fitnesstribune.com , dem grössten deutschsprachigem Fitnessfachmagazin Europas.

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