Frauenfußball: Auf dem Weg vom Amateur zum Profi

Frauenfußball: Auf dem Weg vom Amateur zum Profi

Die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen wird so intensiv begleitet wie nie zuvor. Ein Grund dafür ist das Austragungsland China, das mit der Frauen-WM eine Art Generalprobe für die Olympischen Spiele 2008 veranstaltet. Doch nicht nur der Veranstaltungsort zieht Aufmerksamkeit auf sich, sondern auch die stetig wachsende Begeisterung junger Mädchen für den Fußball. Sponsoren wittern ihre Chance und setzen verstärkt auf die Strahlkraft von Nationalspielerinnen.

Ein Symbol für den Wandel: Kelly Smith und der Kuss auf den Schuh

Es war ein Moment, der die Bühne des Frauenfußballs für einen Augenblick ins Rampenlicht rückte: Kelly Smith, der englische Star, küsste nach ihren zwei Treffern gegen Japan demonstrativ ihren Fußballschuh. Der Sponsor dürfte vor Freude Luftsprünge gemacht haben, während die deutschen Beobachter, allen voran Bundestrainerin Silvia Neid, den Kopf schüttelten. „Das hat auf dem Sportplatz nichts zu suchen“, sagte Neid und sah in der Aktion eher eine Provokation als ein Statement. Doch jenseits aller Diskussionen offenbarte dieser Moment eines: Der Frauenfußball ist auf dem Weg, die Grenze zwischen Amateur- und Profisport zu überschreiten.

Kelly Smiths Schusstechnik und ihr Schuhkuss stehen sinnbildlich für die Professionalisierung. Die Aktion mag umstritten sein, aber sie zeigt, wie wichtig es im modernen Sport ist, Leistung mit medialem Geschick zu verbinden. Immer mehr Spielerinnen können zumindest teilweise von ihrem Sport leben – ein Umstand, der vor wenigen Jahren noch undenkbar war.

Die Entwicklung in Deutschland: Schritt für Schritt zum Profisport

In Deutschland schaffen es bislang nur wenige Spielerinnen, ausschließlich von ihrem Sport zu leben. Birgit Prinz, dreifache Weltfußballerin, ist eine der wenigen, die sich dank lukrativer Sponsorenverträge und ihrem Bekanntheitsgrad finanzielle Sicherheit verschaffen konnten. Doch selbst bei ihr hinken die Einkünfte den Gehältern männlicher Profispieler weit hinterher. „Verglichen mit durchschnittlich bezahlten männlichen Bundesliga-Spielern bewegen wir uns auf dem Niveau des Fußballs in den 80er Jahren“, erklärt Siggi Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt.

Ein weiteres Beispiel ist Nia Künzer, deren Golden Goal im WM-Finale 2003 ihren Namen unvergessen machte. Trotz dieser sporthistorischen Leistung profitiert sie nur begrenzt finanziell davon. Neben Sponsoreneinnahmen arbeitet sie auch als Expertin für die ARD. Diese Beispiele zeigen: Während es in Deutschland erste Ansätze zur Professionalisierung gibt, sind diese noch weit davon entfernt, den Frauenfußball wirtschaftlich auf Augenhöhe mit den Männern zu bringen.

Das Problem der Ungleichheit

Während der Männerfußball längst in astronomischen Gehaltsdimensionen schwebt, ist der Frauenfußball weiterhin stark von ideellen Werten geprägt. Viele Spielerinnen müssen einem Beruf nachgehen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Diese doppelte Belastung aus Beruf und Leistungssport erschwert nicht nur die sportliche Entwicklung, sondern mindert auch die Chancen auf eine nachhaltige Professionalisierung.

Doch warum fällt es so schwer, Frauenfußball in Deutschland als Profisport zu etablieren? Ein wesentlicher Faktor ist die geringere mediale Präsenz im Vergleich zu den Männern. Ohne hohe Einschaltquoten fehlen die Anreize für große Sponsoren, in den Frauenfußball zu investieren. Hier müssen gezielte Strategien entwickelt werden, um die Wahrnehmung der Frauen-Bundesliga und ihrer Spielerinnen zu stärken.

Die Rolle der jungen Talente

Trotz aller Herausforderungen gibt es Lichtblicke. Junge Spielerinnen wie Lira Bajramaj, deren apartes Äußeres und spielerisches Talent sie zu einer der aufstrebenden Stars des deutschen Frauenfußballs machten, zeigen, dass die Zukunft dem Frauenfußball gehört. Bajramaj erhielt bereits früh einen Sponsorenvertrag, was zeigt, dass Talent und Persönlichkeit immer wichtiger werden.

„Ich würde meinen Schuh niemals küssen“, scherzt Bajramaj mit Blick auf Kelly Smiths Aktion. Doch sie weiß auch: Erfolg auf dem Platz und Charisma abseits davon sind entscheidend, um in der Welt des Frauenfußballs voranzukommen.

Der nächste Schritt: Eine Profiliga

Siggi Dietrich und andere Visionäre arbeiten daran, in Deutschland eine echte Profiliga für Frauenfußball zu schaffen. Die Idee: Spielerinnen sollen sich voll und ganz auf ihren Sport konzentrieren können, ohne ständig den Spagat zwischen Beruf und Fußball meistern zu müssen. Eine solche Liga wäre nicht nur ein Meilenstein für die Spielerinnen, sondern würde auch den gesamten Frauenfußball in Deutschland auf ein neues Niveau heben.

Bis dahin bleibt es jedoch eine Frage der Geduld. „Es wird noch dauern, aber wir machen Fortschritte“, sagt Dietrich optimistisch. „Die Professionalisierung ist keine Frage des Ob, sondern des Wann.“

Der Frauenfußball auf der Überholspur

Frauenfußball hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Spielerinnen wie Kelly Smith oder Birgit Prinz zeigen, was möglich ist, wenn Talent auf Unterstützung trifft. Doch die Herausforderungen sind noch groß: Von der medialen Präsenz über finanzielle Gerechtigkeit bis hin zur Schaffung einer Profiliga gibt es viele Baustellen.

Dennoch ist klar: Der Frauenfußball ist auf dem Weg, sich als feste Größe im Sport zu etablieren. Und wer weiß – vielleicht sehen wir schon bald eine neue Generation von Spielerinnen, die den Sprung vom Amateur- zum Profisport nicht nur träumen, sondern leben können.

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