Der schnellste Weg für Muskelaufbau: Atem-Kniebeugen!

Der schnellste Weg für Muskelaufbau: Atem-Kniebeugen!

Stephan Pfitzenmeier
Eine Hommage an die Königin der Kraftübungen!

Was nach einer reißerischen Überschrift klingt, hat durchaus Hand und Fuß: Im heutigen Artikel soll es um eine Methode gehen, die den Muskelaufbau maximiert. Es geht nicht um den "schnellsten" Weg im Sinne von "in einer Woche zum Sixpack", sondern um ein Trainingsprinzip, das unter den gegebenen biologischen Voraussetzungen optimales Wachstum stimuliert.

Mit schweren Grundübungen Muskelwachstum erreichen

Unabhängig von Symmetrie und persönlichen Vorlieben hat sich in der Bodybuilding-Praxis und der Sportwissenschaft mittlerweile durchgesetzt, dass mit schweren Grundübungen der größte Muskelwachstum erreicht werden kann. Für bestimmte Menschen (Hardgainer und Ektomorphe) ist es sogar fahrlässig, keine intensiven Mehrgelenksübungen auszuführen. Diese Übungen fordern den Körper ganzheitlich und setzen starke Wachstumsreize frei.

Je mehr Energie man dafür verwendet, eine den ganzen Körper beanspruchende Übung möglichst intensiv auszuführen, umso mehr wird man mit der Zeit daran wachsen - körperlich, wie geistig. Gerade junge Männer, die trotz hohen Kalorienkonsums kaum Fett ansetzen, riskieren durch lange, wenig zielgerichtete Trainingseinheiten lediglich einen erhöhten Kalorienverbrauch ohne adäquaten Muskelaufbau. Besonders für sie eignet sich die Reduktion auf das Nötigste: möglichst wenig verbrauchte Energie durch das Training bei gleichzeitig maximalster Muskelstimulation.

Um das zu bewerkstelligen, muss man sich einer Übung bedienen, bei der man besonders viele Muskeln gleichzeitig besonders stark beansprucht. Am ausgewogensten trifft das auf die tiefe Kniebeuge zu!

Die Kniebeuge: Mehr als nur eine Beinübung

Was nach außen wie eine reine Oberschenkel-Übung aussieht, beinhaltet in Wahrheit nahezu den Großteil der menschlichen Muskulatur: die kompletten Beine, den Gesäßmuskel, Rückenstrecker, Latissimus, Nacken und die Bauchmuskulatur. Die Kniebeuge ist somit eine komplexe Ganzkörperübung, die eine hohe systemische Belastung darstellt und dadurch starke hormonelle Reaktionen auslöst, die wiederum das Muskelwachstum im gesamten Körper fördern.

Ausführung der Kniebeuge

Mit der korrekten Ausführung der Kniebeuge befassen sich zahlreiche Quellen. Daher möchte ich an dieser Stelle auf detaillierte Beschreibungen verzichten und nur einige Anmerkungen machen. Die korrekte Technik ist entscheidend, um Verletzungen vorzubeugen und den maximalen Trainingseffekt zu erzielen.

Eine bewährte Methode für schwere Kniebeugen basiert auf den Ansichten von Mark Rippetoe, einem renommierten Powerlifting-Trainer. "Coach Rip" empfiehlt einen schulterbreiten Stand mit etwa 30 Grad nach außen zeigenden Fußzehen. Die Stange wird relativ tief auf dem hinteren Teil der Schultern und dem Kapuzenmuskel aufgelegt. Die Beuge selbst wird mit der Hüfte eingeleitet, wobei der Rücken in einer natürlichen, leicht nach vorne geneigten Position gehalten wird. Die Tiefe der Kniebeuge ist erreicht, wenn die Hüfte am tiefsten Punkt unterhalb der Kniegelenke liegt.

Wer möchte (vor allem Personen mit kurzem Oberkörper), kann die Stange auch weiter oben, unter den Halswirbeln ablegen (High-Bar-Kniebeuge). Mit stark rausgestreckter Brust kann man hier sehr aufrecht beugen - was sich für manche natürlicher anfühlt.

Forciertes Muskelwachstum durch Atem-Kniebeugen

Zu Beginn des Artikels wurde ein Training in Aussicht gestellt, das den Muskelaufbau maximiert. Es wurde bereits erläutert, dass man gleichzeitig möglichst viel Muskulatur mit möglichst hoher Kraft beanspruchen muss. Doch das allein reicht nicht aus. Um einen Muskel zum forcierten Wachstum anzuregen, muss man ihn auch erschöpfen.

Und das gelingt durch eine ausreichende Anzahl von Wiederholungen in Kombination mit einer hohen Intensität. Gängige Trainingssysteme empfehlen oft 8 - 12 zügige Wiederholungen pro Satz bei jeweils etwa 3 - 5 Sätzen pro Übung. Bei dieser Herangehensweise werden jedoch oft nur wenige Wiederholungen im Bereich der maximalen Muskelerschöpfung ausgeführt. Die Methode der Atem-Kniebeugen setzt hier auf ein anderes Prinzip, um aus möglichst wenigen Wiederholungen möglichst viele produktive Reize zu generieren.

Das Programm mit Atem-Kniebeugen

Die Idee hinter den Atem-Kniebeugen ist es, mit einem einzigen intensiven Satz maximale Wachstumsreize zu setzen. Ein Satz Atem-Kniebeugen besteht aus 10 durchgängigen Wiederholungen, denen danach (möglichst) weitere Wiederholungen folgen, unterbrochen durch kurze Atempausen. Während dieser Pausen atmet man 3 Mal intensiv durch. Diese kurzen Pausen ermöglichen es dem Muskel, sich teilweise zu erholen und weitere Wiederholungen im bereits erschöpften Zustand auszuführen, was zu einer intensiveren Stimulation und einem größeren Wachstumsreiz führt. Dieses Konzept der Pausen innerhalb eines Satzes wurde bereits in den 1930er Jahren angewendet.

20 Wiederholungen? Das klingt machbar, ist aber sehr anstrengend. Hat man einen Satz mit diesen 20 Wiederholungen abgeschlossen, so folgt 3 - 6 Tage später der nächste - aber mit minimal erhöhtem Arbeitsgewicht! Dieses Programm dreht sich primär darum, das Arbeitsgewicht für diese 20 Wiederholungen der Kniebeuge kontinuierlich zu steigern. Der Muskelzuwachs steht in direkter Relation zum verwendeten Gewicht.

Zur Orientierung: Bis 80 kg Arbeitsgewicht gilt man im Kniebeugen als Anfänger, ab 100 kg ist man überdurchschnittlich stark, ab 120 kg fast unweigerlich überdurchschnittlich muskulös. Das ist ein ambitioniertes, aber realistisches Ziel.

Ergänzungsübungen zur Kniebeuge

Die Kniebeuge ist eine hervorragende Übung, deckt aber nicht alle Aspekte eines ausgewogenen Trainings ab. Es ist ratsam, nach dem absolvierten Satz Atem-Kniebeugen noch 2-3 Ergänzungsübungen für andere Muskelgruppen auszuführen. Insbesondere Druckübungen wie (Schräg-)Bankdrücken, Dips und Schulterdrücken sowie Zugübungen wie Klimmzüge, Rudern und (gestrecktes) Kreuzheben sind sinnvolle Ergänzungen.

All diese ergänzenden Übungen sollte man mit moderater Intensität trainieren: 1 - 3 Sätze zu je 10 - 15 Wiederholungen ohne intensive Techniken. Sie dürfen keinesfalls die Regeneration für die Kniebeugen beeinträchtigen.

Ernährung

Je stärker man wird, desto mehr Kraft kann man freisetzen, was umgekehrt einen höheren Energiebedarf zur Folge hat. Da dieses System jedoch eher energieeffizient ist (durch den Fokus auf eine Hauptübung), orientieren sich die Ernährungsempfehlungen an den Grundlagen des konventionellen Bodybuildings: eiweißbetont, ausreichend Kohlenhydrate für die Energiebereitstellung (keine Low-Carb-Diäten beim Muskelaufbau!) und hochwertige Fette (Nüsse, Oliven- und Kokosöl usw.). Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig, aber man muss sich nicht in dogmatische Ernährungsweisen zwängen. In einem intensiven Trainingsprogramm kann der Körper auch gelegentliche „Sünden“ kompensieren.

Schlussbemerkung

Dieses Programm mag ungewöhnlich erscheinen, da es einigen konventionellen Ratschlägen widerspricht. Der Fokus liegt stark auf dem Unterkörper, exzessives Armtraining wird vermieden, um die Regeneration nicht zu behindern. Es soll ein Statement gegen die oft übertriebene Komplexität des Muskelaufbaus sein, die besonders durch manche „Fitness-Influencer“ verbreitet wird. Muskelaufbau ist im Kern einfach: Schwere Grundübungen + ausreichende Kalorienzufuhr. Eine ausgewogene Lebensweise mit gelegentlichen Ausnahmen ist dabei durchaus möglich. Im Vordergrund steht das Stärkerwerden und die progressive Steigerung der Trainingsleistung. (Patrick Raabe)

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