Den Körper physiologisch  im geschlossenen System trainieren - Alternativlos!

Den Körper physiologisch im geschlossenen System trainieren - Alternativlos!

Kong Khawlhring

Im modernen Fitness- und Rehabilitationsbereich gibt es zahlreiche Trainingsansätze. Viele setzen auf freie Bewegungen, Maschinen oder Übungen, die den Körper in verschiedenen Positionen beanspruchen. Doch insbesondere für die unteren Extremitäten ist eine Verbindung zum Boden essenziell. Warum ist das so? Unsere Fußsohlen sind mit einer Vielzahl von Rezeptoren ausgestattet, die kontinuierlich Informationen über die Beschaffenheit des Untergrunds und die Position unseres Körpers im Raum liefern. Wird dieser Kontakt unterbrochen, fehlen wichtige sensorische Reize, die für eine optimale Bewegungsausführung und Muskelaktivierung essenziell sind.

Das Prinzip des geschlossenen Systems

In der Biomechanik spricht man von geschlossenen und offenen kinetischen Ketten. Ein geschlossenes System bedeutet, dass eine Bewegung mit festem Bodenkontakt ausgeführt wird – etwa beim Kniebeugen, Gehen oder Springen. Das Gegenteil wäre eine offene kinetische Kette, bei der das Bein in der Luft arbeitet, z. B. beim Beinheben an einer Maschine.

Ein Training im geschlossenen System ist aus physiologischer Sicht sinnvoller, weil:

  • Die Fußsohle als Schnittstelle zwischen Körper und Boden eine entscheidende Rolle bei der Bewegungssteuerung übernimmt.
  • Die Sensoren in der Fußsohle die Muskelketten aktivieren und Stabilität für Gelenke und Muskeln bieten.
  • Die Bewegung natürlich und funktionell bleibt, weil sie alltäglichen Anforderungen entspricht.

Die Bedeutung der Fußsohlenrezeptoren für das Training

Die Fußsohlen sind mit Mechanorezeptoren ausgestattet, die kontinuierlich Informationen an das zentrale Nervensystem senden. Diese Rezeptoren reagieren auf Druck, Spannung und Veränderungen der Bodenstruktur und sorgen dafür, dass die Muskeln sich optimal anpassen. Werden diese Signale unterbrochen – z. B. durch Übungen, bei denen der Fuß keinen Bodenkontakt hat – gehen wertvolle Informationen verloren.

Ein Beispiel: Beim klassischen Beinstrecker an einer Maschine sitzt die trainierende Person mit freischwebenden Füßen und bewegt lediglich das Kniegelenk. Die Muskulatur wird isoliert beansprucht, aber das intermuskuläre Zusammenspiel fehlt. Dies kann zu einer unphysiologischen Kräftigung führen, die nicht alltagstauglich ist. Im Gegensatz dazu aktiviert eine Kniebeuge im geschlossenen System nicht nur den Quadrizeps, sondern auch die Waden, die hintere Oberschenkelmuskulatur und die Rumpfstabilisatoren.

Wie der Körper Bewegungen durch den Bodenkontakt steuert

Jede Bewegung beginnt mit einer Gewichtsverlagerung über die Füße. Das bedeutet:

  1. Der Druck auf die Fußsohle gibt Aufschluss über die Körperhaltung: Je nach Standfläche werden Muskeln gezielt angesprochen oder entlastet.
  2. Das Gehirn verarbeitet die Informationen aus der Fußsohle und passt die Muskelspannung an: So kann die Stabilität von Gelenken optimiert werden.
  3. Fehlende Bodenverbindung erschwert die natürliche Anpassung: Wer beispielsweise Übungen macht, bei denen die Beine „in der Luft arbeiten“, riskiert eine fehlerhafte Muskelkoordination.

Funktionelle Übungen im geschlossenen System

Um die unteren Extremitäten physiologisch sinnvoll zu trainieren, sollten Übungen gewählt werden, bei denen der Fuß auf dem Boden bleibt. Beispiele hierfür sind:

  • Kniebeugen – fördern eine natürliche Bewegungskette und aktivieren zahlreiche Muskeln.
  • Ausfallschritte Ausfallschritte verbessern Balance und Kraftentfaltung.
  • Einbeinige Übungen wie Pistolsquats – fördern die koordinativen Fähigkeiten.
  • Wadenheben im Stehen – stärkt die Fuß- und Beinmuskulatur.
  • Barfußtraining auf instabilen Untergründen – fördert die Tiefensensibilität und Fußgesundheit.

Warum viele Fitnessübungen ohne Bodenkontakt ineffektiv sind

Viele moderne Fitnessübungen setzen auf Maschinen oder isometrische Isolationsbewegungen. Beispiele hierfür sind das Beinstrecken oder Beinbeugen im Sitzen. Diese Übungen mögen für gezielten Muskelaufbau nützlich sein, aber sie ignorieren das natürliche Bewegungsmuster. Ohne die Bodenrückmeldung fehlt dem Körper eine entscheidende sensorische Komponente, was langfristig zu Dysbalancen führen kann.

Ein weiteres Beispiel ist das Training mit Schlingentrainern, bei dem die Füße in den Schlaufen hängen. Zwar sind hier Stabilisationseffekte gefordert, doch es fehlt der direkte Input der Fußsohlen. Besser wäre es, instabile Untergründe mit Bodenkontakt zu kombinieren, z. B. durch Balancetraining auf Wackelbrettern oder Sandsäcken.

Die Auswirkungen auf Gelenke und Muskulatur

Wenn die Füße konstant Bodenkontakt haben, führt das zu einer stabilen Körperhaltung und einer ausgeglichenen Muskelaktivierung. Fehlender Bodenkontakt kann dagegen zu folgenden Problemen führen:

  • Gelenkfehlstellungen: Ohne sensorische Rückmeldung können Knie- oder Hüftgelenke in Fehlstellungen geraten.
  • Muskuläre Dysbalancen: Einseitige Belastungen können Fehlhaltungen oder Schmerzen verursachen.
  • Reduzierte Propriozeption: Das Körperbewusstsein wird durch fehlenden sensorischen Input vermindert, was langfristig das Verletzungsrisiko erhöht.

Der menschliche Körper ist darauf ausgelegt, Bewegungen im geschlossenen System mit Bodenkontakt auszuführen. Gerade für die unteren Extremitäten ist es essenziell, dass die Fußsohle jederzeit Informationen an das Nervensystem weitergeben kann. Fehlt dieser Kontakt – etwa durch Übungen in offenen kinetischen Ketten oder durch Maschinen – gehen wertvolle biomechanische Vorteile verloren.

Daher ist es ratsam, bevorzugt Übungen zu wählen, die den Bodenkontakt erhalten. Kniebeugen, Ausfallschritte oder funktionelles Barfußtraining stärken nicht nur die Muskeln, sondern auch das propriozeptive System. Wer also langfristig gesund trainieren möchte, sollte den Kontakt zum Boden nicht unterschätzen – denn stabile Füße sind die Basis eines stabilen Körpers.

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